Gracie in Love
Whitefield der richtige Mann für Los Lobos? Er ist jung. Er ist unerfahren. Er zog durch die Welt, während er eigentlich hier etwas zu erledigen hatte. Die meisten von ihnen wissen, dass er wegging, um reich zu werden, während seine Mutter hier mit dem Krebstod rang. Er kam nicht mehr zurück, um sie noch einmal zu sehen. Das ist nicht das Vorbild, das ich mir für meine Kinder wünsche.“
Gracie verspannte sich. „Das stimmt überhaupt nicht“, flüsterte sie Jill zu. Die Menge wurde unruhig. „Er wusste gar nichts von ihrer Krankheit.“
„Meinst du, das interessiert Yardley?“, fragte Jill.
Gracie sah zur Bühne, gespannt auf Rileys Reaktion. Doch der blieb ganz ruhig sitzen, seine Miene war unverändert.
Mit den Anschuldigungen sollte es jedoch noch nicht zu Ende sein. Der Bürgermeister beugte sich nach vorn. „Damals war Riley noch ein kleiner Junge, er war gerade einmal achtzehn Jahre alt. Gut, es war nicht leicht für ihn. Er hatte ein Mädchen geschwängert, heiratete sie, ließ sich kurz darauf wieder scheiden. Doch wir alle werden irgendwann erwachsen. Aus dem kleinen Jungen wurde ein Mann. Man verändert sich. Das heißt, manche verändern sich. Bei Riley Whitefield bin ich mir da nicht so sicher.“
In Gracies Magen begann es zu brennen. Sie hatte die dumpfe Vorahnung, dass es gleich noch schlimmer kommen würde.
Franklin Yardley sah Riley an, dann das Publikum. „Wer soll Ihrer Gemeinde vorstehen? Ein Mann, den Sie kennen und dem Sie vertrauen, ein Mann, der Sie nie belogen oder betrogen hat? Oder Riley Whitefield, den keiner von uns wirklich kennt? Ein Mann, der seine sterbende Mutter im Stich gelassen hat und nun zurückgekehrt ist, um sich an Gracie Landon zu rächen, der Frau, die ihn jahrelang aufopferungsvoll liebte. Doch er zahlte es ihr mit Betrug und Verachtung heim. Nun ist sie nicht nur schwanger von ihm, sondern Riley weigert sich auch, sie zu heiraten!“
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
13. KAPITEL
A lle Menschen im Saal wandten sich in Gracies Richtung. Einen Moment lang dachte sie, sie würde zum ersten Mal in ihrem Leben in Ohnmacht fallen. In ihren Ohren rauschte es, ihr Körper kam ihr ungeheuer schwer vor, und sie konnte sich auf nichts mehr konzentrieren. Dann hatte sie wieder einen klaren Blick, und sie sah deutlich, wie Riley aufsprang und wütend und schockiert in ihre Richtung blickte.
„Gracie?“ Jill starte sie an. „Hast du ...?“
Gracie wartete nicht auf das Ende des Satzes. Sie fühlte die Blicke der Menschenmenge auf sich. Man zeigte mit dem Finger auf sie, es wurde getuschelt. Doch all das war ihr egal. Sie wollte nur eins wissen: Was ging in Riley vor?
„Ich muss gehen“, sagte sie und stand auf, dann rannte sie zur Tür. Irgendjemand rief ihren Namen, doch sie lief weiter und drehte sich nicht um.
„Ist das wahr?“, schrie jemand. „Hat Riley dich geschwängert?“
In Gracies Magen brannte es, aber das hatte diesmal nichts mit Sodbrennen zu tun. Dieser Schmerz kam von der Erkenntnis, dass sie einmal in ihrem Leben einem Menschen nahe gewesen war – und ihr diese Nähe gerade entrissen wurde.
Riley überlegte, ob er zur Bank zurückfahren sollte. Es war kurz nach fünf, er konnte also auch direkt nach Hause fahren, aber er wollte jetzt nicht allein sein.
Das Rededuell hatte mit einer Katastrophe geendet. Yardley war von Anfang so zuversichtlich über den Ausgang der Veranstaltung gewesen – es war offensichtlich, dass er etwas im Schilde führte. Aber damit war nun wirklich nicht zu rechnen gewesen. Yardleys Schläge hatten gesessen. Die braven Bürger von Los Lobos konnten über eine Menge Fehler hinwegsehen, doch keiner würde ihm verzeihen, dass er die Legende der Stadt mies behandelte.
Woher wusste Yardley überhaupt Bescheid? Hatte er einfach ein paar Fakten zu dieser Geschichte aufgebauscht, oder hatte ihm jemand gesteckt, was passiert war? Er selbst hatte mit niemandem darüber geredet, und er bezweifelte, dass Gracie Gerüchte streute. Das hieß aber auch: Die Information konnte Yardley nur von Gracie selbst haben.
Riley parkte auf seinem Parkplatz hinter dem Bankgebäude und stieg aus. Obwohl gleich geschlossen wurde, herrschte immer noch reger Kundenbetrieb. Riley sah eine Frau, die einen Kinderwagen über den Bürgersteig schob. Es war warm, der Himmel wolkenlos. Alles war vollkommen normal. Und trotzdem fühlte er sich, als hätte man ihn verprügelt und halbtot am Straßenrand
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