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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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von Soldaten richtige Plünderer vorgingen, die sich im letzten Kriegsjahr stets unter dem Soldatenrock zu verstecken pflegten. Die Plünderungen hatten eben begonnen, als jemand rief: "Kameraden, nichts anrühren, das ist Volkseigentum." An einen Tisch beim Ausgang setzte sich ein Soldat mit Feder und Papier hin; zwei Rotgardisten mit Revolvern stellten sich daneben. Jeder Hinausgehende wurde untersucht und jeder geraubte Gegenstand ihm abgenommen und notiert. So wurden Statuetten, Flaschen mit Tinte, Kerzen, Dolche, Seifenstücke und Straußfedern aufgestapelt. Einer sorgfältigen Untersuchung unterwarf man auch die Junker, deren Taschen vollgestopft waren mit geplündertem Krimskrams. Die Soldaten belegten die Junker mit Schimpfworten und Drohungen, darüber hinaus aber ging es nicht. Unterdessen bildet sich eine Palaiswache mit dem Matrosen Prichodjko an der Spitze. Überall werden Posten aufgestellt. Das Palais von Fremden gesäubert. Nach einigen Stunden wird zum Kommandanten des Winterpalais Tschudnowski ernannt.
    Wo aber war das Volk geblieben, das unter Anführung der Geistlichkeit sich zur Befreiung des Palais in Bewegung gesetzt ist notwendig, von diesem heroischen Versuch zu erzählen, dessen Kunde die Herzen der Junker für einen Moment so erschüttert hatte. Zentrum der antibolschewistischen Kräfte bildete die Stadtduma. Ihr Gebäude auf dem Newski brodelte wie ein Kessel. Parteien, Fraktionen, Unterfraktionen, Gruppen, Splitter und einfach einflußreiche Persönlichkeiten berieten dort über das verbrecherische Abenteuer der Bolschewiki. Den im Winterpalais schmachtenden Ministern teilte man von Zeit zu Zeit telephonisch mit, daß der Aufstand unter dem Druck der allgemeinen Emp ö-rung unweigerlich ersticken müsse. Über diese moralische Isolierung der Bolschewiki verstrich Stund um Stunde. Inzwischen begann die Artillerie zu sprechen. Minister Prokopowitsch, morgens verhaftet und bald wieder freigelassen, beschwert sich mit tränenerstickter Stimme bei der Duma, der Möglichkeit beraubt zu sein, das Schicksal seiner Kollegen zu teilen. Man zollt ihm heißes Mitgefühl, und der Ausdruck des Mitfühlens erfordert Zeit.
    Aus dem Turmbau von Ideen und Reden erwächst endlich unter stürmischem Applaus des ganzen Saales ein praktischer Plan: die Duma soll vollzählig zum Winterpalais ziehen, um, wenn es sein muß, zusammen mit der Regierung unterzugehen. Sozialrevolutionäre, Menschewiki und Genossenschaftler sind in gleichem Maße von der Bereitschaft erfaßt, die Minister zu retten oder mit ihnen gemeinsam zu fallen. Die Kadetten, im allgemeinen gefährlichen Unternehmungen nicht geneigt, wollen diesmal zusammen mit den anderen ihr Leben lassen. Zufällig im Saale anwesende Provinzler, Dumajournalisten und manche aus dem Publikum bitten in mehr oder minder beredten Worten um die Erlaubnis, das Schicksal der Duma teilen zu dürfen. Es wird ihnen erlaubt.
    Die bolschewistische Fraktion versucht einen prosaischen Ratschlag zu erteilen: anstatt im Dunkeln, den Tod suchend, durch die Straßen umherzuirren, lieber die Minister telephonisch zu bestimmen, sich zu ergeben, ohne die Sache bis zum Blutvergießen zu treiben. Aber die Demokraten sind entrüstet: die Agenten des Aufstandes möchten ihnen nicht nur die Macht entreißen, sondern auch ihr Recht auf heroischen Tod! Es beschließen die Stadtverordneten, zur Wahrung der geschichtlichen Belange eine namentliche Abstimmung vorzunehmen. Letzten Endes kommt der Tod, auch ein ruhmreicher Tod, niemals zu spät. Zweiundsechzig Stadtdumaverordnete bekräftigen: ja, sie gehen tatsächlich, unter den Ruinen des Winterpalais namentlich umzukommen. Darauf antworten vierzehn Bolschewiki, es sei besser, mit dem Smolny zu siegen als mit dem Winterpalais umzukommen, und begeben sich sogleich zur Sitzung des Sowjetkongresses. In den vier Wänden der Duma verbleiben nur drei Menschewiki-Internationalisten: sie haben nicht, wohin zu gehen und wofür zu sterben.
    Die Duma war schon nahe daran, sich auf ihren letzten Weg zu begeben, als das Läuten des Telephons ihr die Kunde brachte, das gesamte Exekutivkomitee der Bauerndeputierten sei unterwegs, sich mit ihr zu vereinigen. Nichtendenwollender Beifall. Nun ist das Bild vollständig und klar: Vertreter der hundertmillionenstarken Bauernschaft, gemeinsam mit Vertretern aller Klassen der städtischen Bevölkerung, gehen, von der Hand eines verschwindenden Häufleins Bedrücker zu sterben. An Reden und Beifallklatschen ist

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