Glücksspiel der Liebe
wetten?«
Sie dachte kurz nach. »Einhundert Pfund.«
»Wie bitte? Einhundert Pfund?«
»Eine hervorragende Gelegenheit, den Grundstock für mein Vermögen zu legen. Und Sie können es sich doch leisten, einhundert Pfund zu verlieren.«
»Dennoch, Sie haben doch gar keine einhundert Pfund. Was bekomme ich, wenn Sie verlieren?«
»Ich werde nicht verlieren.« Sie lächelte.
»Dann wäre es doch töricht von mir, auf diese Wette einzugehen.«
Sie zuckte die Achseln. »Wie Sie möchten.«
»Wenn ich die Wette annehme, dann möchte ich einen Einsatz sehen, nur für die abwegige Möglichkeit, dass Sie verlieren könnten.«
»Ich habe wirklich wenig zu bieten.« Sie deutete auf die ausgebreiteten Zeichnungen. »Meine Arbeit natürlich. Meine sehr ansehnliche Garderobe.« Sie lächelte wieder. »Ich habe wirklich etwas übrig für hübsche Kleider, besonders für französische.«
»Ich habe so viele französische Kleider, wie ich benötige, vielen Dank.«
»Ich besitze auch etwas Schmuck.«
»Schmuck trage ich ebenfalls nicht.«
»Was möchten Sie dann von mir haben, wenn ich verliere? Was nicht passieren wird.«
»Ich weiß auch nicht. In Anbetracht Ihrer begrenzten finanziellen Mittel sollte es etwas Schlichtes sein, denke ich.« Ein verschmitztes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Ein Kuss dürfte reichen.«
»Ein Kuss?« Sie wirkte überrascht, obwohl sie sich das hätte denken können. »Von einer Frau, die Sie auf keinen Fall heiraten möchten?«
»Ein Kuss hat nichts mit der Ehe zu tun. Sonst müsste ich schon ein Dutzend Mal verheiratet sein.«
»So wie ich.« Sie zog nonchalant die Schultern hoch. »Jedoch haben wir uns bereits geküsst. Zweimal, wenn ich mich recht erinnere.«
»Aber das geschah unter Vorspiegelung falscher Tatsachen.«
»Stimmt ja. Ich dachte, Sie würden mich heiraten, und Sie hielten mich für eine Dir...«
»Eine Schauspielerin«, unterbrach er rasch. »Eine sehr talentierte Schauspielerin. Und diese Küsse waren Teil eines Irrtums und zählen daher nicht. Wenn man es in diesem Licht betrachtet, haben wir uns überhaupt noch nicht geküsst.«
Fiona verengte die Augen. »Ach nein?«
»Nein. Und ein erster Kuss mit Ihnen könnte durchaus einhundert Pfund wert sein.«
»Ein einfacher Kuss, einhundert Pfund?« Sie lachte hell. »Ich fühle mich geschmeichelt.«
»Das ist kein einfacher Kuss. Es wäre ein erster Kuss und daher von größter Bedeutung.« Seine Stimme klang ernst, doch in seinen Augen lag ein Zwinkern. »Wer weiß schon, was aus einem ersten Kuss alles entstehen kann.«
»Sie sind ein charmanter Teufel, Jonathon.« Und auch ein gefährlicher. Dennoch konnte es wohl kaum viel Schaden anrichten, sollte sie etwas auf seine kleinen Neckereien eingehen. »Dann gilt die Wette also?«
»Die Wette gilt .« Er strich mit großer Geste über die Zeichnungen. »Geben Sie Ihr Bestes, Fiona. Erfinden Sie eine Geschichte.«
»Sehr gern.« Sie umrundete den Tisch. »Bevor Sie Ihre Wanderung durch den Raum aufnahmen, erwähnten Sie etwas von einer griechischen Sage. Etwas Klassisches.«
»Das schien mir gut zu der, sagen wir mal, spärlichen Bekleidung und den Hintergründen zu passen.«
»Möglich.« Sie baute sich vor dem Tisch auf und bemühte sich um einen frischen Blick auf die vertrauten Zeichnungen. Als sähe sie sie zum ersten Mal.
Die meisten Figuren waren in unterschiedlichen Sitzungen gezeichnet, oder zumindest begonnen wurden. Danach wurden sie in weiteren Unterrichtsstunden vollendet, oft in Abwesenheit der Modelle. Für manche der etwas komplizierteren Anordnungen mit mehreren Figuren waren mehrere Sitzungen mit den Modellen erforderlich gewesen. Abgesehen von dem Mangel an Bekleidung und vielleicht noch den Hintergründen gab es kein spezielles Thema, das die Arbeiten verband. Zum ersten Mal versuchte Fiona, die Bilder als Ganzes zu begreifen anstatt lediglich als Einzelstücke. Als wollten sie eine Geschichte erzählen.
»Also?«, forderte Jonathon auf. »Gar nicht so einfach, was?«
»Ich fange ja gerade erst an«, murmelte sie.
Er hatte allerdings Recht damit, dass eine Sage sich anböte. Die Figuren wie auch ihre Umgebung, die nur mit wenigen Strichen angedeutet und absichtlich vage gehalten war, verlangten nach eben einer solchen Geschichte. Die nackten Menschen saßen auf Steinbänken, lehnten an Marmorsäulen oder hatten sich neben Springbrunnen niedergelassen. Wenn man die Bilder als Illustrationen betrachtete, nahm in der Tat eine
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