Goettin in Gummistiefeln
Ich zupfe ein Hemd von der Stange und breite es ungeschickt auf dem Bügelbrett aus. Was jetzt? Ich weiß nicht mal, wie anfangen.
»Mr. Geiger liebt seine Kragen nicht übermäßig gestärkt«, bemerkt Trish.
Übermäßig was? Mein Blick huscht wie wild durch den Raum und landet auf einer Flasche mit einem Schildchen, auf dem »Sprühstärke« steht.
»Ach ja!« Tapfer schlucke ich meine Panik herunter. »Tja, also ... das mit dem Stärken ... dazu kommen wir gleich ... denke ich. Ah.«
Ohne recht fassen zu können, was ich da tue, greife ich zum Bügeleisen. Es ist viel schwerer, als ich gedacht hatte, und verströmt böse zischend eine mächtige Dampfwolke. Mit spitzen Fingern beginne ich, das Eisen auf das Hemd abzusenken. Ich habe keine Ahnung, aufweiche Stelle ich ziele. Könnte sein, dass meine Augen zu sind.
Plötzlich schrillt in der Küche das Telefon. Lieber Gott. Danke! Danke!
»Ach, wer könnte das jetzt sein?«, sagt Trish stirnrunzelnd. »Entschuldigen Sie mich, Samantha. Ich sollte ...«
»Macht doch nichts!« Meine Stimme ist ein klein bisschen zu schrill. »Null Problemo! Ich mache dann hier ...«
Sobald Trish draußen ist, stelle ich das Bügeleisen mit einem Rums ab und vergrabe das Gesicht in den Händen. Ich muss irre sein. Das läuft nicht. Das läuft nie. Ich bin nun mal kein Hausmütterchen. Das Bügeleisen bläst mir eine Dampfwolke ins Gesicht, und ich zucke mit einem Aufschrei zurück. Ich reiße den Stecker heraus und sinke erschöpft gegen die Wand. Erst neun Uhr zwanzig und ich bin jetzt schon ein Wrack.
Und ich dachte, als Rechtsanwältin hätte man es stressig.
11
Als Trish wieder auftaucht, geht es mir schon ein wenig besser. Ich habe die Tür zum Wäscheraum erst mal hinter mir zugemacht und mich in die Küche verkrochen. Ich schaffe das schon. Natürlich schaffe ich das. Ist ja nicht Quantenphysik. Ist nur Hausarbeit.
»Samantha, ich fürchte, wir müssen Sie heute im Stich lassen«, verkündet Trish mit einem besorgten Gesichtsausdruck.
»Mr. Geiger geht zum Golfspielen, und ich muss mich mit einer lieben Freundin treffen, um mir ihren neuen Mercedes anzusehen. Sie werden doch ohne uns zurechtkommen?«
»Aber sicher!« Ich versuche, mir meine Erleichterung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. »Machen Sie sich um mich bitte keine Sorgen. Ehrlich nicht. Ich werde hier einfach ...«
»Sind Sie mit dem Bügeln schon fertig?« Sie wirft einen beeindruckten Blick in Richtung Waschküche.
Fertig? Wofür hält sie mich? Für Superwoman?
»Nein, eigentlich habe ich mir überlegt, das Bügeln im Augenblick bleiben zu lassen und stattdessen mit dem Rest des Hauses anzufangen«, sage ich, um einen möglichst sachlichen Ton bemüht. »So mache ich das immer.«
»Ach ja, ich verstehe.« Eifriges Nicken. »Wie immer Sie wollen. Leider werde ich jetzt nicht da sein, falls Sie eine Frage haben, aber Nathaniel kann Ihnen ja weiterhelfen!« Sie weist in Richtung der offenen Gartentür. »Sie haben Nathaniel schon kennen gelernt?«
»Oh«, sage ich, als er in zerrissener Jeans und mit zerzausten Haaren hereinkommt. »Ah ... ja. Hallo.«
Ein irgendwie komisches Gefühl, ihn heute, nach dem gestrigen Desaster, wiederzusehen. Als sich unsere Blicke begegnen, zuckt es unmerklich um seine Mundwinkel.
»Hallo«, sagt er. »Wie läuft‘s?«
»Prima! Echt prima!«
»Nathaniel weiß alles, was es über dieses Haus zu wissen gibt«, meldet sich Trish wieder zu Wort, die gerade Lippenstift aufträgt. »Wenn Sie also irgendwas nicht finden sollten ... eine Tür nicht aufkriegen oder so ... wenden Sie sich an ihn.«
»Ich werde darauf zurückkommen«, sage ich. »Danke.«
»Aber Nathaniel, ich möchte nicht, dass Sie Samantha stören«, fügt Trish mit strengem Blick hinzu. »Sie muss in Ruhe arbeiten können. Sie hat Ihr eigenes System, wissen Sie.«
»Offensichtlich«, sagt Nathaniel und nickt ernst dazu. Als Trish sich abwendet, wirft er mir einen belustigten Blick zu und ich merke, wie mir die Röte in die Wangen schießt.
Was soll das schon wieder heißen? Traut er mir nicht zu, dass ich ein eigenes System habe? Bloß weil ich nicht kochen kann, heißt das doch noch lange nicht, dass ich überhaupt nichts kann.
»Dann kommen Sie also klar?« Trish greift zu ihrer Handtasche. »Sie wissen, wo die ganzen Putzmittel stehen?«
»Ah ...« Unsicher blicke ich mich um.
»In der Waschküche!« Sie verschwindet für einen Moment und taucht dann mit einer riesigen blauen Plastikwanne
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