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Getrieben: Thriller (German Edition)

Getrieben: Thriller (German Edition)

Titel: Getrieben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher REICH
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abdrücken.«
    Der Prinz beobachtete sie aus dem Augenwinkel. »Nur ganz leicht«, wiederholte er.
    »Ganz genau.«
    Plötzlich richtete sich der Prinz wieder auf und ließ die Waffe sinken. »Verdammt noch mal«, sagte er und ging mit entschlossenen Schritten davon.
    »Stimmt was nicht?«, wollte Balfour wissen und versuchte, mit dem Prinzen Schritt zu halten.
    »Noch so einen Rückstoß hält meine Schulter nicht aus«, sagte Prinz Raschid. »Dann kann ich einen Monat lang nicht mehr Golf spielen.«
    Keiner der Anwesenden wagte es, etwas zu erwidern. Nach einem Moment betretenen Schweigens fing auf einmal einer seiner Männer an zu lachen. Nach und nach fielen alle in das Lachen mit ein. Prinz Raschid übergab einem kleinen stämmigen Mann in der Uniform eines Captains das Gewehr. »Vielleicht gelingt es Captain Hussein ja, das Ziel zu treffen. Wenn ich mich richtig erinnere, waren Sie doch Schießausbilder an der Akademie, oder?«
    Hussein trat an die Feuerlinie. Vorsichtig hob er das Gewehr an die Schulter und nahm die Puppe ins Visier. Er würde seinen obersten Dienstherrn nicht enttäuschen.
    »Ganz leicht«, sagte der Prinz und ließ Emma nicht aus den Augen.
    Sekunden später explodierte die Patrone im Lauf und zerriss die Waffe in den Händen des Polizisten.
    Captain Hussein wand sich zuckend auf dem Boden. Von seinem Kopf war nicht mehr übrig als eine unförmige Masse aus zersplitterten Schädelknochen, versengtem Fleisch, Blut, Knorpeln und Zähnen, die einem zerquetschten Granatapfel glich. Die Polizisten rannten herbei und scharten sich um ihren furchtbar entstellten Chef. Balfour schrie aufgeregt ins Handy, dass sie sofort einen Krankenwagen brauchten. »Und zwar ein bisschen plötzlich!«, brüllte er.
    Nur Prinz Raschid rührte sich nicht von der Stelle.
    »Sie kommen mit mir«, sagte er zu Emma und umklammerte ihren Arm mit eisernem Griff.

7.
    Der schmale, gewundene Pfad führte sie immer weiter bergauf. Schaukelnd und holpernd kämpfte sich der Pick-up voran wie ein Rettungsboot auf sturmgepeitschter See. Ihre mehrstündige Fahrt hatte sie von den unteren Gebirgsausläufern durch einen trostlosen Kiefernwald bis zu den konturlosen, steilen Geröllhängen der höher gelegenen Bergketten geführt. Beim Blick aus dem Wagenfenster bot sich ihnen das immer gleiche, eintönige Bild: Vor ihnen der steinige Schotterweg, auf der einen Seite ein steiler Berghang, auf der anderen ein tiefer Abgrund, und alles wurde überlagert vom lauten Röhren des überstrapazierten Motors.
    »Für meinen Vater würde ich jedes Opfer bringen«, sagte Haq. »Würden Sie das nicht auch tun?«
    Jonathan hockte eingeklemmt auf dem Vordersitz zwischen Haq und dem Fahrer und fühlte sich eher unbehaglich als ängstlich. »Mein Vater ist tot.«
    »Schicksal«, sagte Haq mit Überzeugung in der Stimme. »Als kleiner Junge wurde ich von einem Schrapnell der Russen schwer verletzt. Mein Vater hat mich drei Tage lang auf seinem Rücken bis zur nächsten Krankenstation getragen, und das, obwohl er selbst eine Lungenentzündung hatte. Es war Winter, und er ist bei dem Versuch, mich zu retten, fast gestorben. Damals habe ich mir geschworen, dass ich so etwas eines Tages auch für ihn tun werde.«
    Jonathan betrachtete Haq von der Seite. »Sie haben ein Dorf zerstört, nur um Ihrem Vater zu helfen?«
    Haq ließ sich die Frage durch den Kopf gehen. Sein Blick verriet, dass ihm die moralische Komplexität der Frage sehr wohl bewusst war. »Das Dorf hatte strategische Bedeutung für uns«, sagte er schließlich.
    Jonathan blickte starr geradeaus.
    »Warum sind Sie nach Afghanistan gekommen?«, fragte Haq. »Sind Sie ein Missionar?«
    »Nein«, erwiderte Jonathan.
    »Aber Sie sind doch auf einem Kreuzzug.«
    »Und Sie?«, fragte Jonathan. »Wo haben Sie so perfekt Amerikanisch gelernt?«
    »Ich war viele Jahre Gast in Ihrem Land.«
    »Sie waren in Amerika?«
    »Nicht wirklich. In Camp X-Ray in Guantánamo Bay. Im November 2001 bin ich in Gefangenschaft gekommen. Um ehrlich zu sein, habe ich mich damals freiwillig ergeben. Wegen der unzähligen Bombenangriffe. Jeden Tag kamen die Kampfflieger. Sie flogen so hoch, dass niemand sie hören konnte. Die Bomben fielen ohne Vorwarnung vom Himmel. Sie versanken tief im Boden, aber ein Häuflein Erde bietet keinen Schutz gegen eine 225-Kilo-Bombe, geschweige denn Hunderte von ihnen. Diese unvorstellbare Wut. Sie haben nicht die leiseste Ahnung, wie das ist.« Haq wandte den Blick ab und starrte tief

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