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Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral

Titel: Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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schöpfte Roç mit einer hölzernen Kelle den nächsten Guß. »Wer Wasser will, muß zahlen!«
    »Und wer vorbei will, auch!« setzte Yeza nach und spritzte mit der flachen Hand einen weiteren Strahl in Ric h tung Crean.
    »Ich bin ein armer Wanderer und sterbe vor Durst!« be t telte er mit verstellter, krächzender Stimme. »Bitte, habt Erbarmen, einen Schluck Wasser bitte!«
    »Wer arm ist, braucht nichts zu zahlen«, erklärte Roç an Yeza gerichtet, und die hielt ihm auch gleich ihren B e cher hin. »Da, Armer, trink soviel du willst!«
    Crean nahm nur einen Schluck, bedankte sich und hu m pelte, ein Bein nachziehend, davon. »Habt Dank, ihr g u ten Kinder, ihr habt mich reich gemacht …«
    Eine Tür ohne Klinke
    Otranto, Frühjahr 1245
    Der Hauptmann der Sarazenen von Lucera hatte uns e i nen wegeskundigen Führer mitgegeben, so daß nach nur einer Woche die blaue Bucht des alten Hydruntum vor uns lag.
    »Ich versteh ’ das nicht«, sagte mir Elia, der an meine Sänfte herangeritten war. Es war das erste Mal seit uns e re Ankunft in Lucera, daß er mit mir spracht. Er war noch arg blaß um die Nase. »Mein Freund Turnbull bittet mich, ihm ein Schriftstück wieder hierher nach Otranto mitzubringen, das er mir vor einem halben Jahr oder mehr geschickt habe – ungefähr also, William, als der Teufel dich nach Cortona führte –, das aber nie in meine Hände gelangte. Jetzt, kurz vor den Toren von Otranto und dem verabredeten Treffen mit dem Conde du Mont-Sion – sagt dir der Name nichts, William?« – ich schüttelte voller Unschuld den Kopf – »taucht aus dem Nichts der schwarze Höllenhund auf, bringt mir ein Schreiben – hätt ’ er ’ s geraubt, wäre es mir einsichtig –, und ein Minorit, den ich schon lange im Ve r dacht habe, dem Castel näherzustehen als seinem General, der stiehlt es! Hat der Unheilsbote denn mit keinem Wort gesagt, worum es sich handelt?«
    Ich wackle wieder mit dem Kopf; ich kann ihm nicht helfen. »Vielleicht hat der aufmerksame Kurier uns be o bachtet, den Dieb verfolgt und bestraft und hat das Schre i ben längst in Otranto für Euch abgegeben«, biete ich an.
    »Das macht keinen Sinn, William.«
    Ich dachte, damit hätte die Sache ihr Bewenden, als ich Elia plötzlich sagen hörte: »Bindet ihm die Hände auf den Rücken!«
    Ich dachte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Man zerrte mich grob aus meiner Sänfte und zwang mich auf ein Pferd. Auch die Augen wurden mir verbunden.
    Ich hörte, wie Elia einen Sarazenen vorwegschickte, uns anzukündigen, denn: »Die Gräfin von Otranto ist dafür b e kannt, erst zu schießen und dann nach dem ›Wer da?‹ zu fragen, wenn sich ein Haufen ihrem Kastell nähert, den sie nicht kennt.«
    Elia hatte auf die Mitnahme einer kaiserlichen Standarte verzichtet und sich selbst auch nur als einfacher Reisiger gekleidet. Ich hörte uns über eine eisenbeschlagene Bo h lenbrücke sprengen, ich wurde, immer noch auf meinem Pferd sitzend, eine steinerne Rampe hinaufgeführt, und dann, nach kurzem Wortwechsel im – mich deucht ’ s – griechischen Idiom, wurde ich abgeladen und, mehr getr a gen als geleitet, in einen Raum verbracht.
    Bevor sich die Tür hinter mir schloß, entknotete jemand meine Handfessel. Die Augenbinde nahm ich mir selber ab und stand in einem großen Raum mit Fenster zum Meer, durch das die Sonne gleißend hereinschien. Es war vergi t tert. Außer einem Bett, Stuhl und Tisch wies das Zimmer sogar einen Kamin auf, sonst nichts.
    Ich ging vorsichtig auf die Tür zu: Sie hatte keine Klinke und war aus massivem Eichenholz. Ich trat an das Fe n ster und preßte meine Nase zwischen die Eisenbarren. Unten im Garten ging eine stattliche Frau elastischen Schrittes auf Elia zu. Das mußte die berühmte Gräfin sein, eine herbe, schlanke Erscheinung. Sie begrüßte ihn unkompliziert – sie kannten sich offensichtlich – und stellte ihn dann einem älteren Herren vor, der mit ihr nicht Schritt gehalten hatte. Eine schmale Gestalt, sicher schon über die Siebzig, mit einer schneeweißen, lohenden Mähne, die ihm das Auss e hen eines Gelehrten oder Künstlers gab.
    Sie verschwanden aus meinem Blickfeld. Ich setzte mich auf das Bett und lauschte. Draußen, unterhalb der Ma u ern, donnerte die Brandung an die Uferwehr, die ich nicht ei n sehen konnte, ich sah nur die Gischt, die in unrege l mäßigen Abständen hochsprühte. Der Teppich vor meinem Bett zuckte. William, du leidest an Einbildungen! Doch hob ich instinktiv

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