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Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Titel: Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Schwalben flogen.
    Das warme Licht der untergehenden Sonne verbreitete eine heitere Stimmung, in der alle Ängste und Qualen sich auflösten.
    Wie gern hätte die junge Priesterin die Welt da draußen vergessen und sich ganz ihren geistlichen Pflichten und der Forschung im Haus des Lebens hingegeben! Aber ein Unschuldiger wurde zu Unrecht angeklagt, und sie musste der Wahrheit zu ihrem Recht verhelfen.
    Nitis versank in Gedanken und lauschte den Stimmen der Götter.
    Bald ließ die letzte Gestalt der Sonne, der greise Atum, auf den Stock der Aufrichtigkeit gestützt, das sterbende Licht zurück, um sich auf der Barke der Verwandlungen den Mächten der Finsternis zu stellen. Geleitet von der schöpferischen Eingebung und dem Nährenden Wort durchquerte er gefährliche Gegenden und besänftigte die furchterregenden Wächter, deren Namen nur er kannte.
    Und wieder einmal wurde mit dem Sonnenuntergang das Ende der Welt gespielt.
    Würde es der riesengroßen Schlange Nichts gelingen, das Wasser des himmlischen Nils auszutrinken und die Reise der Barke aufzuhalten, musste die Welt untergehen, und diese kleine Insel kehrte für immer in die Fluten des Urmeers zurück. Durch die Feier der Rituale halfen die Eingeweihten dem Licht, die Hindernisse zu überwinden, die Schlange zu durchbohren und im Morgengrauen nach einem fürchterlichen Kampf in der Gestalt eines Skarabäus aufzuerstehen.
    Auch Kel verbrachte eine schreckliche Nacht. Ungeheuer mit Menschengesichtern arbeiteten verbissen an seinem Untergang.
    Nitis begab sich zur Wohnung des Hohepriesters. Sie ging durch die Tür, die in einen kleinen Innenhof führte, der vor den Wohnungen lag und den ein Diener gerade fegte.
    »Ich freue mich, dass Ihr zurück seid, Oberpriesterin. Hattet Ihr eine gute Reise?«, fragte er.
    »Ja, danke, eine sehr gute. Ich möchte zum Hohepriester.«
    »Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich, aber er erwartet Euch bereits.«
    Wahibra war bettlägerig und abgemagert, hatte aber seine Würde behalten.
    »Haben sie es tatsächlich gewagt, den Apis-Stier zu töten?«, wollte er wissen.
    »Leider ja«, antwortete Nitis. »Aber der neue Apis stärkt bereits die Kraft des königlichen Ka, und Kel hat den Helm von König Amasis wiedergefunden. Der Thronräuber ist also zur Untätigkeit verurteilt.«
    »Diese Nachricht verleiht mir neue Kraft.«
    »Kel wird dem Pharao den Helm bringen und damit seine Unschuld beweisen.«
    »Damit setzt er sich allergrößter Gefahr aus.«
    »Seht Ihr eine andere Möglichkeit?«
    Wahibra dachte nach.
    »Du hast die richtige Wahl getroffen.«
    »Kel muss allerdings eine günstige Gelegenheit abwarten.«
    »Es ist noch nicht lange her, da habe ich genau gewusst, wie König Amasis seinen Tag verbringt«, klagte der Hohepriester. »Heute bin ich hier eingesperrt, und kein Würdenträger will etwas von mir wissen.«
    »Ich werde mich darum kümmern«, beruhigte ihn Nitis. »Seht Ihr nur zu, dass Ihr wieder gesund werdet.«
    »Ach was, das ist nur eine vorübergehende Müdigkeit. Kräftig wie ich bin, werde ich das bald hinter mir haben.«
    »Habt Ihr den Tempelarzt aufgesucht?«
    »Nicht nötig, ich muss mich nur ausruhen.«
    »Darf ich darauf bestehen?«
    Jetzt sah er sie an wie ein Vater, streng und zärtlich zugleich.
    »Willst du wirklich, dass ich meine Wenigkeit so wichtig nehme?«
    »Wir brauchen Euch! Ohne Eure Hilfe können wir diese harte Prüfung nicht bestehen.«
    »Also gut, geh den Arzt holen.«
    Der treue Diener der Göttin mit dem Skorpion, Selket, und der löwengestaltigen Göttin Sechmet, die die Krankheiten verbreiteten und die Heilmittel dagegen lieferten, blieb mehr als eine Stunde am Krankenbett des Hohepriesters und machte verschiedene Untersuchungen.
    »Die Stimme seines Herzens ist nach wie vor ungebrochen«, stellte er schließlich fest, »und die Lebenskraft fließt ungehindert durch ihre Kanäle. Doch das Alter nagt an ihnen, und die tägliche Einnahme verschiedener Heilmittel wäre angebracht. Wird sich der Hohepriester denn an diese Verordnung halten?«
    »Ich werde ihn überzeugen«, versprach Nitis, »und sein Diener wird die Einnahme streng überwachen.«
    Nitis war beruhigt und ging zu ihrer Wohnung, vor der Menk auf sie wartete.
    »Ich habe mir schon Sorgen gemacht«, begrüßte er sie. »Sind die Trauerfeiern für den Apis-Stier gut verlaufen?«
    »Er wurde ordnungsgemäß bestattet, und sein Ka wird den neuen Apis beseelen. Die Kraftübertragung wird also nicht

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