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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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dessen Geschmack er noch sehnsuchtsvoll in Erinnerung hatte.
    Er beugte sich näher zu ihr.
    Miss Tarabotti gab ihm eine verbale Ohrfeige. »Lord Maccon! Sie vergessen sich!«
    Was haargenau, so dachte Lord Maccon, das Problem war. Er ließ ihre Handgelenke los und spürte, wie der Werwolf zurückkehrte: diese Kraft und die verstärkten Sinne, die ein unvollständiger Tod ihm vor all diesen Jahrzehnten geschenkt hatte. »Die Vampire werden Ihnen nicht vertrauen, Miss Tarabotti. Sie müssen verstehen: Sie glauben, dass Sie ihr natürlicher Feind sind. Sind Sie mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen vertraut?« Er kramte auf seinem Schreibtisch herum, zog ein kleines wöchentliches Nachrichtenflugblatt hervor und reichte es ihr. Der Leitartikel trug den Titel:
    DIE GEGENGEWICHTSTHEORIE, WIE IM GARTENBAU ANGEWENDET.
    Verständnislos blinzelnd starrte Alexia den Artikel an. Sie drehte das Blatt herum: Herausgegeben von der Hypocras Presse . Das war auch keine Hilfe.
    Sie kannte die Gegengewichtstheorie natürlich. Tatsächlich fand sie deren Grundsätze prinzipiell richtig.
    »Die Gegengewichtstheorie vertritt die wissenschaftliche Vorstellung, dass jede gegebene Kraft ein ihr eigenes Gegengewicht hat. Zum Beispiel gibt es für jedes natürlich vorkommende Gift ein natürlich vorkommendes Gegengift, für gewöhnlich sogar in der unmittelbaren Nähe. Ungefähr so, wie auf die Haut aufgetragener Saft aus zerdrückten Brennnesselblättern das Brennen der Nesseln lindert. Was hat das mit mir zu tun?«
    »Nun, Vampire glauben, dass Außernatürliche ihr Gegengewicht sind. Das heißt, Ihre elementare Bestimmung, Miss Tarabotti, ist es, sie zu neutralisieren.«
    Nun war Alexia an der Reihe, verächtlich zu schnauben. »Das ist ja absurd!«
    »Das Erinnerungsvermögen von Vampiren reicht sehr weit zurück, meine Liebe. Weiter noch als das von uns Werwölfen, denn wir kämpfen zu oft untereinander und sterben Jahrhunderte zu früh. Als wir Übernatürlichen uns im Schatten der Nacht verbargen und Jagd auf die Menschen machten, waren es Ihre außernatürlichen Vorfahren, die wiederum uns jagten. Es war eine gewalttätige Art von Gleichgewicht. Die Vampire werden Sie immer hassen und Geister Sie immer fürchten. Wir Werwölfe sind uns in dieser Hinsicht uneins. Für uns ist die Metamorphose teils ein Fluch, der uns zwingt, uns einmal im Monat zur Sicherheit aller anderen einsperren zu lassen, und manche von uns sehen Außernatürliche als Heilmittel gegen diesen Fluch. Es gibt Geschichten von Werwölfen, die sich selbst zu Haustieren degradierten und ihre Artgenossen jagten, als Gegenleistung für die Berührung eines Außernatürlichen.« Angewidert verzog er das Gesicht. »Seit dem Zeitalter der Vernunft, als die anglikanische Kirche mit Rom brach, kennen wir das Konzept der in unterschiedlicher Stärke zugeteilten Seele. Doch neue wissenschaftliche Erkenntnisse wie etwa diese Theorie lassen bei den Vampiren alte Erinnerungen wieder aufleben. Sie nennen Außernatürliche aus gutem Grund Seelensauger , und Sie, Miss Tarabotti, sind die Einzige, die in dieser Gegend registriert ist. Und Sie haben gerade erst einen Vampir getötet.«
    Miss Tarabottis Miene war ernst. »Ich habe Countess Nadasdys Einladung bereits angenommen. Es wäre unhöflich, sie jetzt noch auszuschlagen.«
    »Warum müssen Sie nur immer so schwierig sein?«, fragte Lord Maccon in frustrierter Verzweiflung.
    Alexia lächelte breit. »Keine Seele?«, schlug sie vor.
    »Kein Verstand!«, korrigierte der Earl.
    »Wie dem auch sei …« Miss Tarabotti erhob sich. »Irgendjemand muss herausfinden, was vor sich geht. Wenn Westminster etwas über diesen toten Vampir weiß, dann beabsichtige ich herauszufinden, was. Lord Akeldama war der Meinung, dass die Vampire erfahren wollen, wie viel wiederum ich über die Sache weiß, ob es vielleicht sogar mehr ist, als sie wissen.«
    »Lord Akeldama schon wieder.«
    »Ich vertraue auf seinen Ratschlag, und er findet meine Gesellschaft amüsant.«
    »Nun, irgendjemand muss das ja wohl.«
    Brüskiert schnappte sich Miss Tarabotti ihren Messingsonnenschirm und machte Anstalten zu gehen.
    Lord Maccon hielt sie auf, indem er fragte: »Warum sind Sie nur so interessiert an dieser Angelegenheit? Warum wollen Sie sich unbedingt einmischen?«
    »Weil jemand gestorben ist, und zwar durch meine Hand«, antwortete sie bedrückt.
    Lord Maccon seufzte. Sicherlich würde er irgendwann auch einmal ein Streitgespräch mit dieser

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