Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
Vom Netzwerk:
lieber hier. Man weiß nicht, was alles geschehen kann. Hast du nichts von der Warnung gehört?«
    Traudel erinnerte sich verschwommen an eine Warnmeldung, die den Angehörigen von SS-Leuten riet, sich vorsichtig zu verhalten, da Entführungen befürchtet wurden.
    »Mir kann nichts passieren. Der Gustav fährt mich doch. Der kann schon auf mich aufpassen. Die paar Kilometer bis Köpenick werden wir noch rechtzeitig vor dem Angriff schaffen.«
    »Warte, ich gehe mit dir«, sagte Marga und band ihr Kopftuch um. Traudel dachte, dass es gut war, dass Marga sie begleitete, denn vom vielen Wein war ihr doch ein wenig schummrig.
    »Weißt du, unser neues Mädchen«, begann Traudel zu erzählen, während Marga sie stützte. »Ich glaub, es war ein Fehler, dass wir sie eingestellt haben. Ständig muss ich kontrollieren, ob sie ihre Arbeit erledigt hat. Wenn Rainer heimkommt und nicht alles für ihn vorbereitet ist, wird er fuchsteufelswild.«
    Marga blieb stehen und blickte sich um. »Wo ist eigentlich der Wagen?«
    Auch Traudel starrte in die Dunkelheit. Die Limousine stand nicht auf der Straße. Sie wollte schon Margas Angebot annehmen und ins Haus zurückkehren, als sie sich erinnerte. »Ach, der wartet doch in der Seitenstraße. Da hinten.« Sie änderte die Richtung und steuerte auf eine dunkle Gasse zu. In der Schwärze der Nacht konnte man die Karosserie nur erahnen. Traudel hatte keine Ahnung, weswegen, doch Gustav parkte nicht gern auf Hauptstraßen. Vielleicht hatte er Angst, dass ein Passant aus Neid den Wagen demolieren könnte. Nicht jeder konnte sich eine solche Luxuskarosse leisten, geschweige denn das Benzin, das der Motor verschlang.
    Marga begleitete Traudel noch bis zur Ecke. Da öffnete sich die Wagentür und die vertraute Gestalt von Gustav in seiner Chauffeuruniform war zu erkennen.
    Traudel blieb stehen. »Ist schon gut. Geh jetzt lieber in den Bunker.« Zum Abschied umarmte sie ihre Freundin noch einmal, dann verschwand sie in der Dunkelheit. Marga konnte undeutlich erkennen, wie sie sich dem Fahrzeug näherte. Gustav hielt die hintere Tür auf und half beim Einsteigen.
    Der Motor des Wagens wurde gestartet.
    Als das Auto an Marga vorbeifuhr, winkte sie. Traudel winkte hinter dem Fensterglas zurück. Für einen Moment musste Marga daran denken, dass die schweren Fahrzeuge mit den großen Fenstern manchmal wie Aquarien aussahen. Die Passagiere erschienen in ihnen wie gefangene Fische. Doch dann schob sie den Gedanken beiseite und lachte über ihre eigene Überspanntheit. Das Geräusch des Motors verlor sich in der Ferne.
    Marga wollte sich bereits umdrehen und zum Bunker eilen, als sie plötzlich etwas wahrnahm. Eine Bewegung. Sie hatte schon früher die Erfahrung gemacht, dass sie in völliger Dunkelheit die Dinge besser ausmachen konnte, wenn sie an ihnen vorbeiblickte. In der Gasse lag etwas auf dem Boden. Es war nicht mehr als ein heller Schimmer zu erkennen.
    Marga stand unschlüssig auf dem Gehsteig und überlegte. Die Warnung von vor ein paar Tagen kam ihr in den Sinn. Begab sie sich nicht unnötig in Gefahr, wenn sie einfach so mitten in der Nacht in eine dunkle Gasse lief? Sie blickte sich nochmals um. Auch andere Leute waren mittlerweile auf dem Weg zum Bunker und liefen die Hauptstraße entlang. Bei diesem Anblick fühlte sich Marga sicher. Im Zweifelsfall konnte sie ja immer noch um Hilfe rufen.
    Zögernd machte sie einen Schritt in die Gasse, dann den nächsten. Es waren tatsächlich nur fünf Schritte, bis ihre rechte Fußspitze den Körper berührte. Sie hatte sich nicht getäuscht. Es war ein Mensch.
    Als sie sich bückte, erkannte sie, was der helle Fleck gewesen war. Vor ihr lag ein Mann im weißen Hemd. Sie tastete über das Gesicht des fremden Herrn. Sie spürte die Bartstoppeln, tätschelte seine Wangen, um ihn wach zu bekommen.
    »Hallo, geht es Ihnen nicht gut? Wir haben Alarm. Sie müssen zum Bunker.«
    Als Antwort kam nur ein Ächzen. Marga bemerkte, dass ihre linke Hand feucht war. Sie hielt ihre Finger vors Gesicht. Dann nahm sie den metallischen Geruch des Blutes wahr.
    »Mein Gott, was ist nur mit Ihnen geschehen?«
    Mittlerweile war Leben in die Gestalt gekommen. Der Mann versuchte, sich aufzusetzen. Marga half, so gut sie konnte, aber es dauerte eine Weile, bis er sich an der steinernen Wand des Hauses aufgerichtet hatte. Marga nahm seine Hand. »Kommen Sie, wir müssen zum Bunker.«
    Sie begann, ihn hinter sich herzuziehen, an ihrer Wohnungstür vorbei, die noch einen

Weitere Kostenlose Bücher