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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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...« Damien blickte weg. Ihm kamen wieder die Tränen. Ich dachte hämisch, dass er im Knast Probleme kriegen würde, wenn er wegen jeder Kleinigkeit losflennte. »Sie hat gesagt, sie wäre vielleicht niemals imstande, mit mir zu schlafen. Wegen der schlimmen Assoziationen. Sie wüsste nicht, ob sie jemals so viel Vertrauen zu jemandem haben könnte. Dann hat sie gesagt, sie würde es verstehen, wenn ich mit ihr Schluss machen wollte, um mir eine normale Freundin zu suchen – normal , das hat sie tatsächlich gesagt. Ihre einzige Bitte war, wenn ich Schluss machen wollte, dann sofort, bevor sie zu sehr an mich gebunden wäre ...«
    »Aber das wollten Sie nicht«, sagte Cassie sanft.
    »Natürlich nicht«, sagte Damien schlicht. »Ich liebe sie.« Da war irgendetwas in seinem Gesicht, eine sorglose und verzehrende Reinheit, und ob Sie’s glauben oder nicht, darum beneidete ich ihn.
    Sam reichte ihm ein frisches Taschentuch. »Eins versteh ich nicht«, sagte er. »Sie wollten Rosalind beschützen – klar, jeder Mann hätte das gewollt. Aber wieso Katy beseitigen? Wieso nicht Jonathan? Den hätte ich mir vorgenommen.«
    »Das hab ich auch gesagt«, sagte Damien, und dann stockte er, mit offenem Mund, als hätte er etwas Belastendes gesagt. Cassie und Sam blickten ihn ungerührt an und warteten.
    »Ähm«, sagte er nach einem Augenblick. »Also, einmal abends hatte Rosalind Bauchschmerzen, und als ich gefragt hab, was los ist, hat sie rumgedruckst, und schließlich ist sie mit der Sprache rausgerückt. Er hatte ... er hatte ihr in den Bauch geschlagen. Viermal. Nur weil Katy ihm erzählt hatte, Rosalind würde sie nicht das Fernsehprogramm umschalten lassen, auf eine Ballettsendung – und das stimmte nicht mal, sie hätte umgeschaltet, wenn Katy was gesagt hätte ... Ich konnte das einfach nicht mehr ertragen. Ich hab ständig daran denken müssen, was sie alles durchmacht, ich konnte nachts nichts schlafen – ich konnte das nicht länger zulassen !«
    Er holte Luft, bemühte sich, seine Stimme wieder unter Kontrolle zu kriegen. Cassie und Sam nickten verständnisvoll.
    »Da hab ich gesagt, ähm, ich hab gesagt: ›Ich bring ihn um.‹ Rosalind konnte gar nicht glauben, dass ich das wirklich für sie tun würde. Und na ja, ich glaube, so ganz ernst hab ich das nicht gemeint. Ich hatte noch nie im Leben über so was auch nur nachgedacht. Aber als ich sah, wie viel es ihr bedeutete, dass ich es auch nur gesagt hatte – noch nie hatte jemand sie beschützen wollen ... Sie war den Tränen nahe, und sie weint sonst nie, sie ist sehr stark.«
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Cassie. »Warum haben Sie denn nicht Jonathan Devlin beseitigt, wo sich der Gedanke doch schon in Ihrem Kopf eingenistet hatte?«
    »Na ja, wenn er gestorben wäre« – Damien beugte sich vor und gestikulierte nervös –, »hätte die Mutter sich nicht um die Kinder kümmern können, wegen Geld und weil sie ein bisschen durchgeknallt ist oder so. Dann wären sie in Heime gekommen, in verschiedene, das heißt, sie wären getrennt worden und Rosalind hätte nicht mehr auf Jessica aufpassen können – und Jessica braucht sie, sie ist so verstört, dass sie allein nicht zurechtkommt. Rosalind muss für sie die Hausaufgaben machen und so. Und Katy – ich meine, Katy hätte sich bloß ein neues Opfer gesucht. Aber ohne Katy wäre alles gut gewesen. Ihr Dad hat nur dann Sachen mit ihnen gemacht, wenn Katy ihn dazu gebracht hat. Rosalind hat gesagt, und deswegen hatte sie auch Schuldgefühle – wie abartig, sie hatte Schuldgefühle –, jedenfalls sie hat gesagt, manchmal wünschte sie, Katy wäre nie geboren worden ...«
    »Und das hat Sie auf eine Idee gebracht«, sagte Cassie seelenruhig. Ich sah ihr am Mund an, dass sie vor Wut kaum sprechen konnte. »Sie haben vorgeschlagen, stattdessen Katy umzubringen.«
    »Ja, es war meine Idee«, sagte Damien rasch. »Rosalind hatte nichts damit zu tun. Sie hat nicht mal ... zuerst hat sie nein gesagt. Sie wollte nicht, dass ich ihretwegen so ein Risiko eingehe. Sie hat jahrelang durchgehalten, hat sie gesagt, da könnte sie auch noch weitere sechs Jahre durchhalten, bis Jessica alt genug wäre, um auszuziehen. Aber ich konnte das nicht zulassen! Als sie den Schädelbruch hatte, war sie zwei Monate im Krankenhaus. Sie wäre fast gestorben .«
    Plötzlich war auch ich wütend, aber nicht auf Rosalind, sondern auf Damien, weil er so ein verdammter Schwachkopf war, ein Blödmann, eine trottelige

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