Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
Ihr könnt jederzeit wiederkommen und müsst euch dann auch nicht mehr küssen.« Er prustete los. »Jetzt aber genug gescherzt. Ihr habt einen Fall zu lösen. Was wollt ihr von mir wissen?«
Es schien, als konnte Hansi auf Knopfdruck vom Spaß- in den Ernstmodus schalten. Dann erzählte er. Er hatte Familie Gamper gekannt, so wie er eigentlich jeden im Tal kannte, hatte sie jedoch monatelang nicht gesehen, konnte also folglich auch nichts zu dem tödlichen Brand auf dem Hof sagen. »Allerdings sind mir in der letzten Zeit ein paar merkwürdige Dinge aufgefallen. Natürlich habe ich keine Ahnung, ob die mit eurem Fall zusammenhängen oder nicht, aber fangen wir mit Markus Pircher an.«
»Markus Pircher?« Der Name sagte Vincenzo nichts.
»Er ist Bergführer und Skilehrer.« Hansi erzählte, dass Pircher ein Draufgänger war, der sich jedes Jahr mit der Zahl der von ihm verführten Touristinnen brüstete, ansonsten aber ein ganz netter, wenn auch oberflächlicher Kerl sei. Pircher kam eigentlich regelmäßig zu Hansi, nicht selten mit einer seiner Skischülerinnen, doch seit Herbst letzten Jahres war der Bergführer nicht mehr aufgetaucht. Es hielten sich Gerüchte, dass Pircher in dieser Zeit zu einer mehrmonatigen Expedition in den Himalaja aufgebrochen sei, doch Hansi kam das komisch vor. Normalerweise sprach der Draufgänger schon Wochen vor seinem Aufbruch über nichts anderes als seine Reise. Was Hansi allerdings besonders stutzig machte, war Sara Gasser, eine Archäologin aus dem Tal, wortkarg, menschenscheu und asketisch, die ebenfalls wie vom Erdboden verschwunden war. Hin und wieder war auch sie zu Hansi gekommen, weil sie ein gewisses Vertrauen zu ihm entwickelt hatte. Als sie zuletzt im Herbst bei ihm gewesen war, hatte sie ihm in der für sie typisch verschleierten Form von einem ominösen Fund erzählt. Nachfragen von Hansis Seite blieben wirkungslos, er konnte nicht in Erfahrung bringen, worum es sich bei diesem angeblichen Fund gehandelt hatte. Seitdem hatte er Sara nicht mehr gesehen. »Sie ist oft wochenlang unterwegs. Ihre Menschenscheu resultiert nicht zuletzt aus ihren Erfahrungen. Man hat ihr ihre Funde nicht immer gegönnt. Sie haben viele Neider auf den Plan gerufen, die Saras Erfolge für sich nutzen oder sie sogar um ihre Funde bringen wollten. Außerdem war sie jedes Mal frustriert, wie langsam und zäh ihre Anträge von den Ämtern bearbeitet wurden. Sie hat das Vertrauen in den Staat und die Menschen verloren und sich immer mehr in sich zurückgezogen. Markus ist auch des Öfteren wochenlang unterwegs, aber normalerweise, weil er den Kick des Kletterns sucht. Und jetzt sind plötzlich beide zur selben Zeit verschwunden. Das ist doch wirklich seltsam. Und wie gesagt, Markus hat mir schon vorher immer stundenlang erzählt, wohin ihn seine nächste Expedition führen wird. Der kann gar nicht anders, als sich mitzuteilen. Der würde nie und nimmer still und heimlich einfach abreisen. An eurer Stelle würde ich nachhaken. Natürlich muss das alles nichts mit dem Brand zu tun haben, aber komisch ist es trotzdem.«
Unter dem Einfluss von mittlerweile vier Maß und diversen Hansi Libre hatte Vincenzo Probleme, Hansis Ausführungen zu folgen, und ein Blick in Maurachers Gesicht reichte, um zu ahnen, dass es ihr nicht besser ging. Er zwang sich, auf Bierdeckeln Notizen zu machen, was ihm allein deshalb schon schwerfiel, weil er jeden Deckel doppelt sah. Die lange Alkoholabstinenz hatte seine Trinkfestigkeit erschüttert, und er schwor sich, dass dieser Abend ein seltener Ausrutscher bleiben würde. »Ist allemal interessant, was du erzählst, Hansi. Wir werden uns mal umhören. Noch was anderes: Die Gampers hatten zu Silvester Besuch. Einer der Gäste fuhr einen Porsche. Sagt dir das was?«
Hansi nickte. »Allerdings. Auch schon wieder eine komische Sache. Der Wagen gehört Andreas Kofer, dem Besitzer des Museums für Naturkunde in Sterzing. Wie Markus ist er ein Draufgänger, aber im Unterschied zu ihm leidet er auch noch an chronischer Selbstüberschätzung. Sieht nicht schlecht aus, hält sich für was Besseres und träumt seit Ewigkeiten davon, endlich mal was richtig Wertvolles zu finden. Mehr als ein paar Bergkristalle hat er bis jetzt noch nie erbeutet, dementsprechend dürfte er sich eigentlich keinen besonderen Luxus leisten können. Vor allem, wenn man weiß, dass sein Museum nicht gut läuft. Aber plötzlich kauft er sich einen Porsche. Ich frage euch also: Woher hat der das
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