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Glück, ich sehe dich anders

Glück, ich sehe dich anders

Titel: Glück, ich sehe dich anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Ahrens
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klarer, dass wir uns von einigen Menschen lösen mussten, wie auch einige nicht mehr mit uns befreundet sein konnten. Aber wir gewannen auch neue Menschen hinzu, mit denen wir uns sehr gut ergänzten. Die wenigen vertrauten Verwandten und Freunde um uns herum waren so wertvoll, mehr brauchten wir nicht.
    Ich schaffte es, die Termine mit den Kindern einigermaßen gut zu regeln, war dabei aber auf die Unterstützung von meinem Mann angewiesen. Das bedeutete, dass weder ich noch Rolf ausgiebig Zeit für Hobbys hatten. Mein Mann etwa spielte gelegentlich in seinem Heimatdorf in einem Fußballverein. Die Belange unserer Kinder vereinnahmten auch ihn so sehr, dass es ihm manchmal unmöglich war, seinen Sport ausreichend und regelmäßig auszuüben. Das wöchentliche Fußballtraining und die Spiele am Wochenende stahlen uns Zeit, die wir dringend für Kinder, Arbeiten am Haus oder im Garten benötigten. Es gab eigentlich immer etwas zu tun. Dass Rolf dann immer häufiger am Training und an den Spielen nicht mehr teilnahm, stieß bei vielen seiner Sportfreunde auf Unverständnis. Uns persönlich gegenüber äußerten sie, sie würden es bewundern, wie wir die Sache mit unseren Kindern meistern. Hintenherum erfuhren wir, dass sie mich dafür verantwortlich machten, dass Rolf den Sport anscheinend aufgab. Ich hörte von den Freundinnen einiger Spieler, dass die Männer sich ausgiebig darüber unterhielten und meinten, ich habe Rolf das Fußballspielen verboten. Aber ein Mann brauche seinen Freiraum in einer Ehe.
    Ich war wütend und gekränkt über diese Äußerungen. Diese Leute hatten doch gar keine Ahnung, was bei uns zu Hause los war? Wir lebten nicht in einer »stinknormalen« Ehe. Keiner von ihnen hatte überhaupt das Recht, uns mit sich oder anderen zu vergleichen. Wussten die überhaupt, wie sehr ich mit meinen Nerven oft am Ende war und das s ich deshalb jede Hilfe von Rolf benötigte, auch wenn er noch so hart arbeitete?
    Oftmals erschienen wir nicht zu Einladungen. Ging Rolf auf ein Bier allein zu Bekannten und brach dann aber schon bald wieder auf, um für seine Familie da zu sein, hieß es, er bekäme von mir wohl eine Uhrzeit gesagt und hätte nur kurz Ausgang.
    Rolf war aber vielleicht auch selbst ein wenig daran schuld, dass die anderen sein Verhalten falsch deuteten. Er hatte es nie auf den Punkt gebracht, weshalb er an gewissen Aktivitäten oder Veranstaltungen nicht mehr so teilnehmen konnte wie früher. Vielleicht hätte er den anderen mehr erklären müssen.

NEID
    I ch lernte in einer Spielgruppe für behinderte und nicht behinderte Kinder eine Mutter kennen, die mehrere gesunde Kinder hatte. Sie zeigte vom ersten Tag an ein großes Interesse an unseren Kindern und hatte immer ein offenes Ohr für mich.
    Ich konnte ihr alle meine Sorgen erzählen und berichtete ihr auch von dem Ärger mit den Behörden, deren Mitarbeitern wir die aufwändige Pflege der Kinder nicht ausreichend glaubhaft machen konnten, sodass wir keine nennenswerte und der Pflege entsprechende Entschädigung vom Staat erhielten. Die Bekannte stand mir eine ganze Weile mit Rat und Tat zur Seite.
    Als ich ihr eines Tages berichtete, dass wir endlich einiges an finanzieller Hilfe von den Behörden bekommen würden, wollte sie exakt die genauen Beträge wissen. Und als sie dann hörte, was uns zustand, fing sie plötzlich an, unsere Kinder mit ihren zu vergleichen. Sie war der Ansicht, dass Loreen sich sehr gut entwickelt hatte, und ihr Blick sagte mir, dass sie der Auffassung war, unsere Kleine mache nicht mehr Arbeit als andere Kinder in dem gleichen Alter. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Unsere intensiven Bemühungen und die Therapien, die tägliche Krankengymnastik, die Geduld und Fürsorge, die wir aufbrachten, waren doch gerade für Loreens gute Entwicklung verantwortlich. Solchen Aufwand musste diese Mutter bei ihren Kindern mit Sicherheit nicht durchführen. Alles, was ich tagtäglich leistete, sollte nicht belohnt werden? Ich war gekränkt über ihre Vergleiche, denn ihr kleinster Sohn konnte im Alter von acht Monaten schon an einem Keks knabbern und die Nuckelflasche allein festhalten. Loreen musste in dem Alter noch wie ein Baby gefüttert werden. Der kleine Knirps saß im Alter von zehn Monaten aufrecht in seinem Kinderwagen und biss von einem Würstchen ab, während Loreen im gleichen Alter noch nicht einmal den Unterarmstütz beherrschte und wie ein Säugling im Kinderwagen lag. War diese Frau etwa neidisch? Auf was denn

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