Glückskekssommer: Roman (German Edition)
Jetzt kichert sie auch.
Wir schauen uns an, tropfnass und dreckig, und kriegen uns nicht mehr ein. Gerade wollten wir uns noch die Köpfe einschlagen, jetzt stehen wir Arm in Arm im verwüsteten Salon von Margret Sonnemann und winden uns in Lachkrämpfen.
Da klingt die Glocke an der Eingangstür – eine schönes altes Stück, das ich bei meinen Aufräumarbeiten entdeckt und vorhin angebaut habe. Der Glockenklang übertönt das Quietschen der alten Tür.
»Ähm, bin ich hier richtig im Schneidersalon Sonnemann?«
Ich fasse es nicht. Da steht der Hausmeister-Doc!
»Nein!«, schreie ich und verstecke mich hinter Vicki. Das ist allerdings sinnlos, da ihre Figur der einer Bohnenstange ähnelt. Haben Bohnenstangen eigentlich eine Figur? Na ja, egal jetzt!
»Ja«, ruft Vicki, die anscheinend unsere frisch gewonnene Harmonie direkt wieder kaputtmachen will.
Na gut, andererseits kann sie nicht wissen, dass der nett aussehende Typ ein Stalker ist und neuerdings überall auftaucht, wo ich auch gerade bin. Woher weiß er denn jetzt schon wieder, wo ich arbeite? Ja, na klar, meine liebe Freundin Lila hat es ihm gesteckt. Na warte, Süße!
»Was ist denn mit euch los? Habt ihr zu Hause kein Badezimmer?«, fragt er. Er setzt mal wieder sein freches Grinsen auf. Bei Regen trägt selbst er keine Sonnenbrille und ich finde (leider!), dass er umwerfend aussieht, wenn er lacht. Ich gebe seufzend meine unvollkommene Deckung auf.
»Und hast du keinen anderen, den du verfolgen kannst?«, motze ich.
»Ah, ihr kennt euch«, folgert Vicki messerscharf.
»Ja«, sagt er.
»Nein«, sage ich.
»Klarer Fall«, sagt Vicki.
»Ihr habt ein Problem«, stellt der Doc fest.
Er guckt sich im Chaossalon um, worauf Vicki und ich direkt wieder zu lachen beginnen.
»Na, wenigstens seid ihr gut drauf. Ich will euch ja nicht weiter beunruhigen. Also lacht ruhig weiter. Aber während ihr hier Spaß habt, rufe ich mal einen Notdienst an, der so schnell wie möglich das Loch in der Wand schließt.«
»In Ordnung«, prustet Vicki.
»Das Loch, das ich hineingerissen habe. Uaahh!«, jubele ich und zeige meinen nicht vorhandenen Bizeps.
Die Augen des Docs kleben allerdings ein Stück weiter in meiner Körpermitte an meinem nassen T-Shirt fest. Ich lasse rasch die Arme sinken.
»Ist das dein Laden hier?«, fragt er und guckt sich neugierig um.
»Nein«, sage ich. Plötzlich vergeht mir das Lachen. Du lieber Himmel! Was ist denn in mich gefahren? Ich habe die Werkstatt meiner Chefin vernichtet, die alt, arm und lungenkrank ist und statt mich reumütig in die Spree zu stürzen, stehe ich hier und lache mich schlapp. Vicki ist das Grinsen auch vergangen.
»Los, lass uns sauber machen!«
Der Hausmeister-Doc redet unterdessen energisch in sein Handy.
Draußen versiegen langsam die Himmelsströme. Ein winzig kleiner Sonnenstrahl bricht sich seine Bahn durch die Wolken und – ja!!! – scheint durch die Fensterscheibe in die Werkstatt. Ich könnte heulen, so schön sieht das aus. Die Regentropfen auf der Scheibe glitzern wie tausend kleine Diamanten. Überirdisch!
Schon eine halbe Stunde später hält ein Klempnerauto vor der Tür. Der Typ im Blaumann macht sich flugs an die Arbeit. Vicki, der Doc und ich wischen den Fußboden, räumen auf, machen alles sauber und positionieren eine Art Riesenfön, den der Klempner mitgebracht hat, so, dass er in ein paar Stunden die feuchte Fensterfront getrocknet haben sollte.
Ich habe keine Ahnung, warum. Aber mitten in all dem Chaos, verstrubbelt und in durchgeweichten, schmutzigen Klamotten, fühle ich mich plötzlich glücklich!
Zwischendurch steckt Jens seinen Kopf in die Tür, schaut irritiert auf das Durcheinander und lächelt belustigt, als er uns drei auf dem Boden knien und wischen sieht.
»Kommt ihr nachher auf einen Cocktail rüber?«, lädt er uns ein. »Ich glaub, den könnt ihr gut vertragen.«
Das glaube ich auch, aber mit einem Blick auf meine dreckigen Klamotten schüttele ich den Kopf. Wir würden die schönen Samtpolster auf meiner Lieblingscouch im ›Schraders‹ total einsauen.
»Du kannst was von mir haben«, sagt Vicki, die meinen Blick bemerkt hat. »Mein Auto steht vor der Tür. Halbe Stunde, dann bin ich mit Klamotten wieder hier.«
Zweifelnd schaue ich sie an. Ich schätze, sie trägt Größe 32. Da passe ich mit meiner Größe 36 auch mit eingezogenem Bauch nicht rein.
»Ich habe ein Kleid aus Indien«, sagt Vicki zwinkernd und grinst frech. »Es hat ungefähr das
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