Götterbund (German Edition)
Tonfall Rajatshas für einen Moment inne halten ließ. Doch Yanna wusste, dass er nicht so schnell einlenken würde.
„ Es gibt kein ‚uns’ mehr.“
Rede nicht so einen Unsinn! Jetzt ließ Yanna Rajatshas ihre Wut spüren. Doch sie stellte sicher, dass er verstand, dass sie von ihrer Frustration über seine Abweisung herrührte, nicht von der Hinrichtung ihrer Freunde. Wir werden immer verbunden sein und das weißt du! Ich kenne dich gut genug um zu wissen, dass auch du unter dem Zustand, in dem wir uns befinden, leidest.
Sie spürte deutlich, wie Rajatshas’ Widerstand bröckelte, spürte die Hoffnung, die in ihm aufkeimte, aber vorerst von seinem Verstand niedergekämpft wurde.
Willst du, dass es so zwischen uns weitergeht? , versuchte Yanna es weiter. Wünschst du dir nicht auch eine Lösung, mit der es uns beiden gut geht? Glaubst du denn, dass du der Einzige bist, dem es schlecht geht? Nur, weil ich nicht anfange, Menschen zu ermorden, die dir nahe stehen?
Einen Moment lang spürte sie nichts mehr von Rajatshas. Yanna fürchtete schon, es übertrieben zu haben. Dann war die Verbindung plötzlich wieder da und sie spürte diese Hoffnung, die nicht ihre eigene war, stärker denn je.
„ Wie soll diese Lösung aussehen?“
Yanna lächelte erleichtert. Sie wusste, dass sie es geschafft hatte. Das möchte ich persönlich mit dir besprechen. Ich bin in der Nähe des Palastes. Lass uns auf dem Platz hinter dem Palast darüber reden. Allein.
Yanna hielt den Atem an. Was, wenn sie Rajatshas’ Misstrauen geweckt hatte? Aber ein Treffen mit ihm nutzte ihr nichts, wenn er dabei zwanzig Gardisten um sich scharte. Außerdem hatten Malyn und Thoran ihr das Versprechen abgenommen, dass sie sich zurückziehen würde, wenn das Vorhaben zu scheitern drohte.
„ Ich habe verstanden.“
Dann spürte Yanna ihn nicht mehr. Die Verbindung war abgebrochen. Die junge Frau blieb mitten auf der Treppe stehen und ließ sich langsam auf die Knie sinken. Sie hatte es geschafft. Rajatshas würde kommen. Yanna hatte nicht erwartet, dass es so einfach werden würde, ihn zu überzeugen. Sie hatte mehr Gegenwehr, mehr Hass und mehr Hohn erwartet. Sie hatte Rajatshas falsch eingeschätzt. Er hatte einmal mehr bewiesen, dass seine grausame Maske nur Fassade war. Dass er sich im Grunde nichts sehnlicher wünschte, als mit ihr, Yanna, zusammen zu sein. Das schlechte Gewissen überrollte sie unerwartet und heftig. Rajatshas hatte Xano und Emyla getötet, hatte Unschuldige geopfert, nur, um ihr weh zu tun. Doch war sie selbst wirklich besser? Sie benutzte Rajatshas’ Zuneigung zu ihr, benutzte seine Hoffnung, um ihn in eine Falle zu locken, aus der er nicht lebend herauskommen würde. Wie hatte sie diesen Schritt auch nur in Erwägung ziehen können? Sie war doch die Einzige, die seine Gefühle und die Verzweiflung verstand, die ihn zu dem Mord an Xano und Emyla getrieben hatte.
Yanna krallte die Fingernägel in ihre Kopfhaut. Der Schmerz tat gut. Er ließ sie klarer denken. Sie versuchte, die Emotionen, die sie zu überschwemmen drohten, wegzuschieben. Dies war nur der Teil in ihr, der mit Rajatshas verbunden war. Er war wieder erwacht, nachdem er die letzten Tagen geschwiegen hatte. Doch letztendlich war er nur das: Ein Teil. Yanna zwang sich, an Xano und Emyla zu denken und daran, was für eine wunderbare Zukunft Fativa erwartete, wenn Rajatshas tot war.
Mit zitternden Knien richtete Yanna sich auf. Sie konnte das. Sie musste es nur schnell tun. Bald hätte sie es geschafft. Bald wäre alles vorbei.
Sie kämpfte sich die letzten Stufen nach oben. Ihr Herz schlug so wild, dass es schmerzte. Sie hielt die Luft an, als sie um die letzte Ecke bog und ihr Blick auf den Platz fiel. Erstarrt blieb sie stehen. Sie war überwältigt von der schieren Tatsache, dass Rajatshas tatsächlich dort auf sie wartete. Und zwar allein. Ihm schien nicht einmal der Gedanken gekommen zu sein, dass hinter ihrer Bitte um ein Treffen mehr stecken konnte als der Wunsch, die Beziehung zwischen ihnen zu klären. Trotz allem, was vorgefallen war, vertraute er ihr.
Langsam ging sie auf ihn zu.
Auch Rajatshas hatte sie entdeckt. Sie konnte den Blick, mit dem er ihr entgegen sah, nicht deuten.
Yanna blieb eine Armlänge vor ihm stehen. Ihre Blicke trafen sich. Das Gefühl der Nähe, das Yanna aufs Neue überkam, war unerträglich.
„Also?“, fragte Rajatshas mit erhobenen Augenbrauen.
„Wir müssen reden“, sagte Yanna und konnte nicht verhindern, dass
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