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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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mit einer unbezwinglichen Liebe zur natürlichen Freiheit, zog er es vor, diese unter den Thieren des Waldes, oder in den elenden, öden Schlupfwinkeln von Lachen und Morästen zu genießen, ehe er seinen stolzen Geist unter das Joch beugte, und abhängig und verachtet in der Behaglichkeit und dem Wohlleben der Niederlassungen lebte. Mit heldenmüthigen Eigenschaften und kühner Tapferkeit begabt, welche einem Krieger aus der gebildeten Welt Ehre, und ihn zum Gegenstand der Dichtung und Geschichte gemacht haben würden, lebte er als ein Wanderer und Flüchtling in seinem Geburtslande, und ging, wie eine einsame Barke, in der Dunkelheit und im Sturme unter – ohne ein bemitleidendes Auge, das seinen Fall beweint, oder eine Freundeshand, welche seinen letzten Kampf aufgezeichnet hätte.
    John Bull.

Ein alt Lied, von einem alten Burschen erdacht
Von einem alten würd’gen Herrn, der ‘n Gut hatt’ und Macht,
Der ‘n gut alt Haus hielt, wie man’s vor Alters gemacht,
Und ‘n alten Pförtner, der den Armen Nahrung gebracht;
‘n alt Zimmer, mit gelehrten alten Büchern darin,
‘n alten würd’gen Caplan, am Blick schon kennt ihr ihn,
‘ne alte Speiskammer, – die Thür wackelt her und hin, –
Und ‘ne alte Küche – ein halb Dutzend alter Köche dienten d’rin.
Wie ‘n alter Höfling u. s. w.
Altes Lied .

    Es gibt keine Art von Laune, in welcher die Engländer sich mehr auszeichnen, als im Verfertigen von Carrikaturen und in der Erfindung lächerlicher Benennungen oder Beinamen. Auf diese Art haben sie nicht allein Einzelne, sondern ganze Völker launig bezeichnet; und bei ihrer Vorliebe einen Scherz recht weit zu treiben, haben sie ihrer selbst nicht geschont. Man sollte denken, daß eine Nation, wenn sie sich personificirt, sich gern als etwas Großes, Heroisches und Imposantes darstellen würde; aber es ist ein charakteristisches Zeichen der besondern Laune der Engländer, und ihrer Vorliebe für alles, was derb, komisch und vertraulich ist, daß sie ihre nationellen Seltsamkeiten in dem Bilde eines stämmigen, wohlbeleibten alten Mannes, mit einem dreieckigen Hute, rother Weste, ledernen Beinkleidern und einem starken eichenen Prügel, verkörpert haben. So haben sie ein besonderes Vergnügen darin gefunden, ihre geheimsten Schwachheiten in ein lächerliches Licht zu stellen, und sind in ihren Bildern so glücklich gewesen, daß kein wirklich vorhandenes Wesen vor dem Geiste des Publikums lebendiger dastände, als jener sonderbare Charakter, John Bull.
    Vielleicht hat die fortwährende Anschauung des so von ihnen gegebenen Bildes dazu beigetragen, das Volk selbst demselben ähnlich zu machen, und auf diese Weise dem Wirklichkeit zu geben, was anfänglich größtentheils aus der Einbildungskraft mag geschöpft worden sein. Die Menschen nehmen leicht Eigenthümlichkeiten, die man ihnen fortdauernd zuschreibt, wirklich an. Die niedrige Classe der Engländer scheint von dem Ideal, das sie sich von John Bull gemacht hat, wunderbar eingenommen, und bestrebte sich, der stark gezeichneten Carricatur, welche sie beständig vor Augen hat, gleich zu kommen. Unglücklicherweise macht sie aber zuweilen diesen gepriesenen Bullismus zu einem Entschuldigungsgrund für ihre Vorurtheile oder Derbheiten; und dieß habe ich besonders bei den ächten Eingebornen und wahren Kindern des Landes bemerkt, welche nie aus dem Bereich des Geläutes der Bow-Kirche gekommen sind. Wenn einer von diesen etwas plump in seiner Rede ist, oder unangenehme Wahrheiten sagt, erklärt er sogleich, daß er ein wahrer John Bull sei, und seine Meinung immer frei heraussage. Geräth er dann und wann in eine ungebührliche Hitze über Kleinigkeiten, so sagt er, John Bull sei ein jähzorniger alter Degen, aber seine Aufwallung gehe im Augenblick vorüber, und er hege keine Bosheit. Gibt er Beweise von wenig feinem Geschmack und von Unempfänglichkeit für fremde Verfeinerungen, so dankt er dem Himmel für seine Unwissenheit – er sei der einfache John Bull, und finde kein Vergnügen an Flitter und Spielwerk. Selbst die Leichtigkeit, womit er sich von Fremden betrügen läßt und für Thorheiten übertrieben bezahlt, muß unter dem Vorwande der Freigebigkeit hingehen, – denn John Bull ist immer großmüthiger, als er klug ist.
    So will er es dahin bringen, daß unter dem Namen John Bull, jeden Fehler zu einem Verdienste umgewandelt wird und möchte sich fest davon überzeugen, daß er der ehrlichste Bursche von der Welt sei.
    Wie wenig nun auch

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