Georgette Heyer
will ich nicht wieder sehen!
Was willst du?»
Mr. Monksleigh, bis ins Mark
getroffen, zögerte. Einerseits war er stark versucht, seinen Geschmack in
Westen zu verteidigen; andererseits hatte er das Stichwort für seine
Eröffnungsrede bekommen. Er beschloß, darauf einzugehen, holte nochmals tief
Atem und sagte mit viel zu hoher Stimme und viel schneller, als er es vorgehabt
hatte: «Vetter Rotherham! So wenig erfreut du über meinen Besuch sein magst, so
wenig es dir passen dürfte, was ich zu sagen habe, so sehr du zögern magst, mir darauf zu
antworten, lasse ich mich dennoch nicht von deiner Tür weisen! Es ist dringend
nötig ...»
«Du bist ja gar nicht von meiner Tür
gewiesen worden.»
«Es ist dringend nötig, daß ich mit
dir spreche!» sagte Mr. Monksleigh.
«Du sprichst soeben mit mir – viel
zuviel! Also – wieviel?»
Halb erstickt vor Empörung, sagte
Mr. Monksleigh: «Ich bin nicht gekommen, um Geld zu bitten! Ich will kein
Geld!»
«Guter Gott! Du hast keine
Schulden?»
«Nein! Das heißt, unbedeutende!»
verbesserte er sich. «Und wenn ich nicht bis nach Claycross hätte fahren
müssen, um dich zu finden, wäre ich sogar recht gut dran, außerdem! Natürlich
habe ich nicht damit gerechnet! Man kann nicht sparsam leben, wenn man durch
das ganze Land rasen muß, aber das ist ja nicht meine Schuld! Zuerst einmal war
da das Mietpferd bis Aldersgate, dann meine Karte für die Postkutsche; und das
Trinkgeld für den Wächter, und das für den Kutscher natürlich; und dann mußte
ich eine Kalesche von Gloucester bis hierher mieten; und ich werde dich
tatsächlich um einen Vorschuß auf meine nächste Apanage bitten müssen, falls du
es nicht vorziehst, mir ein paar Moneten zu leihen. Ich bin überzeugt, du
meinst, ich hätte mit der Postkutsche reisen sollen, aber ...»
«Habe ich das gesagt?»
«Nein, aber ...»
«Dann warte, bis ich es sage! Was
also hast du mir zu sagen?»
«Vetter Rotherham!» begann Mr. Monksleigh aufs
neue.
«Ich bin keine öffentliche
Versammlung!» sagte Rotherham wütend. «Und sag nicht jedesmal Vetter Rotherham
zu mir, wenn du den Mund auftust! Sag, was du zu sagen hast, wie ein
vernünftiges Wesen! Und setz dich!»
Mr. Monksleigh lief purpurrot an,
gehorchte und biß sich auf die überempfindlichen Lippen. Er starrte seinen
Vormund, der hinter seinem Schreibtisch lümmelte, trotzig an und beobachtete
ihn mit leiser Verachtung. Er war mit einem so brennenden Bewußtsein erlittenen
Unrechts nach Claycross gekommen, daß er, wäre Rotherham ihm auf der Schwelle
entgegengetreten, sich seines Vorhabens fließend, würdig und eindringlich
entledigt hätte. Aber zuerst einmal hatte man ihn zwanzig Minuten lang warten
lassen; dann war er gezwungen gewesen, seine Ansprache aufzuschieben, um
zuzugeben, daß ihm ein Vorschuß willkommen – ja, sogar notwendig sei, sollten
die Postjungen bezahlt werden; und nun war er so scharf zur Ordnung gerufen
worden, als sei er ein Schuljunge. Alles das übte eine dämpfende Wirkung aus,
aber als er Rotherham anstarrte, fiel ihm jedes übel ein, das er von ihm
erlitten, jeder Prügel, den er ihm boshaft vor die Füße geworfen, und jeder grausame
Anpfiff, den er von ihm erhalten hatte, und das Gefühl erlittenen Unrechts
verlieh ihm den Mut zu sprechen. «Es paßt zu allem übrigen!» sagte er plötzlich
und knetete seine Hände zwischen den Knien.
«Was?»
«Das weißt du sehr gut! Vielleicht
hast du geglaubt, ich würde nicht wagen, mit dir zu reden! Aber ...»
«Wenn ich das gedacht haben sollte,
dann bin ich eines Besseren belehrt!» schob Rotherham ein. «Wessen, zum Teufel,
beschuldigst du mich?» Er merkte, daß sein Mündel mit starker Erregung kämpfte,
und sagte, zwar mit viel Autorität, aber viel weniger Schärfe: «Komm, Gerard,
sei kein Einfaltspinsel! Was soll ich eigentlich verbrochen haben?»
«Alles, was nur in deiner Macht
stand, alles Streben, das ich je verfolgte, zunichte zu machen!» antwortete
Gerard mit unterdrückter Heftigkeit.
Rotherham schaute beträchtlich
verblüfft drein. «Ziemlich umfassend!» sagte er trocken.
«Es ist wahr! Du hast mich nie
gemocht! Nur, weil ich nicht gern jage oder boxe oder Cricket spiele oder
schieße oder – oder irgend etwas, das du magst, außer Fischen, und das ist auch
nicht dein Verdienst, daß ich das gern tue, weil du mir verboten hast, mir
deine Angelruten auszuleihen, als hätte ich vorgehabt, sie kaputt zu machen –
ich meine ...»
«Was du meinst», sagte
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