Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
zieht auch eine von
Menschenhänden angelegte Heerstraße, welche sich durch das ganze Land von Cuzco bis Quito, also weiter als dreihundert Meilen
erstreckt. Sie ist eben, im Gebirge sehr gut gearbeitet und so breit daß sechs Reiter nebeneinander reiten können, ohne sich
zu berühren. Neben der Straße ziehen sich von andern Ortenhergeleitete Wassercanäle hin, damit die Wanderer sich erfrischen können. In der Entfernung einer Tagreise steht jedesmal
ein Gebäude, welches einem Wirthshause gleicht und in welchem die Hin- und herreisenden ausruhen. Am Eingange in diese Straße
in der Stadt Caxas steht am Anfange einer Brücke ein Haus, in welchem ein Wächter sitzt, der den Gehenden und Kommenden das
Weggeld abnimmt; man bezahlt dieses in denselben Gegenständen, welche man mit sich führt. Niemand kann eine Last aus dem Orte
fortschaffen, wenn er nicht auch eine dahin bringt. Dieser Gebrauch stammt aus alten Zeiten her, und Atabaliba hob ihn nur
für das, was seine Garnisonsmannschaft fortbrachte, auf. Kein Reisender darf bei Todesstrafe mit einer Last auf einem andern
Wege ein- oder ausgehen, als auf dem wo der Wächter seinen Sitz hat. – Der Hauptmann berichtete ferner, daß er an beiden Orten
zwei Häuser angetroffen habe, welche mit Schuhen, Salzbroden, einem Mundvorrathe, welcher Fleischklöschen glich, und andern
Dingen für die Bedürfnisse des Heeres Atabaliba's angefüllt war. Er bemerkte auch, daß in diesen Städten eine gute Ordnung
herrsche und man sehr geregelt lebe.
Mit dem Hauptmann kam ein indianischer Häuptling nebst mehreren andern Leuten, welcher den Auftrag hatte dem Statthalter ein
Geschenk zu überbringen. Der Gesandte sagte dem Statthalter, daß ihn sein Gebieter Atabaliba von Caxamalca her geschickt habe,
um das Geschenk zu überreichen, welches in einem aus Stein gearbeiteten Brunnen, welcher zwei Festungen vorstellte und aus
dem man trinken konnte, und in zwei Lasten getrockneter abgehäuteter Gänse bestand, aus welchen Pulver bereitet werden sollte,
um sich damit zu parfümiren, wie es bei den Vornehmen des Landes Sitte war. Der Gesandte meldete ferner, daß sein Gebieter
sehr die Freundschaft des Statthalters zu erlangen wünsche und daß er ihn in friedlicher Gesinnung zu Caxamalca erwarte. Der
Statthalter nahm das Geschenk an, behandelte den Ueberbringer sehr zuvorkommend und versicherte ihm, daß er sich sehr über
seine Ankunft freue, weil er der Abgesandte Atabaliba's sey, welchen er nach den Nachrichten, die er von ihm gehört, bald
zu sehen wünsche, und weil er vernommen, daß er mit seinen Feinden im Kriege liege, so habe er sich entschlossen ihn aufzusuchen,
sein Freund und Bruder zu werden und ihn bei seinen Eroberungen mit den Christen, die ermit sich führe, zu unterstützen. Darauf befahl er dem Abgeordneten und seinen Begleitern zu essen und alles wessen sie bedürften
zu geben, und sie überhaupt so zu behandeln, wie es den Geschäftsträgern eines so großen Fürsten gebühre. Nachdem sie ausgeruht
hatten, ließ er sie wieder vor sich kommen und bemerkte ihnen, daß wenn sie abreisen oder noch einen Tag bleiben wollten,
sie seine volle Einwilligung hätten. Der Abgesandte erwiederte, sie wünschten mit dem erhaltenen Bescheide zu ihrem Gebieter
zurückzukehren; worauf der Statthalter zu ihm sprach: »Verkünde deinem Herrn was ich dir gesagt habe, und daß ich mich auf
dem Wege an keinem Orte aufhalten würde, um desto eher bei ihm einzutreffen.« Zuletzt überreichte er ihm ein Hemd und andere
aus Spanien mitgebrachte Gegenstände, um sie mit sich zu nehmen.
10. Pizarro setzt seinen Marsch fort. Der Ort Motur. Einiges über die Sitten und Gebräuche der Peruaner.
Nach der Abreise des Gesandten blieb der Statthalter noch zwei Tage, weil die von Caxas gekommene Mannschaft von dem Marsche
ermüdet war, und erstattete während dieser Zeit an die Colonisten der Stadt San Miguel Bericht über die Beschaffenheit des
Landes so wie über die Nachrichten, welche er von Atabaliba vernommen hatte, und schickte ihnen die beiden Festungen und im
Lande gefertigte wollene Zeuge, die von Caxas gekommen waren. – In Spanien wußte man später diese Zeuge nicht genug zu rühmen
und zu schätzen, weil man sie eher für Seide denn für Wolle halten konnte, so wie auch der furchtbaren Arbeit und der aus
Gold geschlagenen Figuren wegen, welche sehr kunstreich in das Zeug eingewirkt waren. – Nachdem der Statthalter
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