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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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zu dieser Zeremonie der Hochsprache. Als erster nahm der gabelbärtige Araber das Wort.
    »Gloriana, die Ischtar auf Erden ist, Göttin von uns allen, deren Namen in vier Weltgegenden geehrt wird und deren Ruhm gefürchtet ist, welche die Sonne ist, unsere Tage zu erleuchten, und der Mond, unsere Nächte zu erhellen, deren Glanz die Sterne verblassen läßt: Wir, Kalif Hassan al Ghafar, Abkömmling der Ersten Könige von Taif und Sanaa, Beschützer der Rechtgläubigen, Vater der Nomaden, Herr der Wüsten, der Flüsse und Seen, Schild gegen die Tataren, Oberherr von Bagdad und den Fünfzig Städten, bringen Euch die Grüße und
    die Glückwünsche unserer Völker.«
    Die Königin erhob sich, nahm das Zepter, das Una ihr reichte, und hob es, als wollte sie den Großkalifen damit segnen. »Albion heißt Euch willkommen, großer König. Eure Anwesenheit bei unseren Festlichkeiten ist uns eine große Ehre.« Sie setzte sich wieder, und der König von Polen, der unterdessen an seinem Umhang gezupft und gezogen hatte, daß ihm das Haar ins Gesicht gefallen und die sorgfältig ausgekämmten Wellen des Bartes durcheinandergeraten waren, zwinkerte wie in nervöser Benommenheit und bewegte dazu lautlos die Lippen. »Ah …«, begann er endlich. »Euer Majestät.«
    In Hassan al Ghafars Augen glomm unter den halbgeschlossenen Lidern eine Andeutung von erheiterter Geringschätzung über das konfuse Verhalten seines Rivalen.
    »Zunächst möchte ich Euch – oder Euren Leuten – für meine Rettung danken. Ich bin Euch zu tiefem Dank verpflichtet. Es war einfältig von mir, diesen Halunken zu vertrauen. Ich bedaure die Schwierigkeiten, die ich verursachte …«
    »Nicht der Rede wert«, murmelte die Königin. »Aber gibt es keine formale Begrüßung, Euer Majestät?«
    Sein Lächeln dankte ihr für den Wink. »Euer Majestät, Königin Gloriana: Grüße aus Polen.« Er runzelte die Stirn und mußte sich besinnen. »Ich bin – Wir sind Kasimir, König von Großpolen, König von Skandinavien und den Ländern des Baltikums bis zum Schwarzen Meer. Großer Zeus! So ist es. Nun, natürlich ist das Land heutzutage eine Republik oder eine Union von Republiken. Aber ich diene meine Amtszeit als Symbol ab. O je, ich hatte einen Ring, den ich Euch überreichen wollte. Und andere Geschenke …« Er sah sich um. »Wo sind die Geschenke? Es war ein schöner Ring … Ich hatte wirklich nicht erwartet, so in der Öffentlichkeit erscheinen zu müssen. Bin kein Freund von Zeremoniell. Aber die Geschenke …?«
    Der Kalif schnippte mit den Fingern, und turbantragende Knaben in orientalischer Tracht trugen seine Gastgeschenke herbei. Gloriana betrachtete die üblichen Kostbarkeiten (einschließlich einer goldenen Halskette mit Karneolen) und nahm sie mit rituellem Dank entgegen, während der König von Polen aufgeregt auf seinen Adjutanten, den alten Grafen Korzeniowski, einredete und ihn auf einen Botengang schickte. »Zu den Gastgeschenken gehören auch mehrere Elefanten, Euer Majestät«, sagte der Kalif feierlich, »doch hielten wir es nicht für ratsam, sie auf das Eis zu bringen.«
    Die Königin und Una lächelten bei der Vorstellung, wie ein halbes Dutzend Dickhäuter in das Eis einbrechen und den gesamten Hofstaat mit sich in die eisigen Fluten reißen würden. Nachdem die Bedienten des Kalifen gegangen waren, sah auch Kasimir von Polen, wonach er unruhig Ausschau gehalten hatte, und winkte heftig. »Aha!« Eine weitere Prozession näherte sich, diesmal bestehend aus in Pelze gehüllte Lakaien mit wertvollen Ikonen und schön gearbeiteten Schmuckstücken, denen zwar die Pracht der Geschenke des Kalifen fehlte, die jedoch das Merkmal künstlerischer Vollkommenheit trugen. »Einige Dinge fehlen, Majestät, aber nicht viele. Wir hatten noch Glück im Unglück.« Er suchte unter seinem Mantel. »Aber da war noch ein Ring mit einem Rubin. Ihr möchtet ihn freilich gewöhnlich finden, aber ich hatte gehofft … Wie auch immer, verzeiht mir, wenn ich Anlaß zu Ärgernis gebe, aber heutzutage gibt es in Polen nicht mehr viele formale Zeremonien …«
    »Die Geschenke sind wunderschön, König Kasimir.«
    »Das sind sie auch, nicht? Aber der Ring … Und da waren
noch die feinen Stoffe aus Wien. Sind die gekommen? Bei den
Göttern, ja, der Ring … Er ist verloren!«
»Die Strandräuber?« murmelte Gloriana.
    »Die Schurken! Das schönste von all meinen Geschenken.«
    »Wir werden den Anführer fangen, seid unbesorgt«, ver
    sprach sie.
    Lord

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