Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
oder ein freundlicher Geist in ihrer Nähe?
Der Papyrus war entrollt und lag zu Füßen der kleinen Statue. Zögernd nahm ihn Nitis in die Hand.
Mit roter Tinte hatte die Hand des Toten eine Antwort darauf geschrieben:
Die Ahnen besitzen den Schlüssel
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D a bist du ja endlich wieder!«, rief Dame Zeke. »Was ist denn geschehen?«
»Ihr habt ein falsches Spiel mit mir gespielt, und ich war dumm genug, darauf hereinzufallen«, antwortete Kel. »Aber das Schicksal hat Euer Vorhaben durchkreuzt.«
Die Griechin heuchelte Unverständnis.
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Hört doch mit diesem albernen Schauspiel auf, Dame Zeke. Ich weiß jetzt, was Ihr wirklich wollt.«
»Dann sag es mir!«
»Ich habe Euch vertraut, aber Ihr habt mich in den Tod geschickt.«
»Du hast gewusst, dass die Hafenarbeiter gewalttätig und unberechenbar sind.«
»Arbeitet der Seeräuber Ardys nicht für Euch?«
Zeke lächelte hintergründig.
»Hast du ihn etwa getroffen?«
»Habt Ihr ihm nicht befohlen, mich zu töten?«
»Du solltest den Schatz finden.«
»Ich habe ihn gefunden.«
»Wir sind jetzt also im Besitz des Helms von Amasis! Ardys ist wirklich der beste Dieb, den ich kenne. Dafür hat er eine großzügige Belohnung verdient.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.«
»Warum, weigert er sich etwa, uns den Helm zu verkaufen?«
»Es handelt sich um einen anderen Schatz, den Ihr ihm anvertraut habt.«
Zeke sah Kel wütend an.
»Der Dummkopf wird doch nicht geplaudert haben?«
»Mit der Einführung von griechischem Geld in Ägypten wollt Ihr unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaftsform zerstören«, sagte Kel. »Hättet Ihr den Helm von Amasis in Eurem Besitz, wäre das für Euch eine entscheidende Waffe, um an die Macht zu kommen. Bestimmt habt Ihr schon den Söldner ausgesucht, der ihn aufsetzen und sich zum neuen Pharao erklären wird. Und in diesem waghalsigen Spiel war ich nichts weiter als eine kleine Figur, die verschwinden muss.«
»Dank deines erstaunlichen Scharfsinns solltest du eigentlich begreifen, dass das Ende der Alten Welt bevorsteht«, sagte Zeke mit sanfter Stimme. »Der Blick der Ägypter ist auf die Vergangenheit und die alten Werte gerichtet. Manche wollen sogar das Zeitalter der Pyramiden aufleben lassen, das sich Eure Bildhauer noch heute zum Vorbild nehmen. Wir Griechen, wir sind die Zukunft!«
»Mit dieser Zukunft will ich nichts zu tun haben.«
»Ach, dieser kleine, rückständige und fortschrittsfeindliche Schreiber – du passt ja wirklich ausgezeichnet zu dieser, dem Verfall preisgegebenen Führungsschicht! Schau dir Naukratis an, Kel: So sieht die neue Welt aus! Und wer verteidigt dein altes Ägypten? Ja, die griechischen Söldner. Als Lohn für ihre Anstrengungen wollen sie aber besser bezahlt werden. Zwei Sack Gerste und fünf Sack Weizen im Monat sind nicht genug. Sie wollen richtiges Geld, schöne blanke Münzen. Und ich werde bald Tausende davon in Umlauf bringen …«
»Geld und Sklaverei – ist das Euer Fortschritt?«
»Das ist eine unausweichliche Entwicklung.«
»Ihr habt mit Sicherheit ganz oben Helfershelfer. Sonst wärt Ihr Euch Eurer Sache nicht so sicher.«
»Werde nicht zu neugierig, Kel. Nur mein Ehemann darf meine Geheimnisse teilen. Entweder heiratest du mich, oder du machst, dass du wegkommst. Solltest du dich für die falsche Möglichkeit entscheiden, darfst du nicht mehr auf meinen Schutz zählen.«
Kel wurde blass vor Zorn.
»Bei dieser widerwärtigen Erpressung mache ich nicht mit!«
»Sei doch nicht albern, mein Kleiner. Du begehrst mich, und ich begehre dich. Zu zweit werden wir sehr gute Arbeit machen. Ohne meine Hilfe bist du zum Tode verurteilt.«
»Ist der Tod nicht der beste Zufluchtsort?«
»In deinem Alter ist er eine furchtbare Strafe! Sei doch vernünftig, Kel. Ich bin die Einzige, die dir helfen kann, deinen Verfolgern zu entkommen. Jetzt sagst du mir aber erst mal, wo sich der Helm von Amasis befindet.«
»Das weiß ich nicht.«
»Ardys hat mich verraten, und du steckst mit ihm unter einer Decke!«
»Nein, Dame Zeke.«
Die beiden maßen sich mit Blicken.
»Ich hatte mir mehr erhofft«, gab sie zu. »Ardys ist mir also treu geblieben und besitzt nichts anderes als einen Vorrat an griechischen Münzen?«
»Ja, so ist es.«
»Wie lautet deine Entscheidung, Kel?«
»Ich verlasse Naukratis.«
Zeke wandte dem jungen Mann den Rücken zu.
»Wie du willst. Ich erweise dir trotzdem einen letzten Dienst. Warte hier zwei, drei
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