Getrieben: Thriller (German Edition)
aus ihrem eigenen Hinterzimmer.«
»Was soll das heißen: ›Aus ihrem eigenen Hinterzimmer‹?«
»Das Ganze funktioniert wie die Mafia. Die Waffen, die Balfour von den Russen kauft, existieren offiziell gar nicht. Es ist wie bei einem Lkw, dem ein Teil der Ladung unterwegs abhandenkommt. Nur dass der Lkw in diesem Fall eine staatliche Waffenfabrik ist, die vom FSB kontrolliert wird. Ein Teil der dort hergestellten Waffen ist legal, der Rest wandert ins Hinterzimmer. Über die legale Produktion wird ordnungsgemäß Buch geführt, der Erlös aus dem Hinterzimmer wandert in die Taschen des FSB-Chefs.«
»Und für wen waren die Waffen auf Balfours Liste nun bestimmt?«
»Das wissen wir nicht. Aber was wir herausgefunden haben und was unser Interesse geweckt hat, war die Tatsache, dass Prinz Raschid in den Handel involviert war. Balfours Angaben zufolge war Prinz Raschid der Zwischenhändler und Garant für die Bezahlung der Lieferung.«
»Prinz Raschid vom Persischen Golf? Er unterstützt seit vielen Jahren Ärzte ohne Grenzen. Er gehört zu den Guten.«
»Ach ja?« Connor wandte den Blick ab und schüttelte den Kopf, als hätten sie sich völlig missverstanden. »Vielleicht reden wir von verschiedenen Männern. Der Prinz Raschid, den ich meine, ist ein bekannter Geldgeber des Terrorismus. Meinen Informationen zufolge verschiebt er jährlich bis zu zweihundert Millionen Dollar an al-Qaida, die Taliban, Laschkar e-Taiba und andere islamistische Gruppen, deren erklärtes Ziel die Zerstörung des Westens ist.«
Jonathan lehnte sich perplex auf seinem Stuhl zurück. »Davon hatte ich wirklich keine Ahnung.«
»Das wundert mich nicht. Sie waren zu geblendet von seinen guten Taten, seiner blonden Frau und den hübschen, blauäugigen Kindern. Genau das ist ja auch Raschids Absicht.«
»Wenn Sie das alles wissen, warum gehen Sie dann damit nicht an die Öffentlichkeit?«
»Bevor Sie so etwas vorschlagen, sollten Sie sich über die Folgen Gedanken machen. Die Familie des Prinzen gehört in der Golfregion zu den engsten Verbündeten der USA. Schon die kleinste Beschuldigung würde die guten Beziehungen auf Jahre hinaus belasten. Mit so einem Vorwurf geht man nicht einfach an die Öffentlichkeit.« Connor beugte sich vor, als wolle er Jonathan ein Geheimnis anvertrauen. »Um Angelegenheiten wie diese kümmern wir uns lieber verdeckt.«
»Mit anderen Worten, Sie haben Emma benutzt, um über Balfour an Raschid heranzukommen?«
»Kein Kommentar.« Connor schürzte nachdenklich die Lippen, als wäre er unschlüssig, was er Jonathan noch erzählen solle und was nicht. In seinem Gesicht stand deutlich zu lesen, dass etwas gewaltig aus dem Ruder gelaufen war. »Wir wissen im Augenblick nur, dass Emma bei der Übergabe der Waffen an Balfour und Raschid verschwunden ist.«
Für Jonathan war es nicht schwer, sich die Szene vor seinem inneren Auge auszumalen: Emma, die vorgab, Agentin der Russen zu sein, um an Prinz Raschid heranzukommen und ihn zu töten. Auf ganz ähnliche Weise war sie im Libanon, in Bosnien und anderswo auf der Welt vorgegangen. Eine nicht ganz ungefährliche Methode. »Ist sie tot?«
»Es spricht einiges dafür, dass sie noch lebt.«
In Jonathans Ohren klang diese Aussage alles andere als beruhigend. Eher wie ein bekannter Satz unter Agenten, der bedeutete, dass die Chancen bestenfalls fünfzig zu fünfzig standen. »Hat Raschid sie enttarnt?«
»Das wissen wir nicht. Aber bevor ich Sie einweihe in das, was wir wissen, möchte ich Sie davor warnen, irgendetwas Unüberlegtes zu tun. Zorn und Rache helfen niemandem, schon gar nicht Emma.«
Jonathan versuchte, seine Nerven mit ein paar tiefen Atemzügen zu beruhigen. »Alles klar«, sagte er schließlich.
»Prinz Raschid hat eine spezielle Art, mit Leuten umzugehen, die ihn seiner Meinung nach betrogen haben. Egal ob geschäftlich, politisch oder in welchem Zusammenhang auch immer. Er bringt die Verräter an irgendeinen gottverlassenen Ort in der Wüste und foltert sie. Die Details will ich Ihnen ersparen. Das ist nichts für zarte Gemüter.«
»Was stellt Raschid mit ihnen an?«
»Das wollen Sie nicht wirklich wissen.«
»Was, Frank?«
Connor stützte seine Ellenbogen auf dem Tisch ab und stieß einen tiefen Seufzer aus. Die Antwort bereitete ihm sichtlich Unbehagen. »Ketten«, sagte er schließlich gedehnt. »Elektrische Viehtreiber. Zigaretten. Manchmal schleift er sie ans Auto gekettet durch die Wüste.«
»Hat er so etwas auch mit Emma
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