Gift und Geld
Cancantänzerin .
» Olé , toro !« sagte ich mit schwacher
Stimme.
Sie hörte auf, ihre Augen zu
reiben und riß sie weit auf. »Du?« sagte sie. »Das hätte ich mir auch denken
können.«
»Du hättest mir mitteilen
sollen, daß es sich um eine Nachthemden-Party handelt, Süße«, sagte ich
vorwurfsvoll. »Dann wäre ich so gekommen, wie ich war.«
»Wer sagt was von einer Party?«
wimmerte sie verzweifelt, während ich in die Wohnung trat und schnell die Tür
hinter mir schloß.
»Das passiert immer, wenn ich
auf dem Weg bin«, sagte ich bescheiden. »Plötzlich ist es eine Party.«
Mona ging schlaftrunken ins
Wohnzimmer, dicht gefolgt von mir.
»Was willst du um diese
nachtschlafende Zeit?« stöhnte sie. »Nein! Vielleicht beantwortest du das
besser gar nicht.«
»Ich werde uns was zu trinken
eingießen«, sagte ich. »Übrigens, ich glaube, dieser Stierkämpferpyjama macht
mich wirklich nervös.«
»Als ich den Pyjama gekauft
habe, hatte ich keine Ahnung, daß einmal um Mitternacht ein wirklicher lebender
Bulle in meine Wohnung geplatzt käme«, sagte Mona bitter. »Na, schön — adieu,
frühe Nachtruhe, mitsamt meinem Schönheitsschlaf, den ich allmählich brauche!«
Sie seufzte tief und sehnsüchtig und ließ sich dann auf die Couch plumpsen.
Ich fand den Scotch in ihrer
Küche, machte zwei riesige Drinks zurecht und trug sie ins Wohnzimmer zurück.
Mona hatte beide Augen fest geschlossen, und so beugte ich mich über sie und
stupste sie mit einem Finger sanft unter das umgekehrte V ihres
Pyjamaoberteils. Sie gab ein krampfhaftes Kichern von sich, öffnete dann ein
Auge und sah mich mit leidender Geduld an.
»Was denn, zum Kuckuck?«
beklagte sie sich heiser. »Wenn ich die Polizei riefe, würdest auch bloß wieder
du hier hereinspaziert kommen.«
Sie nahm mir das Glas aus der
Hand, während ich mich neben ihr auf der Couch niederließ, nippte vorsichtig
daran und betrachtete mich mit einem verwunderten Ausdruck im Gesicht.
»Das ist wieder einer deiner
aparten Drinks, Al Wheeler.«
»Nur Scotch.«
»Ist das die Möglichkeit!« Sie
trank noch ein wenig mehr. »Aber ich glaube, ich könnte mich daran gewöhnen.
Wenn mich dann die Leute fragen, was ich tue, kann ich ihnen geradewegs sagen,
ich litte an Schlafstörungen und nebenbei ein bißchen an Trunksucht.«
»He«, sagte ich bewundernd,
»damit gibst du ja Cocktailunterhaltungen eine ganz neue Richtung — allen hängen
die Lügen über Bücher, die sie angeblich gelesen haben, und Leute, die sie
angeblich kennen, zum Hals heraus. Kein Mensch interessiert sich noch dafür,
was dir dein Psychoanalytiker gesagt hat. Dies könnte der Beginn der neuen
Gray-Ära werden.«
»Großartig!« sagte sie. »Und
wenn Sie dich fragen, was du tust, kannst du sagen, du seist ein Stierkämpfer —
und nebenbei hättest du noch eine ganze Menge von einem Bullen.«
»Versuch nicht, einen Helden
aus mir zu machen«, sagte ich. »Sieh mich, wie ich wirklich bin: gut aussehend,
intelligent, furchtlos, verständnisvoll und—«
»-ein grundsätzlich schlafloser
Flegel!« ergänzte sie mit kühler Stimme die Liste.
Ich schluckte etwas von dem
Scotch hinunter und entspannte mich, während ich spürte, wie der Whisky ein angenehmes
Freudenfeuer in meinen Adern entfachte.
»Ich habe einen langen harten
Tag hinter mir — und am Abend war es nur noch schlimmer«, sagte ich mißgestimmt . »Ich mußte zu irgend
jemandem nach Hause kommen können — zum Beispiel zu einer grauäugigen,
rothaarigen Irin mit einer Figur, bei der einem die Luft wegbleibt, und einer
mitfühlenden, um nicht zu sagen heißblütigen Gemütseinstellung. Du wirst es
vielleicht nicht glauben, aber du bist die einzige, die ich kenne.«
»Zuviel der Ehre«, sagte sie
bissig.
»Die Rolle der Mitfühlenden ist
wohl nicht vorgesehen?«
»Nicht hier in diesem Theater«,
sagte sie entschlossen.
»Ich habe heute
abend jemanden erschossen — aus Notwehr«, sagte ich. »Dann habe ich
Magengeschwüre bekommen vor Mühe, dafür zu sorgen, daß meine Notwehr nicht
angezweifelt werden kann. Was sagst du nun?«
»Wenn du Magengeschwüre hast,
dann trink keinen Scotch«, sagte sie scharf. »Außerdem wird das dann deine
Phantasie zügeln.«
»Dein Wettobjekt, Kirkland «, warf ich mit erhobener Stimme ein«, hat sich
irgendwann gestern nacht umgebracht. Wir fanden heute morgen seine Leiche in seiner Wohnung.«
Diesmal wandte sie den Kopf und
blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Ist das
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