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Go West - Reise duch die USA

Go West - Reise duch die USA

Titel: Go West - Reise duch die USA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rau Sandy und Gina
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Rucksack in der Haupthalle zünden oder eben in der Menschenschlange vor der Sicherheitskontrolle.
    Als die kleine blau-weiße Fähre ablegte, verscheuchte ich die Gedanken und genoss die Überfahrt. Wir fuhren dicht an der Freiheitsstatue vorbei und ließen sie auf uns wirken.
    »Können wir auf dem Rückweg aussteigen und in die Krone klettern?«, fragte Sandy.
    »Ich weiß gar nicht, ob von Ellis aus eine Fähre bei der Freiheitsstatue anlegt«, überlegte Liz. »Außerdem kann man im Moment nicht nach oben, da sie wieder mal die Treppe sanieren. Und wir schaffen heute nicht alles. Vielleicht könnt ihr morgen noch mal herkommen.«
    »Macht nichts«, sagte ich. »Sie wirkt sowieso am meisten, wenn man sie von Weitem sieht.«
    »Du kannst dir ja in China Town eine aus Plastik kaufen!«, schlug unsere Freundin lachend vor.
    Als Ellis Island näher rückte, war ich überrascht vom Anblick des großen Gebäudekomplexes. Das Ganze sieht aus wie ein kleines Schloss, selbst Türmchen besitzt das »Auffanglager«!
    »Das glaub ich nicht!«, entfuhr es Sandy. »Das sieht ja aus wie Cinderellas Castle ! Werden hier die Ankömmlinge wie Könige behandelt?«
    »Nein«, erwiderte Liz amüsiert. »Wart erst mal ab, wie es von innen aussieht! Aber es sollte ja auch kein Gefängnis sein. Keine Ahnung, warum sie das so verschnörkelt gebaut haben. Wir können ja fragen.«
    Es sind nur drei Meilen von der Anlegestelle in Manhattan bis Ellis Island , und so verloren wir mit diesem Abstecher nicht allzu viel Zeit. Der Ausflug nach Ellis lohnt sich allemal. Wir schlossen uns einer Führung an und tauchten ein in die alte Zeit. Liz hatte recht behalten. Als wir den registration room betraten, verflog der Eindruck eines Schlosses auf der Stelle. Der gigantische Raum mit den Ausmaßen einer Sportarena hat nichts Romantisches an sich. Und dieser Eindruck sollte sich durch die Worte unserer Führerin noch verstärken.
    »Über diese Insel wurden etwa zwölf Millionen Einwanderungswillige geschleust. Die Erste, die sich der Befragung und Untersuchung unterziehen musste, war ein irisches Mädchen namens Annie Moore, das ausgerechnet an jenem Tag ihren fünfzehnten Geburtstag feierte.«
    »Zwölf Millionen …«, flüsterte ich ungläubig.
    »Ja, das kann man sich heute kaum vorstellen.« Die Führerin besaß gute Ohren. »Aber was ich noch viel interessanter finde, ist, dass sehr viele der heute lebenden Amerikaner Vorfahren haben, die über Ellis Island eingereist sind. Auch mein Urgroßvater war in diesem Raum. Etwa vierzig Prozent der heute lebenden Amerikaner stammen von Einwanderern ab, die hier registriert wurden.«
    »Mussten die auch schon so viele Formulare ausfüllen wie heute?«, erkundigte sich Sandy.
    Die Frau lächelte. »Na, ich glaube, daran hat sich nicht viel geändert. Aber früher wurden schon mal Ausnahmen gemacht, wenn die Papiere nicht vollständig waren. Schließlich war unser Land dabei, sich aufzubauen, und brauchte die Menschen.«
    »Und heute baut ihr einen Zaun, um Mexikaner abzuhalten«, murmelte ich. Zum Glück hatte sie mich nicht gehört, denn wer weiß, wie die Diskussion ausgegangen wäre.
    »Es gab auch Menschen, die zurückgeschickt oder in andere Länder weitergeschickt wurden. Wer krank war oder sich auffällig verhalten hat, wurde mit Kreide markiert.«
    Mir lag schon wieder eine Bemerkung auf der Zunge, aber ich schluckte sie runter. Das war halt damals so. Andere Zeiten, andere Sitten.
    »Aber achtundneunzig Prozent aller Menschen wurden aufgenommen.«
    Das wiederum beruhigte mich. Zumindest, bis Liz ihren Senf dazugab. »Dann wurden zweihundertvierzigtausend wieder zurückgeschickt und sind nie Amerikaner geworden.«
    Für einen Moment war unsere Führerin sprachlos. Aber dann überspielte sie diesen Fakt. »Ellis ist etwa zwanzig Hektar groß. Man muss sich vorstellen, dass in dem Jahr mit der höchsten Einwanderungszahl mehr als 1,2 Millionen Menschen hier nicht nur abgefertigt, sondern auch versorgt werden mussten. Ein sehr trauriges Kapitel ist der Tod von etwa dreitausend Menschen. Doch sie starben nicht aufgrund der Zustände hier, sondern hauptsächlich wegen der katastrophalen Umstände ihrer Überfahrt. Oft wurden sie wie Vieh in nur anderthalb Meter hohen Kajüten zusammengepfercht. Und wenn jemand krank war, dauerte es nicht lange, bis sich fast alle Mitreisenden angesteckt hatten.«
    Sie sah in unsere betroffenen Gesichter. »Aber es gibt auch die andere Seite. Dreihundertfünfzig Kinder

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