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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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gewehrt.«
    Funkel suchte nach etwas. Er überlegte, machte eine Schublade auf, dann noch eine, dann tippte er sich an die Stirn. In einem Regal hinter zwei Ordnern fand er, was er gesucht hatte: seine Pfeife samt Tabak und Streichhölzern. Regelmäßig versteckte er die Utensilien, weil er sich einredete, er würde mit dieser Methode weniger rauchen. Aber seine Verstecke waren mickrig, sogar Veronika, seine Sekretärin, wusste immer, wo die Sachen lagen, für den Fall, dass er in der Hektik tatsächlich nicht selbst draufkam. Während er die Pfeife stopfte, blieb er stehen.
    »Als er auf dem Boden lag, hast du ihn getreten«, sagte Sonja.
    »Nö«, sagte Lucy knapp.
    »Wo ist eigentlich dein Freund Jimmy?« Sonja vermerkte auf ihrem Block Lucys wechselnde Stimmung und ihre Reaktionen auf die Fragen.
    »Bin ich sein Pressesprecher?«
    »Wir wissen, dass du dir eine Holzlatte besorgt und damit auf den Jungen eingedroschen hast, Lucy«, sagte Funkel und sog an der Pfeife. Rauch quoll auf und Funkel atmete den süßlichherben Duft ein.
    »Und du hast mit Jimmy zwei Leute im Auto überfallen und ausgeraubt«, sagte Sonja. »Was glaubst du, passiert jetzt mit dir?«
    »Mein Anwalt holt mich hier raus«, sagte sie mit erhobenem Kopf. Eine selbstsicherere Bemerkung konnte sich Funkel nicht vorstellen.
    »Und wenn nicht?«
    »Dann hau ich einfach ab.« Sie wedelte mit der Hand.
    »Muss das sein, dass Sie hier die Luft verstinken, Mann? Ich bin Nichtraucher, ich hab keinen Bock auf Krebs.«
    Sonja musste lächeln. Sie dachte daran, wie mühsam es gewesen war, Rauchverbot in Konferenzen durchzusetzen. Aber dies war Funkels Büro, und hier konnte sie ihm seine Pfeife nicht verbieten. Nicht aus Ehrfurcht vor dem Chef, eher aus alter Zuneigung zu ihrem Exfreund, mit dem sie zwei Jahre lang eine Wohnung geteilt hatte.
    »Tut mir Leid«, sagte Funkel und klopfte die Pfeife im Aschenbecher aus. Als er damit fertig war, saß Lucy wieder über den Tisch gebeugt da und schien nichts von all dem, was um sie herum passierte, wahrzunehmen. Das mit dem Rauchen schien sie bereits vergessen zu haben. Zehn Minuten später unterbrachen sie die Vernehmung. Die Aussagen des Mädchens ergaben weder ein umfassendes Geständnis noch trugen sie zur Klärung des Sachverhalts bei. Funkel und Sonja mussten auf die Protokolle ihrer Kollegen warten, die einige Zeugen vor Ort vernommen hatten, und darauf, dass Jimmy Fuchs wieder auftauchte und hoffentlich bereit und fähig war, konkrete Angaben zu machen.
    »Ich hab Hunger«, sagte Lucy. »Das ist ja Folter, was ihr hier macht. Ich hab ein Recht auf was zu essen.«
    »Was willst du denn?«, fragte Sonja.
    »Pommes, n Burger dazu, vegetarisch, und ne Cola mit Eis.«
    »Das kriegen wir um diese Zeit nirgends mehr«, sagte Sonja. Lucy drehte ihr den Rücken zu. In diesem Moment klopfte es an der Tür.
    Funkel öffnete. »Morgen, Herr Staatsanwalt.«
    »Morgen«, sagte Niklas Ronfeld.
    Hinter ihm tauchten Sebastian Fischer, Christoph Arano und Natalia Horn auf.
    »Ich hab mit dem Richter telefoniert«, sagte Ronfeld und gab Funkel ein Fax. »Wir klagen Lucy Arano wegen gemeinschaftlichem Raub und schwerer Körperverletzung an. Das Fax ist von Richter Schumann, morgen früh liegt der Haftbefehl im Original vor. Das Mädchen kommt in U-Haft. Gefahr im Verzug. Ich hab schon in Neudeck angerufen, die erwarten sie dort.«
    »Das geht doch nicht!«, sagte Fischer und drängte sich vorbei.
    »Darf ich mal?« Er nahm Funkel das Fax aus der Hand.
    »Meine Tochter kommt ins Gefängnis?«, fragte Arano. Im grellen Zimmerlicht bekam seine schwarze Haut eine ungesund graue Färbung.
    »Ich werde so viele Zeugen wie möglich vernehmen«, sagte Ronfeld. »Ich werd mir die Akten durchlesen und mit den Leuten sprechen, die Lucy überfallen oder ausgeraubt hat. Die Schonzeit ist zu Ende, tut mir Leid, Herr Arano.«
    Ein schweres Schweigen erfüllte den Raum, der nach Funkels Tabak roch.
    Arano ging zu Lucy, beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Wange. Sie rührte sich nicht. Natalia hatte Tränen in den Augen. Fischer las zum vierten Mal den gefaxten Haftbefehl.
    »Noch etwas«, sagte Ronfeld in die Stille. Natalia, die direkt neben ihm stand, zuckte zusammen. »Herr Funkel, Frau Feyerabend, ich weiß nicht, ob Sie darüber informiert sind, Lucy Arano besitzt wie ihr Vater nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, sie hat lediglich eine Aufenthaltserlaubnis, die bisher jedes Jahr verlängert wurde. Der nächste

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