Götterbund (German Edition)
auch wenn es mir unwahrscheinlich erschien. Ich wollte deine Zuversicht nicht trüben. Und bitte glaub mir, dass auch ich hoffte, dass sich alles zum Guten wenden würde.“
Der alte Mann seufzte. Langsam wandte er sich ab. „Ich weiß, dass du das immer hoffst, Malyn. Doch Hoffnung allein ändert äußerst selten etwas.“
Zuerst wusste Yanna nicht, was sie geweckt hatte. Verschlafen blinzelte sie ins Dunkel, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Wange spürte. Erschrocken zuckte sie zusammen.
„Scht“, machte eine bekannte Stimme und strich ihr liebevoll übers Haar.
„Großvater“, hauchte Yanna. Langsam beruhigte sich ihr rasender Puls wieder. „Wie spät ist es?“
„Gerade die richtige Zeit, wenn du rechtzeitig zur Trauerfeier beim Palast sein willst.“
Yannas müdes Gehirn brauchte einen Moment, um zu verstehen. „Ich hatte gehofft, dass Malyn mich auch heute vor Sonnenaufgang wecken würde. Da lag ich falsch, nicht wahr?“
„Ich fürchte, ja“, sagte ihr Großvater bedauernd. „Gib Malyn etwas Zeit. Er steht momentan neben sich. Trotzdem finde ich, dass du zur Trauerfeier gehen solltest, wenn es dir so wichtig ist. Ehliyan ist auch schon wach. Wie ich ihn kenne, sitzt er bereits beim Frühstück.“
Yanna lächelte. Als ihr einfiel, dass Thoran das im Dunkeln nicht erkennen konnte, sagte sie: „Danke. Dafür, dass du meine Wünsche respektierst.“
Sie glaubte, Thoran nicken zu sehen.
„Wo ist Malyn?“
„Er ist in den Wald gegangen. Sagte, er wolle in Ruhe nachdenken.“
„Das tut er oft in letzter Zeit.“
Thoran antwortete nicht, doch sagte: „Er wird nicht zurück sein, ehe ihr aufbrecht. Und wenn ihr heimkehrt, werden ich bereits alles mit ihm geklärt haben. Du hast keine Konfrontation mit Malyn zu erwarten.“
Yanna schnaubte. „Er scheint zu vergessen, dass ich längst kein Kind mehr bin und meine Entscheidungen für mich selbst treffen kann.“
Thoran lächelte und stand vom Bett auf. „Du solltest dich nun besser anziehen. Ehliyan wird unausstehlich, wenn er warten muss.“
„Was denkst du, woran sie gestorben ist?“ Yanna wanderte einmal mehr mit Ehliyan die Straße entlang, die durch die Hauptstadt direkt zum Palast führte.
„Wenn sie krank gewesen wäre, hätte sich das herum gesprochen“, sagte Ehliyan nachdenklich. „Und ein Unfall scheint mir ebenfalls nicht sehr wahrscheinlich. Bleibt nur Mord.“
„Mord?“ Yanna dachte einen Moment darüber nach, dann schüttelte sie den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Wer soll es denn gewesen sein?“
„Da die Rebellen es nicht waren, bleiben nur die Fanatiker.“
Nachdenklich richtete Yanna die Augen gen Himmel. Die Fanatiker waren den Rebellen auf den ersten Blick gar nicht so unähnlich, denn auch sie wollten eine Verbesserung der Lebensverhältnisse in Fativa bewirken. Doch die Art und Weise, wie die beiden Organisationen dieses Ziel erreichen wollten, unterschied sich grundlegend. Während die Rebellen sich erst zusammengetan hatten, nachdem Schelash Königin geworden war und Fativa ins Elend gestürzt hatte, existierten die Fanatiker bereits, seit es die Königsfamilie gab. Sie waren von Anfang an dagegen gewesen, dass Fativa neue Regenten bekommen sollte. Vor allem, weil sich die Menschheit ja gerade erst von der Herrschaft durch die Götter befreit hatte. Sie wollten absolute Freiheit. Eine Welt, in der jeder sein eigener Herr war. Doch der Rest der Bevölkerung hatte das anders gesehen. Die meisten Menschen hatten verstanden, dass Fativa im Chaos versank, wenn niemand da war, der die nötigen Entscheidungen traf. Die Fanatiker waren überstimmt worden, hatten jedoch weiterhin an ihrer Überzeugung festgehalten und diese von Generation zu Generation weitergegeben. Jeder wusste, dass es ihnen in erster Linie darum ging, die Königsfamilie auszurotten. Dabei hatte diese über viele Jahrzehnte hinweg gerecht geherrscht. Der Plan der Rebellen war stets darauf ausgerichtet gewesen, Schelash zu töten, doch Rajatshas zu verschonen. In der Hoffnung, dass dieser dem Beispiel seiner Ahnen folgen und ein guter König werden würde. Leider sah es im Moment nicht danach aus, als würde sich diese Hoffnung bestätigen.
„Warum hat Rajatshas noch nichts geändert?“, fragte Yanna. „Du warst dir doch so sicher, dass er anders ist als seine Mutter.“
Ehliyan warf ihr nur einen gereizten Blick zu.
„Sag schon, ich würde gerne deine Theorie hören. Wird sich Rajatshas’ Regierungsweise
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