Goldener Bambus
Chinkiang, der in die Kommunistische Partei eingetreten ist. Er hat jetzt das Sagen in der Stadt.«
»Eselscheiße!« Soo-ching hustete heftig und spuckte den Schleim auf den Boden. »Ich bereue, dass ich ihn Konfuzius genannt habe. Er verdient den Namen nicht. Weide, Sie werden ihn noch schnell genug kennenlernen.«
»Wie geht es Dick, Ihrem Mann?«, wollten alle wissen.
Ich zögerte, wusste nicht, was ich antworten sollte.
»Oh, meinem Vater geht es gut«, antwortete Rouge für mich. »Er arbeitet in Bejing und hat viel zu tun.«
Papa setzte sich und erzählte, wie sehr sich Chinkiang über die Jahre verändert hatte. »Es ist ein Ort der Verbannung geworden«, begann er. »Alle Menschen, die der Regierung nicht mehr nützlich sind, werden in ihre Heimatstädte abgeschoben.«
Zimmermann Chan erklärte das näher. »Die Regierung findet anscheinend, dass die Nutzlosen von ihren Verwandten in der Heimat durchgefüttert werden sollen.«
»Das spart Gefängniskosten«, sagte Papa. »Hier das mussten wir alles selber bauen.« Mit einer weit ausholenden Armbewegung verwies er auf das Kircheninnere.
Zimmermann Chan lächelte. »Ich bin immer noch nicht fertig.«
»Wir sind jetzt wahrhaftig unter dem Dach Gottes«, bemerkte Papa.
»Chan lernt einfach nicht dazu«, sagte Lilac. »Hätte er Absalom denunziert, hätten wir in Nanjing bleiben können. Absalom ist es egal, hab ich gesagt, Absalom ist tot. Aber mein sturer Mann wollte es einfach nicht. Deshalb sind wir zurück nach Chinkiang geschickt worden. Aber was soll ich mich beschweren? ›Heirate einen Hund, folge dem Hund; heirate einen Hahn, folge dem Hahn‹, heißt es für Frauen schon immer. Aber die Zukunft unserer Kinder war damit zerstört. In Nanjing hätten sich Gelegenheiten geboten, es gab bessere Schulen und bessere Arbeit. Hier in Chinkiang arbeiten die Zwillinge als Tagelöhner, und mein jüngster Sohn ist Feldarbeiter … Ihre Zukunft ist düster.« Lilac fing an zu weinen.
»Wer macht hier so einen Lärm?«, rief eine Männerstimme von oben.
Ich hob den Blick und sah drei Gestalten aus ihren Schlafkisten kriechen.
Ein dunkler, bärtiger alter Mann kam die Strickleiter herunter, gefolgt von den beiden anderen Männern. »Die elenden Knochen protestieren ständig! Dieser marode Körper fällt auseinander.«
Die Stimme kannte ich, wusste aber nicht, woher.
Der Bärtige kam auf mich zu. Er lächelte spöttisch.
»Ich wette, Sie haben keine Ahnung, wer wir sind.«
»Aber wir kennen Sie und Ihre Freundin gut.«
Ich kramte in den hintersten Ecken meines Gedächtnisses, doch nichts passte zu den drei Gesichtern vor mir.
Der bärtige Mann stieß einen Seufzer aus. »Zwanzig Jahre im Nationalgefängnis haben mich anscheinend ziemlich verändert … Weide, sieh mich genau an. Ich bin Kaiser Kohlkopf.« Er drehte sich um und zeigte auf die Männer hinter sich. »Das sind meine Blutsbrüder.«
»Kaiser Kohlkopf? General Hummer und General Krebs?«
»Ja, genau!«, riefen die Männer im Einklang.
Papa kam und legte die Arme um die Schultern der Männer. »Sie gehören jetzt zu uns.«
»Wie meinst du das, ›zu uns‹?«, fragte ich. »Kaiser Kohlkopf hätte um ein Haar Absalom, Pearl, Grace und ihre Kinder umgebracht! Absalom hätte ihn zur Hölle geschickt!«
»Im Gegenteil, mein Kind, im Gegenteil.« Papa schüttelte den Kopf. »Absalom wollte es so. Er hat dafür gesorgt, dass wir alle Kaiser Kohlkopf und seinen Blutsbrüdern vergeben. Christus ist schließlich für unsere Sünden gestorben, und sein Vater vergibt uns.«
»Das glaube ich nicht, Papa.«
»Frag Zimmermann Chan.«
»Ist das wahr?«, fragte ich.
»Ja.« Zimmermann Chan nickte. »Absalom hat das wirklich gewollt.«
»Dass ihr Kaiser Kohlkopf seine Taten vergebt?«
»Ja.«
»Gott ist gut, Gott ist gerecht, und Gott ist gnädig«, murmelte Kaiser Kohlkopf mit Tränen in den Augen.
»Absalom freut sich im Himmel über mich!« Papa sang die Worte. »Ich habe alle drei bekehrt.«
Der Sonntagsgottesdienst weckte mich, und ich brauchte einen Moment, um mir bewusst zu werden, dass ich nicht träumte. Ich rollte mich in meiner Schlafkiste auf den Bauch und steckte den Kopf heraus, um zu sehen, was vor sich ging. Papa stand vor dem mit weißem Stoff verhängten Küchenherd und hielt seine Predigt. Sein altes Pfarrergewand glich einem Lumpen, so oft war es getragen und gewaschen worden, und schwarz war es schon lange nicht mehr. Papa wirkte feierlich und ruhig. Wenn er sprach,
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