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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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mich auf die Flucht vor ihm gemacht hatte. Er hatte mir Anweisungen gegeben … irgendetwas über eine Frau namens … namens wie? Nina Poolman. Ich sollte mir ihren Namen merken. Aber weshalb?
    Ich war müde und wollte schlafen, aber der Gedanke an Nick Parrish hielt mich wach, wenn ich auch nicht beson ders munter war.
    Entfernt hörte ich eine Männerstimme etwas rufen.
    Fast hätte ich glauben können, es sei mein Name gewesen, aber ich war mir nicht sicher.
    Der Nebel lichtete sich schnell. Außerhalb des Waldes könnte man mich jetzt leichter erkennen. Langsam kroch ich wieder in den schmalen Spalt in der Felsgruppe.
    Nur Minuten später hörte ich etwas oder jemanden durchs Gebüsch brechen, flussabwärts von meinem Versteck. War es Parrish? Noch ein Reh? Ein Bär? Ich wagte nicht, mich von dort, wo ich kauerte, zu erheben.
    Ich wartete. Das Geräusch entfernte sich. Wahrscheinlich ein Tier, sagte ich mir. Überzeugt war ich nicht.
    Ich schlief wieder ein; ich weiß nicht, wie lang. Weiter weg, flussaufwärts, konnte ich gerade noch ein Hundebellen vernehmen. Ich war mir fast sicher, dass es Bingle war, doch das Bellen hatte einen Klang an sich, der mich um Ben und den Hund zugleich fürchten ließ. Es konnte nur bedeuten, dass Parrish in ihrer Nähe war.
    Ich wollte mich nicht einfach verstecken und mir anhören, welch schreckliche Grausamkeiten Parrish ihnen zufügen mochte, auch wenn es nur leise Geräusche aus der Ferne waren.
    Langsam verließ ich mein Versteck. Ich fand einen langen, kräftigen Stock und spitzte ihn zu. Als ich das Endprodukt betrachtete, musste ich den Drang unterdrücken, ihn liegen zu lassen, wenn auch nur aus dem Grund, mir die Blamage zu ersparen, dass ich mir als Beilage zu meinem eigenen Tod auch noch Peinlichkeit servierte.
    Ich war außerstande, schnell davonzulaufen, aber ich versuchte ein paar Stretching-Übungen zu machen, während ich am Bachufer entlangging, und benutzte meinen selbst gemachten Speer als Spazierstock, indem ich mich bei Schwindelanfällen darauf stützte und mein Bestes tat, um mich von den Muskelschmerzen zu befreien, die meine Bewegungen steif und langsam machten.
    Immer wieder hörte ich, wie sich jemand in den Büschen am Bach bewegte. Jedes Mal verbarg ich mich so gut ich konnte, wartete, sah nichts.
    Beim Gehen spürte ich erneut, wie ich immer benommener und verwirrter wurde. Die Schwindelanfälle häuften sich. Ich blieb stehen, um zu trinken. Ich war erschöpft und verängstigt – wie sollte ich da Ben und Bingle beistehen?
    Kaum hatte ich mir selbst diese Frage gestellt, als ich lautes Lärmen im Wald – viel lauter als zuvor – vernahm, gefolgt von aufgeregtem Bellen. Aber wenn Bingle hier war, was war dann mit Ben passiert?
    Ich merkte, wie Verzweiflung in mir aufwallte. Bens Überleben war nie gesichert gewesen, aber sein Tod war ein Schlag, auf den ich nicht gefasst war. Mühsam fand ich die Beherrschung wieder. »Zahl es dem Dreckskerl heim!«, sagte ich mir und packte meinen Speer.
    Ich fragte mich gerade, ob der Hund Parrish direkt zu mir führen würde, als ich den Hubschrauber hörte. Sehen konnte ich ihn nicht, aber er klang so groß wie Gott.
    Ich würde als Erste bei ihm ankommen, nahm ich mir vor – vielleicht kam ich ja zu spät, um Ben zu retten, aber eventuell konnte ich den Piloten warnen, bevor Parrish das Feuer auf ihn eröffnete. Ich ging auf das Geräusch zu, was nicht leicht war, da es von allen Seiten auf einmal zu kommen schien. Ich konnte nichts anderes mehr hören und zog mein Messer.
    Seitlich von mir nahm ich eine Bewegung wahr, und dann sprang mir auch schon Bingle entgegen. Hinter ihm kam jemand durch den Wald.
    Panisch lief ich zuerst stolpernd davon, doch es blieb keine Zeit zur Flucht, und so kauerte ich mich hinter einen gefällten Baum, den Speer in der einen Hand, das Messer in der anderen.
    In der Hoffnung, dass irgendjemand nah genug wäre, um mich trotz des Hubschraubers zu hören, schrie ich aus Leibeskräften.
    Bingle blieb stehen und sah verständnislos drein.
    Hinter ihm trat eine Erscheinung hervor. Frank kam aus dem Wald.
    Einige Augenblicke konnte ich ihn nur anstarren und mich fragen, wie Parrish diese Verkleidung hingekriegt hatte.
    Ein heftiger Wind kam auf, blies Blätter und Zweige vor sich her und verschreckte Vögel und Kleintiere. Und mich auch.
    Der Wind legte sich, doch der Lärm des Hubschraubers war nach wie vor ohrenbetäubend.
    Frank bremste seinen zunächst rasanten Lauf zu mir ab,

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