GK201 - Der Hexer von Colombo
vorausfliegen zu lassen, damit ich mich im Haus von Rajasinha umsehen und etwaige Gefahren beseitigen konnte.
Sobald das Haus »sauber« war, würde ich Mimi und Susan nachkommen lassen.
So stellte ich es mir vor, und ich war davon überzeugt, daß ich die beiden Ladies mit ein bißchen Geschick und Diplomatie herumkriegen würde.
Ich klingelte und wartete, wartete und klingelte – nichts. Mimi und Susan straften mich mit Nichtbeachtung. Ich begrub den Klingelknopf noch einmal unter meinem Daumen, und diesmal ließ ich es so lange läuten, daß meine Freundinnen, sollten sie ein Nickerchen machen, auf jeden Fall wach werden mußten.
Noch mal nichts.
Das beunruhigte mich. Aber dann redete ich mir ein, Mimi und Susan würden einen kleinen Spaziergang durch einen der schönen Parks, die es ganz in der Nähe gab, machen. Da ihre alten Beine wohl bald genug vom Gehen haben würden, rechnete ich mir aus, daß die Mädels wohl nicht allzulange von zu Hause fortbleiben würden.
Ich überlegte: Nach Hause fahren und von da in einer halben Stunde anrufen? Oder gleich hier warten?
Immer noch überlegend, setzte ich mich in meinen Wagen. Gedankenverloren drehte ich das Autoradio an. Die fette, watschelnde Frau, die den Bürgersteig entlangkam, sah ich zwar, aber mein Gehirn registrierte sie kaum. Sie war eine Fremde für mich, völlig uninteressant.
Interessant wurde sie erst, als sie am Haus von Mimi und Susan nicht vorbeiging, sondern zum Eingang des Gebäudes einschwenkte. Sofort sah ich die Frau mit anderen Augen an. Plötzlich interessierte mich alles, was sie machte. Sie blieb vor dem Haustor stehen, senkte den Kopf, wodurch ihr Doppelkinn zweimal so dick wurde, kramte in ihrer Handtasche herum, rasselte mit Schlüsseln, schob einen davon – den größten – ins Schloß und drehte ihn mit einer Selbstverständlichkeit herum, als wäre sie hier zu Hause.
Ich war sofort wieder aus meinem Wagen draußen.
Die Dicke schloß in diesem Moment die Tür hinter sich. Nun klingelte ich nicht mehr erfolglos.
Die Frau – sie hatte starke Barthaare am Kinn, eine schwammige Knollennase und freundliche Augen, die mich jetzt mißtrauisch musterten – fragte: »Sie wünschen?«
»Ich bin ein guter Freund von Mimi und Susan«, sagte ich und versuchte die Dicke mit einem Lächeln für mich zu gewinnen.
»Wie ist Ihr Name«, wollte sie wissen.
Ich hoffte, daß Mimi und Susan schon einmal mit der rundlichen Dame über mich gesprochen hatten. Darauf bauend sagte ich: »Anthony Ballard, Madam.«
Jetzt hörte sie auf, mich wie einen Straßenräuber anzusehen. »Ah, Mr. Ballard«, sagte sie, als wüßte sie genau über mich Bescheid. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Freut mich außerordentlich, Sie mal persönlich kennenzulernen. Ich bin Ethel Monks.«
Ich nickte, hörte den Namen zum erstenmal, sagte: »Angenehm.«
»Mimi und Susan sind nicht hier, Mr. Ballard.«
Ich würgte meine Aufregung hinunter und fragte: »Nicht hier… Bezieht sich das auf London? Auf England, Mrs. Monks?«
»Ja«, erwiderte Ethel Monks, und sie nickte mehrmals, wodurch ihr Doppelkinn wie Pudding schwabbelte. »Die beiden haben mich gebeten, ich solle mich während ihrer Abwesenheit um ihr Haus kümmern. Sie sind vor zwei Tagen nach Colombo abgereist. Haben da ein ganz tolles Haus geerbt.«
»Ich weiß«, sagte ich überwältigt. »Ein Tollhaus.«
Mrs. Monks wußte sicher mit diesem Wortspiel nichts anzufangen, und ich nahm mir nicht die Mühe, es ihr auseinanderzusetzen. Mich plagte ein Alptraum, den ich mit offenen Augen träumte. Was ich verhindern wollte, war bereits geschehen: Mimi und Susan Black waren nach Colombo abgereist.
Und schuld daran war – wenn man es genau betrachtete – Lorne Waiss, denn wenn er sich besser am Gaul festgehalten hätte, wäre er nicht heruntergefallen, und ich hätte mit ihm schon viel früher über dieses verfluchte Haus in Colombo reden können…
***
Mimi und Susan sprühten vor Aktivität.
Gleich am ersten Tag hatten sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um aus der »alten Räuberbude«, wie Susan das Gebäude nannte, ein halbwegs wohnliches Heim zu machen. Dazu gehörte vor allem, daß der Schmutz von vielen Jahren beseitigt wurde. Da die beiden alten Damen sich diese Strapaze nicht selbst aufhalsen wollten, bemühten sie einen Reinigungstrupp, der eine Stunde später eintraf, und die Arbeit für sie machte. Zur gleichen Zeit ratterte draußen vor dem Haus der Motorrasenmäher des Gärtners, den
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