GK0125 - Der Hexenclub
Kreidebleich hockte er auf seinem Stuhl. Vor seinen Augen begann sich alles zu drehen, der Schreibtisch, sein Vorgesetzter, das Fenster…
Dean atmete tief durch und schloß die Augen. Allmählich ebbte der Schwächeanfall ab. Nur seine Hände – die zitterten, als stünden sie unter Strom.
Paul Robinson ließ Dean Jagger Zeit, sich wieder zu erholen. Er bot ihm sogar eine Tasse Kaffee an, doch Dean schüttelte den Kopf. Dann sagte er leise: »Gut, Mister Robinson, Sie haben mich in der Hand. Ich habe vorher nicht gewußt, auf was ich mich einließ.«
Robinson lachte. »Ich weiß, danach ist man immer klüger. Aber sagen Sie ehrlich, hat Lukretia Ihnen nicht gefallen?«
»Spielt das jetzt noch eine Rolle?«
»Eine sehr große sogar. Erinnern Sie sich an den Trank? Er bestand aus einer gefährlichen Mischung. Er wird Ihre Sehnsucht wecken, Jagger. Die Sehnsucht nach Lukretia. Ich gebe zu, Sie werden sich im Anfang dagegen auflehnen, aber der Drang in Ihnen wird stärker sein. Lukretia lockt, und Sie werden alles tun, um diese Frau wiederzusehen. Alles, Mister Jagger.«
»Nein! Niemals«, beteuerte Dean Jagger. »Diese verdammte Hexe kann mir gestohlen bleiben, Sie…«
»Beherrschen Sie sich«, sagte Robinson kalt. »Sie können sich darauf verlassen, es wird alles so eintreffen, wie ich es vorausgesagt habe. Aber wenn Sie Lukretia dann sehen wollen, müssen Sie zu mir kommen, denn nur ich weiß, wo Sie sie finden können.« Robinsons letzte Worte hörten sich an wie das Zischen einer Schlange. »Und ich werde Sie auch dann hinführen. Ich bin schließlich kein Unmensch. Nur tue auch ich nicht alles umsonst. Jeder hat seinen Preis.«
»Und welchen soll ich zahlen?«
»Sie werden für mich arbeiten«, sagte Paul Robinson.
Dean Jagger deutete mit dem Zeigefinger auf seine Brust. »Ich verstehe nicht. Ich soll für Sie… Aber ich arbeite doch schon als Ihr Assistent…«
Paul Robinson unterbrach ihn mit einer knappen Handbewegung. »Nicht wie Sie sich das vorstellen, Jagger. Sie werden für mich spionieren, um mal im Klartext zu reden.«
»Nein!« Dean Jaggers Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
Robinson winkte ab. »Das haben schon einige vor Ihnen gesagt. Verlassen Sie sich darauf, Sie werden noch angekrochen kommen. Ich habe Ihnen sogar schon ein neues Aufgabengebiet eingeteilt. Sie werden erst einmal in eine Partei eintreten. In welche, das sage ich Ihnen noch. Dann werden Sie…«
Dean Jagger sprang auf. »Nichts werde ich!« brüllte er. »Nichts! Ich gehe höchstens zur Polizei oder zum Secret Service, damit Ihnen Ihr schmutziges Handwerk gelegt wird.«
»Sie sind zu übermütig, Jagger«, sagte Paul Robinson kalt. »Aber ich halte das Ihrer Jugend zugute. Die Polizei oder die Abwehr werden Ihnen nicht helfen können – und auch nicht glauben. Haben Sie denn Beweise?«
»Die beschaffe ich mir schon noch.«
Paul Robinsons Lächeln war süffisant. »Und wo, wenn ich fragen darf? Wissen Sie überhaupt, wo Sie in der vergangenen Nacht gewesen sind? Sie waren irgendwo in einem Gewölbe. Klar. Aber können Sie auch beschreiben, wo sich das Gewölbe befindet? Und wie ist es gekommen, daß man Sie auf einer Baustelle gefunden hat? Das müssen Sie erst einmal erklären. Nein, mein lieber Jagger, Sie stecken mit drin. Aussteigen können Sie nicht.«
Dean Jagger ballte die Hände zu Fäusten. Noch immer war er puterrot im Gesicht. »Sie werden verstehen, Sir, daß ich unter diesen Umständen nicht weiterarbeiten kann. Wenigstens heute nicht. Ich werde nach Hause fahren.«
»Bitte. Ich hindere Sie nicht daran.« Robinsons Stimme klang glatt und höflich.
Dean Jagger machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Büro grußlos. Er ging in sein Zimmer, packte dort einige Akten zusammen, sagte seiner Sekretärin Bescheid, daß er etwas zu erledigen hätte, und fuhr nach unten.
Sein Morris stand so wie er ihn verlassen hatte auf dem Parkplatz. Dean fingerte die Autoschlüssel aus der Tasche und schloß die Tür auf.
Aufatmend ließ er sich auf den Sitz fallen. Automatisch warf er einen Blick in den Innenspiegel und zuckte wie elektrisiert zusammen.
Aus dem engen Raum zwischen Vorder- und Rücksitz schraubte sich eine Frau.
Es war Lukretia, die Hexe!
***
Dean Jagger hatte plötzlich das Gefühl, von innen her zu vereisen. Weiche Finger strichen über sein Haar, berührten seinen Nacken und verharrten auf den Schultern.
»Kennst du mich nicht mehr, Dean Jagger?« lockte eine leise Stimme. »Du
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