Götterbund (German Edition)
oder?“
Shaquess lächelte nur unverbindlich.
„Ich weiß, dass da noch mehr ist. Du verhältst dich ungewöhnlich. Zum Beispiel bohrst du nicht nach, unter welchen Umständen ich Yanna getroffen und worüber ich mit ihr gesprochen habe. Dieses Desinteresse ist mehr als untypisch für dich. Und jetzt hör auf, meine Zeit zu verschwenden.“
Lyza konnte sehen, wie Shaquess mit sich rang. Er presste die Lippen zusammen, sah zur Seite, dann wieder in ihr Gesicht. Doch sie kannte ihn zu gut, als dass sie das Wort, als es endlich kam, überrascht hätte.
„Gut.“
Was er dann sagte, ließ Lyza die Augen aufreißen. „Was?“, fragte sie vorsichtshalber nach.
Doch Shaquess wiederholte nur, was sie eben schon verstanden hatte.
Es war unglaublich, trotzdem bezweifelte Lyza es keine Sekunde. Shaquess würde sie nicht anlügen und er würde so etwas nicht behaupten, wenn er nicht sicher wäre. Doch noch unfassbarer als das, was der Taissin ihr soeben anvertraut hatte, waren die Möglichkeiten, die sich Lyza durch ihr neues Wissen eröffneten. „Und Rajatshas will sie haben?“, hakte Lyza nach.
Shaquess nickte. Doch er schien Lyza ebenso gut zu kennen, wie sie ihn, denn er sagte: „Tu es nicht. Bitte.“
Lyza lächelte unverbindlich. „Danke für deine Offenheit. Jetzt hast du etwas gut bei mir. Ich werde Yanna ausrichten, dass sie dich morgen früh bei dir zu Hause aufsuchen kann.“ Sie wandte sich ab und strebte auf den Thronsaal zu. Die ganze Zeit spürte sie Shaquess’ misstrauischen Blick im Nacken. Fast hatte sie ein schlechtes Gewissen. Doch Shaquess kannte sie. Und sie zweifelte nicht daran, dass er geahnt hatte, was sie mit diesen Informationen anfangen würde. Es war seine Entscheidung gewesen. Jetzt war es zu spät, sie zurück zu nehmen.
Ungeduldig trat Yanna von einem Fuß auf den anderen. Drei Stunden waren längst um. Wo blieb Lyza? Ob es falsch gewesen war, der Gardistin zu trauen? Hätte Yanna besser selbst nachsehen sollen, ob Shaquess zu Hause war?
Nervös starrte Yanna in die Dunkelheit. In die Richtung, in der das große Haus hinter den Bäumen versteckt lag. Ehliyan hatte gesehen, wie sie sich aus dem Haus geschlichen hatte. Nur mit Mühe hatte sie den jungen Mann überzeugen können, dass sie lediglich einen Waldspaziergang unternehmen wollte. Sie traute Ehliyan durchaus zu, dass er ihr hinterher schlich, um sich selbst davon zu überzeugen, dass sie nichts im Schilde führte. Wenn nur Lyza endlich kommen würde.
„Entschuldige. Es hat etwas länger gedauert.“
Erleichtert drehte Yanna sich um. Lyzas Stimme hatte ganz nah geklungen, trotzdem musste die junge Frau die Augen zusammenkneifen, um die Umrisse der Gardistin auszumachen.
„Hauptsache, du bist da. Was ist mit Shaquess?“
„Er hat Dienst bis morgen früh.“
Yanna seufzte. „Morgen früh ist zu spät.“
„Ich weiß.“ Die Gardistin kam näher, so dass Yanna ihr Gesicht erkennen konnte. „Deshalb habe ich ihn gebeten, sich für die Wache am hinteren Palasteingang einteilen zu lassen. Wir müssen nur in dorthin, dann kannst du mit ihm reden.“
„Hinter den Palast?“ Sie glaubte, nicht richtig gehört zu haben. „Ich bin eine Rebellin, Lyza.“
„Es ist deine Entscheidung. Etwas Besseres kann ich dir nicht anbieten.“
Yanna zögerte. Was, wenn Rajatshas sie sah? Was, wenn Shaquess diesmal gar nicht reden wollte? Er blieb der oberste Taissin, stand im Dienste der Königsfamilie. Was, wenn er die Chance nutzte und sie festnahm?
„Yanna“, sagte Lyza ungeduldig. „Dir ist klar, dass ich mir gerade die halbe Nacht für dich um die Ohren schlage, oder? Könntest du dich mit deiner Entscheidung wenigstens etwas beeilen?“
Überrascht musterte Yanna die Gardistin. Wo war ihre sprühende Fröhlichkeit, die sie vorhin noch an den Tag gelegt hatte? Oder war sie tatsächlich nur müde? Schließlich hatte sie gerade zweimal hintereinander den langen Weg vom Stadtrand bis zum Palast zurückgelegt. Nur, um von ihr zu erfahren, dass es womöglich umsonst gewesen war.
„In Ordnung“, murmelte Yanna, das ungute Gefühl beiseite schiebend. „Lass uns gehen.“
Wortlos wandte Lyza sich ab.
Sie sprachen kein Wort, während sie die Hauptstadt durchquerten. Yanna begann zu bereuen, dass sie überhaupt auf diese wahnwitzige Idee gekommen war. Einen Taissin um Hilfe bitten? Ehliyan hätte ihr ihre Dummheit um die Ohren geschlagen, wenn er davon gewusst hätte. Zu Recht. Sie sollte die Sache wirklich abblasen,
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