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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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Die Welt hörte auf, unter ihren Füßen zu beben. Langsam fand sie wieder zu sich. Mit den Fingern löste sie den Kragen ihres T-Shirts und fächelte sich mit dem Saum etwas Luft zu.
    »Wasser. Ich bin kurz vorm Verdursten.«
    Wortlos erhob er sich und zog den Zwanziger, den er Grimm geklaut hatte, aus der Hosentasche.
    »Warte, ich hole dir was.«
    Camilla leerte den halben Liter Wasser in einem Zug. Die Kälte vereiste ihr Gehirn und raute ihren Hals auf, aber es half.
    Chris setzte seine Wasserflasche ab und betrachtete den restlichen Inhalt. Er teilte sich das Wasser wesentlich besser ein.
    »Du lebst und denkst unwirtschaftlich.« In seinen Augen blitzte Spott.
    »Wieso? Grimm bezahlt doch.« Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen. Schweiß stand auf ihren Lidern. Durch das kalte Wasser reagierte ihr Körper nur noch stärker auf die Sommerhitze. Wenn es unter der Erde schon gefühlte 35 Grad war, wie heiß musste die Sonne erst brennen? Camilla fühlte sich schon wieder ausgedörrt, wenn sie nur darüber nachdachte.
    »Ich rede davon, dass du jetzt aussiehst wie ein Dampfkraftwerk. Mach langsamer. Ich trinke dir das Wasser sicher nicht weg.«
    Camilla nickte verlegen. »Sorry. Ich bin solche Anstrengungen einfach nicht gewohnt.«
    Chris erhob sich und reichte ihr eine Plastiktüte mit einem aufgeweichten Käsebrötchen.
    »Füll mal deinen Bauch.«
    Bisher hatte sie verdrängt, seit dem Vorabend nichts mehr gegessen zu haben. Ihr Magen knurrte. In Christophs Haus lagen die belegten Brote, die sie für ihn gemacht hatte. Wenn sie sich das matschige Brötchen ansah, bereute sie, nicht klüger geplant zu haben. Egal wie traurig der Anblick sein mochte, der Hunger überstieg allen Ekel.
    »Teilen wir?«, fragte sie.
    Chris zuckte mit den Schultern und nickte schließlich. »Gern.«
    Kauend standen sie auf. Chris schlenderte über den weitläufigen Bahnsteig. Ihr fiel auf, dass er sich sehr gründlich umsah. Jeder Zug, der hielt, wurde genau geprüft.
    »Meinst du, sie folgt uns?«
    »Keine Ahnung. Wenn sie mit Grimm in Verbindung steht, weiß er sicher auch bald, wohin wir wollen. Schließlich haben wir uns darüber unterhalten.«
    Camilla seufzte. »Scheiße.«
    Er nickte.
    »Wohin jetzt?«
    Er machte eine unbestimmte Handbewegung. »Komm mit.« Camilla folgte ihm. Der Verkehr überstieg bei Weitem das wilde Treiben in der Station Klosterstraße. Ohne Chris wäre sie in dieser gigantischen Stadt verloren. Auf den U-Bahnplänen versuchte sie nachzuverfolgen, wie sie gefahren waren und wo sie sich gerade befanden. Allerdings war das Netz weitaus umfassender als das Frankfurter. Sie musste hier wohl eher in einer Fläche von Frankfurt, Offenbach und dem halben Taunus zusammen denken. Kopfschüttelnd gab sie auf.
    »Berlin ist echt gruselig in seiner Größe.«
    »Das stimmt.«
    »Selbst die Stationen haben die Größe der Hauptwache in Frankfurt.«
    Chris zuckte grinsend mit den Schultern. »Dazu kann ich kein Statement geben. Ik bin Berlina .«
    »Mit dem Dialekt würdest du in Frankfurt unglücklich.«
    Er blinzelte ihr zu. »Bis heute bin ich nie aus der Stadt hinausgekommen.«
    Sie nickte. »Dachte ich mir. Das alles hier ist ganz ähnlich wie in Frankfurt, nur alles viel größer.«
    Der U-Bahnhof erinnerte sie sehr an die schmuddeligen Stationen in der Innenstadt. Oft fuhr sie mit dem Fahrrad, aber es kam auch nicht selten vor, dass sie Strecken mit der Bahn abkürzte. Der Betonboden war fleckig und feucht. Mächtige, grün gekachelte Säulen trugen die niedrige Decke und billige, rote Bänke schreckten ab, sich zu setzen, wenn man seine Kleidung nicht weiter beschmutzen wollte.
    Viele Menschen strömten die Stufen hinauf. Aus dem Augenwinkel sah Camilla, dass hier auch ein S-Bahnhof existierte. Der Aufbau erinnerte ein wenig an den Frankfurter Hauptbahnhof, in dem auf drei Ebenen Züge abfuhren.
    Chris steuerte unbeirrt die Treppen an und nahm die Stufen mit großen Schritten. Wasser und Brötchen halfen ihr zwar kurz, den Kreislauf in Schwung zu bringen, aber sie stand am Rande der Erschöpfung. Nach wenigen Stufen ließ sie sich mitziehen.
    Sie wusste nicht, woher er trotz aller Belastung und seines Beinahtodes diese Energie nahm. Zusätzlich ging es ihm oft nicht gut. Auch jetzt hörte sie seine Lungen wieder pfeifen. Er stellte für sie fast ein genauso großes Mysterium dar wie Amadeo oder Nathanael.
    Am Ende der Treppe erreichten sie einen weiß gekachelten Flur. Chris schlug den Weg nach rechts

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