GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
sagte Samos und wandte sich an den Schriftg e lehrten neben der Streckbank. »Nehmt die Männer heru n ter«, sagte er, »und legt sie in Ketten. Vielleicht müssen wir sie morgen weiter befragen.«
»Was hast du mit ihnen vor?« fragte ich.
»Unsere Rundschiffe«, sagte Samos, »brauchen Rud e rer.«
Ich nickte. Die Männer sollten also Sklaven werden.
Ich erinnerte mich an den Zettel, den ich erhalten ha t te, ehe Henrak in den Ratssaal stürmte und das Feuer meldete. Ich hatte die Nachricht in den Beutel gesteckt, den ich am Gürtel trug.
»Ehrenwerter Samos«, sagte ich, »hast du mir heute früh eine Mitteilung zukommen lassen, daß du mich sprechen wolltest?«
Samos musterte mich prüfend. »Nein«, sagte er.
Ich neigte den Kopf, und der Seniorkapitän verließ den Raum.
»Samos«, erklärte einer der Schreiber in der Nähe, »ist erst heute abend in Port Kar eingelaufen, zur achtzehnten Stunde. Er kommt direkt von Scagnar.«
»Ich verstehe«, sagte ich.
Wer sollte mir dann einen solchen Zettel schicken? Offenbar gab es andere, die mit mir Kontakt aufnehmen wollten.
Die zwanzigste Stunde war herangerückt.
In dieser Nacht war das Gebäude des Kapitänsrats von Männern umstellt, und in einem Pasang Umkreis waren alle Dächer und Kanalsteige mit Posten besetzt.
In der Halle selbst flackerten Fackeln und viele Doch t lampen. Lysius, Kapitän und Klient des Henrius Sevar i us, ging vor dem großen Tisch des Schreibers auf und ab und sprach. Sein Umhang wirbelte hinter ihm, und er trug seinen Helm in der Armbeuge.
»Und so«, sagte Lysius, »biete ich euch allen Amn e stie im Namen des Ubar von Port Kar, Henrius Sevar i us!«
»Henrius Sevarius, Kapitän«, sagte Samos im Namen des Rats, »ist zu gütig.«
Lysius neigte den Kopf.
»Henrius Sevarius, Kapitän«, sagte Samos bedächtig, »dürfte jedoch feststellen, daß der Rat der Kapitäne w e niger großzügig gestimmt ist als er.«
Lysius fuhr auf. »Seine Macht ist größer als die eure!« rief er und deutete auf die Ubars, die, jeder von einer Leibgarde umgeben, ihre Thronsessel eingenommen ha t ten. »Damit seid auch ihr gemeint!«
Ich musterte die Männer, die den Anspruch stellten, Herrscher über Port Kar zu sein – der gedrungene, schlaue Chung, der schmalgesichtige Taktiker Eteocles, der langhaarige Nigel, der wie ein Kriegsherr von der Insel Torwaldsland aussah – und Sullius Maximus, der angeblich Gedichte schrieb und ein Kenner der Gifte war.
»Wie viele Schiffe hat er denn?« erkundigte sich S a mos.
»Einhundertundzwei!« verkündete Lysius stolz.
»Die Kapitäne des Rats«, sagte Samos trocken, »h a ben in ihren persönlichen Diensten etwa eintausend Schiffe. Außerdem ist der Rat über weitere tausend Schiffe aus der Stadt verfügungsberechtigt – also befe h ligt der Rat zweitausend Einheiten.«
»Es gibt auch noch viele andere Schiffe!« rief Lysius.
»Du meinst die Flotten von Chung, Eteocles, Nigel und Sullius Maximus?«
Gelächter wurde laut.
»Nein!« rief Lysius. »Ich meine die Schiffe der klein e ren Kapitäne – rund zweitausendfünfhundert.«
»In den Straßen habe ich den Ruf ›Der Rat an die Macht!‹ gehört«, bemerkte Samos.
»Wenn Henrius Sevarius zum alleinigen Ubar ausg e rufen wird«, sagte Lysius leise, »dürft ihr weiterleben, ihr werdet begnadigt.«
»Das ist ein Angebot?« fragte Samos.
»Ja.«
»Dann höre nun das Verlangen des Rats – daß nämlich Henrius Sevarius und sein Regent Claudius die Waffen niederlegen, sich aller Schiffe und Männer und Besitzt ü mer entledigen und sich in Sklavenfesseln vor dem Rat zur Aburteilung einfinden sollen!«
Lysius, das Gesicht starr vor Wut, die Hand auf den Schwertgriff gelegt, stand stumm vor dem ersten Skl a venhändler der Stadt. »Ich beanspruche die Immunität des Heralds!« rief er.
»Sie sei dir gewährt«, winkte Samos geringschätzig ab.
Mit wehendem Umhang verließ der Abgesandte den Saal.
Samos wandte sich den vier Thronsesseln der Ubars zu. »Meine werten Kapitäne«, sagte er.
»Ubars!« rief Sullius Maximus.
»Ubars«, verbesserte sich Samos und neigte lächelnd den Kopf. »So sei euch gesagt, Ubars, daß Samos, erster Sklavenhändler von Port Kar, nun dem Rat anträgt, er solle die Leitung der Stadt Port Kar in eigene Hände nehmen, mit voller Machtbefugnis, ob in Politik, Geset z gebung, Ordnungsmacht, Besteuerung oder anderen Di n gen.«
»Nein!« riefen die Ubars fast gleichzeitig und spra n gen auf.
»Das
Weitere Kostenlose Bücher