German Angst
Aufruhr im Dorf wunderte, und dann sprach sie ein Gebet. Sie aßen bis tief in die Nacht Pfannkuchen, Bananen, Brot, Hühnerfleisch, Yams und braune Bohnen. Es war ein Festessen, und auf dem Platz, wo tagsüber die Waren verkauft wurden, wurde getanzt und musiziert und die Ankunft des Brotes gefeiert. Heute isst jeder in Nigeria Brot, wie überall auf der Welt, aber damals war das etwas ganz Besonderes und meine Großmutter war die Erste gewesen, die ein Stück bekommen hatte. Weil der Mann mit dem komischen Hut ihre Hütte als Erste betreten und Sola an diesem Tag Geburtstag hatte.«
Arano nickte, befreite seinen Fuß aus der sanften Umklammerung von Natalias Beinen und nahm das Pizzastück in die Hand.
»Ich mach es noch mal warm«, sagte Natalia.
»Mir schmeckt es auch so.«
»Mir auch«, sagte sie, und dann aßen sie beide ihren Teller leer und stießen noch einmal mit den Gläsern an. Die Musik war zu Ende und es war still im Zimmer. Natalia dachte an das Mädchen in der Hütte und stellte sich ihr Staunen vor. Dann sah sie Arano an, nahm seine Hand und drückte sie einige Sekunden an ihre Wange, eine Geste von Geborgenheit, die Natalia immer so kurz wie möglich genoss, um genügend Freude übrig zu haben für das nächste Mal.
»Willst du noch ein Glas Wein?«, fragte sie.
»Lieber Bier«, sagte er.
Die Wohnungstür wurde aufgesperrt, Schlüssel klapperten laut und die Tür krachte zu. Kurz darauf stand Lucy im Türrahmen und hinter ihr ein schmächtiger Junge, der einen Kopf kleiner war als sie und grüne Haare hatte. Er hob die Hand zum Gruß und grinste hinter Lucys breitem Rücken hervor.
»Ich hab gewusst, dass du kommst.« Arano ging zu seiner Tochter und drückte sie an sich. Sie schlang die Arme um ihn. In ihrer Bomberjacke klimperte und klackte es metallisch.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Lucy! Möge Ngomi, die Antilope, dich sicher und unbeirrt durch alle Nächte führen!«
»Ja, Papa«, murmelte sie und machte sich von ihm los. Natalia wartete schon. Also streckte ihr Lucy das Gesicht hin und Natalia küsste sie auf beide Wangen und auf den Mund, was Lucy nicht mochte, weshalb sie die Lippen aufeinander presste.
»Alles Gute zum Geburtstag, Lucy!«
»Ja, danke. Ich muss gleich wieder weg. Jimmy und ich sind noch auf eine Fete eingeladen.«
Der Junge mit den grünen Haaren hob wieder die Hand und grinste.
»Ich hab eine Pizza für dich gebacken«, sagte Natalia. Als sie das Mädchen jetzt anschaute, kehrte diese Unsicherheit zurück, die sie so oft empfand, wenn sie darüber nachdachte, ob es eine Zukunft geben könne mit ihr als Lucys neuer Mutter.
Sie zweifelte daran. Und hoffte, Arano würde weiterhin zu unentschlossen bleiben, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Auf ihre eigenwillige, selbstbewusste, unberechenbare Art schüchterte Lucy sie ein und Natalia konnte sich nicht daran erinnern, dass das Mädchen ihr je Vertrauen geschenkt hätte. Natalia fand, Lucy war immer nur höflich zu ihr, angestrengt höflich.
»Entschuldige«, sagte Lucy, »aber ich hab keinen Hunger, wir ham schon was gegessen, stimmts, Jimmy?« Jimmy nickte und grinste. Er stand immer noch im Flur und traute sich anscheinend nicht ins Wohnzimmer. Dafür trat er ständig von einem Fuß auf den anderen, als müsse er dringend aufs Klo.
»Willst du was trinken?«, fragte ihn Arano. Jimmy schüttelte den Kopf.
»Der spinnt manchmal, das ist total normal«, sagte Lucy. Sie warf Jimmy einen Blick zu und er vergrub verlegen seine Hände in seiner ausgeleierten Bluejeans, die ihm ungefähr drei Nummern zu groß war. Drüber trug er ein weißes T-Shirt und eine schwarze Jeansjacke, die seinen dürren Körper nach unten zu ziehen schien.
»Geil!« Ohne ein Wort zu verlieren hatte Lucy die Geschenke ausgepackt. Arano und Natalia standen am Tisch und sahen ihr zu. Natalias Befangenheit, die sie ärgerte, verwandelte sich allmählich in kribbelnde Wut.
Lucy hielt das blaue Handy hoch, das ihr Vater ihr geschenkt hatte.
»Du kannst mit Karte telefonieren und tausend Nummern eingeben und irgendein Sondertarif ist auch dabei«, sagte er. Sie legte das Gerät hin und betrachtete die teure weiße Jeans und den blauen Kaschmirpullover.
»Damit du mal eine Hose zum Wechseln hast«, sagte Arano.
»Sieht schon schön aus.« Lucy legte die Sachen beiseite und riss das dritte Päckchen auf. Zum Vorschein kamen eine runde blaue Kerze und drei kleine Fläschchen mit Duftölen.
»Das gefällt mir!« Lucy hob kurz
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