Gnadentod
Obszöne Sachen, er hat sich über Lehrer und andere Autoritätsfiguren lustig gemacht, hat aber nie für die Schulzeitung oder so etwas gearbeitet. Sich nie irgendwo eingegliedert.«
Er nahm einen großen Schluck von seiner Cola. »Während Sartins Immatrikulation am Rocky Mountain CC verschwanden zwei Studentinnen. Eine wurde schließlich in den Bergen gefunden, tot, sexuell missbraucht und verstümmelt. Der Verbleib der anderen jungen Frau ist nach wie vor ungeklärt. Das war das erste Mal, dass Grant Rushton/Mitchell Sartin die Aufmerksamkeit der Gesetzeshüter auf sich zog. Er war eine von mehreren Personen, die die Polizei in Denver verhört hat, weil man ihn mit einer der Studentinnen am Tag vor ihrem Verschwinden in der Kantine des Colleges hatte reden sehen. Aber es war nur eine Routinevernehmung, und es gab keinen Grund zu einer weiteren Überprüfung. Sartin schrieb sich nicht wieder ein, sondern verließ die Stadt. Er verschwand.«
»All das passierte innerhalb von zwei Jahren nach dem Highschool-Abschluss?«, fragte ich. »Er war also erst zwanzig?«
»Korrekt«, sagte Fusco. »Frühreifer Bursche. Die nächsten paar Jahre sind wieder ziemlich verschwommen. Ich kann es nicht beweisen, aber ich weiß, dass er ein Jahr später nach Syracuse zurückgekehrt ist, um seine Großmutter zu besuchen. Obwohl sich niemand daran erinnert, ihn gesehen zu haben.«
»Der Großmutter ist etwas zugestoßen«, sagte Milo. Fuscos Lippen verzogen sich. Er fuhr sich mit einer Hand über sein üppiges weißes Haar. »In einem dieser Winter in Syracuse fuhr Großmutter mit ihrem Wagen spät in der Nacht gegen einen Baum an der Landstraße und flog durch die Windschutzscheibe. Ihr Blutalkoholspiegel war gerade über der Grenze, und auf dem Beifahrersitz lag eine leere Brandyflasche. Als man ihre Leiche fand, war sie bereits steif gefroren. Es bestand eigentlich kein Grund zu der Annahme, dass es sich um etwas anderes als einen Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss handeln könnte, bis auf die Tatsache, dass Großmutter sonst nur innerhalb der eigenen vier Wände trank, nachts niemals das Haus verließ und ganz selten Auto fuhr. Niemand hatte eine Erklärung dafür, weshalb sie sich während eines Schneesturms in ihren Wagen gesetzt hatte oder warum sie draußen in der finsteren Provinz war, gut zwanzig Kilometer von ihrem Haus entfernt. Und niemand ist auf die Idee gekommen, sich zu fragen, warum bei dieser Art von Aufprall die Flasche einfach so auf dem Sitz liegen bleiben sollte. Irma Huie hatte keinen großen Nachlass - ihr Haus war gemietet, und sie hatte kein Bankkonto. Die Polizei fand keinerlei Geld, nicht einen Cent in der Plätzchendose. Was ich recht seltsam finde, denn sie hat eine Pension von ihrem Mann bezogen und Geld von der Sozialversicherung bekommen, und ihr Vermieter sagte, sie hätte immer Bargeld gehabt, er hätte Geldscheinbündel gesehen, die von Gummibändern zusammengehalten worden seien. Ein Jahr später tauchte Mitchell Sartin als Michael Ferris Burke auf und immatrikulierte sich an der City University von New York als Medizinstudent im zweiten Jahr. Er legte eine Abschrift von der Michigan State University vor - die sich später als gefälscht herausstellte -, in der ein Studienjahr mit einem Notendurchschnitt von 3,8 nachgewiesen wurde. Die CUNY hat es ihm abgekauft. Burke gab sein Alter mit sechsundzwanzig an - damit es zu den statistischen Angaben einer anderen Identität passte, die er sich besorgt hatte, diesmal von einem toten Baby in Connecticut. Aber in Wahrheit war er erst zweiundzwanzig.«
»Er hat sich also etwas Zeit mit Grandmas Geld gekauft?«, fragte ich. »Aber er hat keinen Versuch unternommen, einen Anspruch auf die Pension oder das Geld von der Sozialversicherung zu erheben.«
»Er weiß, wann es gilt vorsichtig zu sein«, sagte Fusco. »Aus diesem Grund gibt es Zeitabschnitte in seinem Leben, die ich einfach nicht abdecken kann, und eine Menge von dem, was ich Ihnen erzählen werde, beruht auf Theorien und Vermutungen. Aber habe ich bis jetzt irgendetwas gesagt, Doktor, das von einem psychologischen Standpunkt aus keinen Sinn ergibt?«
»Fahren Sie fort«, sagte ich.
»Lassen Sie mich etwas weiter zurückgehen. Im Lauf des Jahres zwischen Irma Huies Tod in Syracuse und Michael Burkes Immatrikulation an der CUNY kommt es an zwei Orten gehäuft zu Verstümmelungsmorden, die eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu den Details im Fall des Opfers in Denver aufweisen. Die erste
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