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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mutter ist ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Ich hatte an so eine Mischung aus Großmütterchen und Guter Fee gedacht, füllig, mit grauen Haaren und Haarknoten, eine Lesebrille auf der Nase. Stattdessen steht eine drahtige, schlanke Frau mit einem lebhaften, hübschen Gesicht vor mir. Sie hat leuchtend blaue Augen, mit einem Ansatz haarfeiner Lachfältchen. Graue Strähnen durchziehen ihr Haar, das zu zwei Zöpfen geflochten ist. Sie hat eine Schürze an, darunter Jeans und T-Shirt und Espandrillos. Offenbar ist sie gerade dabei, eine Art Teig zu kneten.
    »Mum.« Nathaniel gibt mir grinsend einen kleinen Schubs. »Das ist sie. Das ist Samantha. Samantha ... meine Mutter. Iris.«
    »Samantha. Schön, dich kennen zu lernen.« Iris blickt von ihrem Teig auf und mustert mich von Kopf bis Fuß, ohne mit dem Kneten aufzuhören. »Ich mache das hier nur schnell fertig.«
    Nathaniel bedeutet mir, mich zu setzen, und ich lasse mich schüchtern auf einem Küchenstuhl nieder. Die Küche liegt auf der Rückseite des Hauses, ein sonniger und heimeliger Raum. Auf den Fenstersimsen stehen Blumentöpfe. Es gibt einen altmodischen Herd, einen blankgeschrubbten Tisch und eine Gartentür, die offen steht. Als ich mich gerade frage, ob ich etwas sagen soll, wandert ein Huhn herein und fängt an, am Boden zu scharren.
    »Ach, ein Huhn!«, rutscht es mir heraus, bevor ich mich davon abhalten kann.
    »Ja, ein Huhn.« Iris sieht mich amüsiert an. »Hast du noch nie ein Huhn gesehen?«
    Nur im Kühlregal vom Supermarkt. Das Huhn nähert sich pickend meinen offenen Sandalen, und ich schiebe die Füße rasch unter den Stuhl, als hätte ich das sowieso vorgehabt.
    »So.« Iris nimmt den Teig und klopft ihn geschickt zu einem länglichen Brotlaib, den sie auf ein Blech legt. Dann macht sie die schwere Backofentür auf und schiebt das Blech hinein. Sie hält ihre mehlbestäubten Hände unter den Wasserhahn und dreht sich dann zu mir um.
    »So, so, du willst also kochen lernen«, sagt sie in freundlichem, aber sachlichen Ton. Ich habe das Gefühl, dass diese Frau nicht gerne überflüssige Worte macht.
    »Ja.« Ich lächle schüchtern. »Wenns geht.«
    »Cordon bleu und so ‚n schickes Zeugs«, fügt Nathaniel hinzu, der am Herd lehnt.
    »Und was hast du schon so gekocht? Ich meine, wie viel Erfahrung hast du?« Iris trocknet sich die Hände an einem rotkarierten Geschirrtuch ab. »Nathaniel sagt, überhaupt keine. Aber das kann sicher nicht stimmen.« Sie legt das Geschirrtuch zusammen und lächelt mir zum ersten Mal zu. »Was kannst du? Was sind so deine Basics?«
    Unter dem Blick ihrer leuchtend blauen Augen werde ich ein wenig nervös. Ich zermartere mir das Hirn. Was kann ich? Was kann ich?
    »Tja... also, da wäre ... äh... Toast. Ich kann Toast machen.«
    »Toast?«, wiederholt sie entsetzt. »Bloß Toast?«
    »Naja, und Waffeln, Brötchen und so. Was so in den Toaster reingeht ...«
    »Ja, aber was kannst du kochen!« Sie hängt das Tuch über die Metallstange des Herds und schaut mich forschend an. »Was ist mit ... einem Omelett? Du kannst doch sicher ein Omelett machen?«
    Schluck.
    »Eigentlich nicht, nein.«
    Iris‘ Miene ist derart ungläubig, dass ich einen ganz roten Kopf kriege. »Ich hatte in der Schule nie Hauswirtschaft oder so was«, verteidige ich mich. »Ich hab‘s nie gelernt.«
    »Aber deine Mutter hat doch sicher ... oder deine Großmutter ...« Sie bricht ab, als ich den Kopf schüttle. »Irgendjemand?«
    Ich beiße mir auf die Lippe. Als Iris der Ernst der Lage klar wird, stößt sie geräuschvoll den Atem aus.
    »Dann kannst du also überhaupt nichts kochen. Und was hast du den Geigers versprochen, das du für sie kochst?«
    O Gott.
    »Trish wollte einen Speiseplan. Für eine Woche. Also ... äh ... habe ich was davon hier abgekupfert.« Beschämt krame ich die mittlerweile recht mitgenommene Maxim‘s-Speisekarte aus meiner Handtasche und reiche sie ihr.
    »Geschmortes Lamm im Ziegenkäsemantel, auf einem Bett von glasierten Schalotten, an Schmelzkartoffeln, dazu Kardamom-Blattspinatpüree«, liest sie fassungslos vor.
    Ich höre ein Schnauben und sehe, dass Nathaniel sich vor Lachen kaum halten kann.
    »Das war alles, was ich hatte!«, wehre ich mich. »Was sollte ich denn sagen? Fischstäbchen mit Pommes?«
    »Das ist im Grunde nichts anderes als ein aufgemotzter Shepherd‘s Pie.« Iris studiert noch immer die Karte. »Das kann ich dir beibringen. Und die geschmorte Forelle mit Mandeln ist

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