Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
unterbrochen.«
»Sehr gut! Dann können wir mit den Vorbereitungen für das nächste Fest in Sais beginnen. Ich benötige besondere Stoffe für die Statue, die durch die Stadt getragen werden soll, und ich hätte gerne neue Lieder zu ihren Ehren. Ich weiß, es bleibt nicht viel Zeit. Können mir Eure Weberinnen und Sängerinnen meine Wünsche wohl trotzdem erfüllen?«
»Wir werden Tag und Nacht arbeiten.«
»Herzlichen Dank, Nitis! Seine Majestät wird begeistert sein, wenn die Bevölkerung feiert, um diese schwierigen Zeiten zu vergessen.«
»Nimmt der König an den Feierlichkeiten teil?«
»Begleitet von einer Schar von Würdenträgern will er den Beginn der öffentlichen Feiern leiten, den Rest überlässt er uns und lädt zu einem Festmahl mit rund zwanzig griechischen Botschaftern unter den Gästen. Die Woche ist voll von amtlichen Empfängen!«
»Hat Seine Majestät noch weitere Verpflichtungen?«
»Einweihung der neuen königlichen Stallungen, Verleihung der goldenen Wachsamkeitsmedaille an den Feldherrn Phanes von Halikarnassos, Ernennung neuer Offiziere, feierlicher Abschluss der Bündnisverträge mit den griechischen Städten – und, nicht zu vergessen, Erscheinen vor dem Hohen Gericht von Richter Gem. Das Oberste Gericht versammelt sich übermorgen vor dem Tempeleingang, und Richter Gem wird wie immer daran erinnern, dass Maats Gesetz stets Vorrecht haben muss. Zu diesem Anlass sollte der Pharao den Richtern sein Versprechen erneuern, dass er für die Durchsetzung dieses Gesetzes auf Erden sorgt und niemand erlauben wird, es zu verletzen.«
»Warum sagt Ihr ›sollte‹?«
Menk wurde leiser.
»Weil sich König Amasis nicht immer an die Vorgaben hält. Es könnte sein, dass ihm diese Veranstaltung zu viel wird, dann überträgt er seine Befugnis auf Richter Gem und weist ihn an, an seiner Stelle eine Rede zu halten. Sein Gefolge wird ihn aber inständig bitten, selbst vor Gericht zu erscheinen, weil es zu den Grundfesten unserer Gesellschaft gehört, Maat zu achten.«
Da war die Gelegenheit, auf die sie gewartet hatten!
Vor dem Pharao und dem Obersten Gericht sollte Kel den Beweis seiner Treue und seiner Unschuld vorlegen.
»Mir scheint, Ihr seid mit Euren Gedanken woanders«, bemerkte Menk.
»Ich bin nur ein wenig erschöpft und mache mir Sorgen um die Gesundheit des Hohepriesters.«
»Was hat der Arzt denn gesagt?«
»Er meint, es handle sich um eine bekannte Krankheit, die er heilen könne.«
»Dieser hervorragende Heiler übertreibt eigentlich nie. Wahibra hat noch viele Jahre zu leben, da bin ich mir ganz sicher.«
»Die Götter mögen ihn beschützen.«
»Und Euch auch, Nitis. Denkt immer an meine Ratschläge.«
»Das mache ich.«
»Darf ich Euch etwas fragen?«
»Aber natürlich.«
»Habt Ihr den Schreiber Kel, diesen Mörder, wirklich vergessen?«
»Ich glaube, ich würde ihn heute nicht einmal mehr erkennen. Aber jetzt bin ich müde, Menk, ich möchte zu Bett gehen.«
»Verzeiht, dass ich Euch aufgehalten habe. Ich wünsche Euch eine erholsame Nacht. Morgen machen wir uns dann gemeinsam an die Vorbereitungen für das bevorstehende Fest.«
Beruhigt machte er sich auf den Heimweg.
Kein Mensch schlich um das Haus von Nitis herum, der Hohepriester war außer Gefecht gesetzt, und die Ritualisten hatten genug mit ihren üblichen Pflichten zu tun. Weil Menk nichts Ungewöhnliches aufgefallen war, konnte er Henat einen beruhigenden Bericht abliefern.
Ganz offensichtlich hielt sich der Mörder nicht im Reich der Neith versteckt. Und Menk würde Henat niemals von Nitis' kleinen Dummheiten erzählen. Die schöne Priesterin war vernünftig geworden und widmete sich wieder ausschließlich ihren geistlichen Aufgaben.
71
B ebon und Nitis hatten vereinbart, dass sie sich einmal am Tag am Tempeleingang treffen wollten, der für die Händler bestimmt war. Entdeckte der Schauspieler irgendetwas Verdächtiges, würde er sie nicht ansprechen, und sie sollte es genauso machen.
Nordwind konnte Schnüffler gleich welcher Art nicht ausstehen und würde ihnen deshalb eine große Hilfe sein.
Die Priesterin begutachtete ein Stück Stoff.
»Morgen versammelt sich das Oberste Gericht vor dem Haupteingang zum Tempel«, sagte sie leise. »Da muss der König anwesend sein.«
»Das ist feinste Ware«, sagte Bebon laut, »etwas Besseres findet Ihr nirgends.«
»Ich nehme den Stoff. Lass dich beim Verwalter bezahlen.«
Als das Geschäft abgewickelt war, streunte der Schauspieler noch ziemlich
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