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Gerron - Lewinsky, C: Gerron

Titel: Gerron - Lewinsky, C: Gerron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Lewinsky
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feucht und glänzte im flackernden Licht der Gasbeleuchtung?Oder gehört dieses Bild ganz woanders hin? In den ersten Jahren nach dem Krieg, als mit der alten Ordnung plötzlich auch die alten Regeln verschwunden waren, erlebte man in Berlin öfter mal Szenen, die besser ins Satyricon gepasst hätten.
    Und dann: der schmale Flur in der obern Etage. Hatten die Türen tatsächlich Zimmernummern wie in einem Hotel? Warum eigentlich? Aber wie habe ich sonst die richtige gefunden? Die Tür, hinter der eine Frau auf mich wartete, die mein Feldwebel für mich organisiert hatte.
    Zimmer 5.
    Ein deutscher Soldat kennt keine Angst.
    Ich klopfte an. Nicht zu laut. So wie mir Mama das beigebracht hatte.
    «Ja?», sagte eine Stimme. Sie war – hier bin ich mir meiner Erinnerung wieder ganz sicher – tiefer, als ich es erwartet hatte. Einen Moment lang dachte ich erschrocken: Es muss das falsche Zimmer sein. Oder mein Vorgänger ist noch nicht fertig. Beides wäre mir gleich peinlich gewesen.
    «Nun komm schon rein!», sagte die Stimme.
    Die Tür kann nicht gequietscht haben, als ich sie schüchtern öffnete. Ich bin ganz sicher, dass mein Gedächtnis bei diesem Toneffekt schummelt. Dass sich hier ein berufliches Klischee in die Erinnerung drängt. Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche . Hab ich auf Schallplatte gesungen.
    Nein, die Tür quietschte nicht. Auch wenn ich glaube, das Geräusch noch zu hören. Aber das, was dann kam, das war genau so, wie ich mich daran erinnere. Das kann nicht anders gewesen sein.
     
    Ihr Kimono war grün und gelb, mit einem feuerspeienden Drachen auf dem Rücken. Zweite Qualität, hätte Papa gesagt. Der Kimono und die Frau. Die hellblonden Haare mit Wasserwellen in eine unnatürliche Form gebracht.
    Als ich hereinkam, stand sie am Fenster und drehte sich langsam zu mir um. Kauend. Während einer anstrengenden Schicht darfman sich zwischendurch schon mal eine kleine Stärkung erlauben.
    Sie war fast so groß wie ich. Eine kräftige Figur mit breitem Becken. Die Haltung überhaupt nicht damenhaft. Einen Matrosen würde ich so dastehen lassen. Einen Bauern.
    Sie war auch älter, als ich es erwartet hatte. Ende zwanzig würde ich im Rückblick schätzen. Aus der Perspektive meiner siebzehn Jahre war der Abstand zwischen uns gewaltig.
    «Guten Tag», sagte ich, und ich glaube mich zu erinnern, dass ich sogar einen lächerlichen Diener machte. Natürlich waren solche korrekten Umgangsformen in dieser Situation völlig fehl am Platz, aber ich hatte keine Ahnung, was die richtigen gewesen wären. In meiner Phantasie waren wir immer gleich zur Sache gekommen.
    Sie schaute mich prüfend an, den Kopf ein wenig zur Seite geneigt. Kratzte sich mit dem Zeigefinger an der Wange. Puderpartikel rieselten als feiner Staub zu Boden.
    «Dein erstes Mal», sagte sie. Es war keine Frage.
    Ich nickte.
    Und sie spuckte aus.
    Nicht, wie ich einen verwirrten Moment lang dachte, aus Verachtung für den unerfahrenen Neuling, sondern ganz selbstverständlich. Da stand ein Gefäß aus Messing, das ich für eine Blumenvase gehalten hatte, und in das spie sie treffsicher hinein. Zweimal und ein drittes Mal. Dann fuhr sie sich mit der Hand über den Mund und wischte sie an ihrem Kimono ab.
    «Wenn ich rauche, muss ich husten», sagte sie. «Darum prieme ich lieber.»
    «Das ist sicher vernünftig», antwortete ich höflich, obwohl es mir lieber gewesen wäre, wenn sie geraucht hätte.
    «Wollen wir?»
    Sie öffnete ihren Kimono, zog ihn noch nicht ganz aus, sondern zeigte zuerst einmal ganz sachlich, was sie im Angebot hatte. Ein Kaufmann, der den Rollladen vor seinem Schaufenster hochzieht. Unter dem gelb-grünen Umhang trug sie ein Korsett, das ihre Brüstenach oben drückte, große Brüste, die aber keine perfekten Halbkugeln waren wie bei den griechischen Statuen im Kunstunterricht, sondern ein bisschen länglich, mit breiten braunen Vorhöfen rund um die Brustwarzen.
    Unten, wo das Korsett aufhörte, ein Dreieck aus krausen Haaren. Nicht blond.
    Stämmige Beine.
    «Na?», sagte sie. «Willst du die Hosen anbehalten? Das wird dann aber ein bisschen schwierig.»
    Ich drehte mich von ihr weg, bevor ich mich auszog. Die Kleider legte ich sorgfältig über einen Stuhl. Nicht aus Ordnungssinn, sondern um Zeit zu gewinnen. Ich musste die Unterhose aufknöpfen, was ich sonst nie tat. Anders hätte sie sich nicht über mein erigiertes Glied ziehen lassen.
    Sie lag jetzt ohne Korsett auf dem Bett. Am rechten Unterbauch hatte

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