Goettin - Das Erwachen
hatte.
Einem unbestimmten Gefühl folgend, fragte sie, „Kannte meine Mom Josh?" Liam schien einen Moment seine Erinnerungen durchzugehen, dann machte sich ein Grinsen auf seinem Gesicht breit. „Ja, deine Mutter hat Josh kennengelernt.", sagte er nur. So leicht gab sie nicht auf. „Nette Erinnerungen?" bohrte sie nach. Liam schüttelte leicht den Kopf und lachte. „Josh, Iris und ich haben uns kennengelernt, während deine Mutter in München studiert hat. Sie war damals ein sehr attraktives Mädchen und Josh ein gut aussehender Kerl." Er musst nicht mehr erklären. Bei Lee sprang das Kopfkino an und sie schüttelte sich. Definitiv nicht die Art von Information , die sie haben wollte. Wer wollte schon solche Details über seine Mutter erfahren? Sie hob abwehrend die Hände und hörte Liam immer noch lachen. „Das wollte ich gar nicht wissen!", jammerte sie. „Schon gut, Kätzchen. Schon gut." versuchte Liam sie zu beschwichtigen. Liams Mundwinkel zuckten noch, aber seine Stimme war wieder ernster. „Um zum Kern deiner Frage zu kommen. Ja, ich denke, sie hat ihn in dem Brief an dich gemeint." bestätigte er. Lee nickte. Auch wenn die Liebschaft mit ihrer Mutter Josh ein paar Beliebtheitspunkte kostete, war sie sich nun sicher, ihm trauen zu können.
Eine Weile sah sie Liam an. Er schien noch in Gedanken in den Siebziger Jahren in München zu sein Sein Lächeln zeigte ihr, dass es schöne Erinnerungen sein mussten. Nur ungern holte sie ihn wieder in die Gegenwart. „Du hast bisher noch nichts dazu gesagt, dass ich mir eine andere Identität zulegen will.", sagte sie schließlich. Für einen kurzen Augenblick wirkte Liam, als hätte sie ihm gerade ins Gesicht geschlagen. Zu schnell, dass es echte Emotionen sein konnten, setzte er ein Lächeln auf. „Ich werde dazu nichts sagen, Annelie. Diese Entscheidung musst du alleine treffen.", sagte er einen Hauch zu munter. Sie war enttäuscht. Das war nicht die Reaktion gewesen, auf die sie gehofft hatte. Warum sagte er ihr nicht, dass sie bleiben sollte? Er hätte ihr auch anbieten können mitzukommen, sollte sie die Stadt wirklich verlassen müssen. Stattdessen ließ er sie alleine. Mit der Entscheidung und sollte sie gehen, mit ihrem Leben. Ihr wurde klar, dass er das so nicht gesagt hatte.
„Wie lange kannst du noch bleiben?", fragte sie. Sie hatte die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Liam sah sie kurz nachdenklich an. „So zehn oder fünfzehn Jahre. Dann wird das Rudel umziehen." sagte er schließlich ohne erkennbare Regung. Sie schluckte und senkte den Kopf. Wenn sie da draußen wirklich Feinde hatte, war es unvorstellbar noch so lange ihre Familie und ihre Freunde als wandelnde Zielscheiben durch die Gegend laufen zu lassen. Liams Finger unter ihrem Kinn zwangen sie, aufzusehen. Sein Blick war nun wieder warm und liebevoll. Sein Daumen strich leicht wie ein Luftzug über ihren Unterkiefer. „Kätzchen, wenn das mit uns klappt, finden wir eine Lösung.", versprach er ihr und küsste sie voller Zärtlichkeit. Als er sich wieder von ihr löste, lächelte sie ihn an. Sie verbarg, dass es nicht Liam, der Liebhaber war, auf den sie ihn ihrem Leben nicht verzichten konnte.
Kapitel 17
James sah von dem Telefon in seiner Hand zu seinem Meister, der auf der anderen Seite des großen Hartholz-Schreibtisch thronte. Dieser sah ihn mit harten schwarzen Augen an. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber schnell wieder. James wusste, wenn er seine Worte nicht sehr genau wählte, würde es das letzte sein, was er je sagen würde. „Vergebung Meister. Ich fürchte Grigori und Pjotr konnten ihren Auftrag nicht erfüllen.", sagte er schließlich. Sein Meister schlug mit einer Faust auf den Tisch und sprang auf. James hörte, wie das Holz splitterte und sah, dass der Tisch ein großes Loch aufwies.
Innerhalb eines Wimpernschlags stand der Meister Fußspitze an Fußspitze vor ihm und hob ihn mit einer Hand an der Kehle an. James röchelte und versuchte verzweifelt Luft zu bekommen. „Meister ... Ich ... erklären ... Idee ...", brachte er unter großer Anstrengung heraus. Unvermittelt warf der Vampir James krachend auf den Boden. Er japste nach Luft und versuchte nicht zu schreien, obwohl er sich sicher war, dass er sich bei dem Aufprall irgendwas gebrochen hatte. Als ihm bewusst wurde, dass er immer noch lebte, wagte er aufzusehen. Sein Meister stand regungslos, wie eine römische Statue, vor ihm und sah ihn mit starrem, kalten Blick an. „Sprich.", sagte er
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