Gracie in Love
weil du heimlich in mich verliebt warst.“
„Nicht so ganz.“
„Aber ziemlich nah dran.“
„Ich wollte Pam nicht heiraten.“
„Okay, das kann ich verstehen“, gab Gracie zu. „Und ich darf dich daran erinnern, dass ich dich schon damals vor ihr gewarnt habe.“
„Ja, das hast du. Und ich wollte nicht hören. Aber es war ohnehin egal. Meine Mutter bestand auf dieser Heirat. Sie pochte auf mein Verantwortungsbewusstsein.“ Bei dem Gedanken an den Streit von damals verzog Riley das Gesicht. „Sie wollte, dass ich respektiert werde und das Richtige tue.“
„Aber du wolltest nur weg.“
„Ja. Ich will ja gar nicht sagen, dass meine Mutter unrecht hatte. Aber mit achtzehn sieht man das anders. Also heiratete ich Pam, blieb lange genug bei ihr, um festzustellen, dass sie gar nicht schwanger war, und machte mich dann aus dem Staub. Erst sagte ich meiner Mutter aber noch, sie hätte mein Leben ruiniert und ich würde ihr das niemals verzeihen.“
Er sah hinaus aufs dunkle Meer. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und man konnte kaum die weißen Schaumkronen sehen, die auf den Sand gespült wurden.
„Das war das Letzte, was ich zu ihr gesagt habe“, vertraute er Gracie an.
„Was?“ Gracie machte sich los und sah ihn an. „Weil du danach nie mehr zurückkamst?“
Riley nickte. „Ich war so wütend. Dann bin ich abgehauen und in den Norden gegangen. Schließlich landete ich in der Südchinesischen See, auf der Ölbohrinsel. Von dort aus schickte ich ihr einen Brief mit einem Scheck. Sie schrieb zurück und bat mich, sie doch irgendwann einmal zu besuchen. Ich versprach es, doch ich habe es nie geschafft.“
Es war für ihn nicht so wichtig gewesen, und seine Wut hatte sich lange Zeit nicht gelegt.
„Irgendwann schrieb sie mir dann, sie wäre krank und hätte Krebs, allerdings sei es nicht so ernst, dass ich alles gleich stehen und liegen lassen müsste. Ich organisierte also meine Rückreise. Eine Woche bevor ich fahren wollte, rief mich eine Krankenschwester aus dem Krankenhaus an, in dem sie lag. Sie teilte mir mit, dass meine Mutter nur noch wenige Stunden zu leben hätte. Meine Rückreise dauerte knapp fünfzig Stunden. Als ich ankam, war sie schon tot.“
Gracie hielt ihn fest. „Wie schrecklich.“
„Na ja. Es ist lange her. Im Grunde hatte Yardley also recht mit dem, was er heute gesagt hat. Ich kam nicht zurück, als meine Mutter im Sterben lag.“
„Aber du wusstest doch nichts davon.“
„Ist das eine Entschuldigung?“, erwiderte er und sah immer noch hinaus aufs Meer. „Ich finde nicht. Sie war ganz allein, das ist für mich das Schlimmste. Sie starb im Krankenhaus und war ganz allein. Weil ihr egoistischer Sohn es nicht auf die Reihe bekam, rechtzeitig seinen Arsch zu bewegen. Und ihrem eigenen Bruder, der in derselben Stadt lebte, war sie vollkommen egal.“
Gracie kniete sich hin und sah ihn an. „Wovon redest du?“
„Donovan Whitefield hielt Wort. Er hat seiner Schwester nie verziehen.“ Gracie spürte seine Verbitterung. „Ich habe später ihre Briefe an ihn entdeckt, die alle ungeöffnet zurückkamen. Sie hatte ihn um Geld angefleht, damit sie ihre Behandlung bezahlen könnte. Das bisschen, was ich ihr geschickt habe, war bei Weitem nicht ausreichend. Und bei dem, was ich damals verdiente, hätte ich auch nie eine kostspielige medizinische Behandlung bezahlen können. Also wandte sie sich an ihren Bruder, doch er öffnete ihre Briefe nicht einmal.“
Mit einem krächzenden Laut warf sich Gracie in Rileys Arme.
„Das tut mir alles so leid für dich“, flüsterte sie und presste sich zitternd an ihn.
Unfähig, mit ihrem Mitleid umzugehen, verspannte sich sein ganzer Körper, dann legte er die Arme um sie.
„Ist schon okay“, beruhigte er Gracie.
„Ist es nicht.“ Sie hob den Kopf und sah ihn an. Waren das Tränen, die ihr über die Wangen liefen? „Nein, das ist alles ganz und gar nicht okay. Du trägst diese Schuld mit dir herum, obwohl es alles nicht deine Schuld ist. Weder hast du deine Mutter krank gemacht, noch wusstest du, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hatte.“
Gracie wollte ihm helfen. War ihr nicht klar, dass das nicht ging?
„Doch, das wusste ich. Sie hat es mir ja gesagt.“ „Aber dann hätte sie bestimmter sein müssen, du bist ja kein Gedankenleser. Gut, du wirfst dir vor, dass du dich nicht beeilt hast, aber das ist alles. Alles andere ... Wie konnte dein Onkel nur so lieblos sein? Wie konnte er sie so jämmerlich im Stich
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