Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
ausreichen wü r de, endlich den Silberschmied aufzusuchen. »Auf dem Friedhof der Angeloi, wenn Ihr darauf besteht«, gab er dann zur Antwort.
»Auf mein Wort!« sagte Yves, stieg über die Körper der Toten hinweg und war alsbald im Dunkeln verschwu n den.
Die Uhr des Hephaistos schlug die fünfte Stunde des Hesperos. Ihr Turm stand unterhalb des Friedhofs der A n geloi und ragte wie eine Bastion über Stadt und H a fen. Sie gab keine Glockenschläge von sich, sondern für jede volle Stunde einen anderen metallischen Ton, der weithin drang.
Hier hatte sich der in schmähliche Flucht getriebene Trupp des Legaten wieder gesammelt, doch das kunstvo l le Horologi-on gab ihnen keinen Hinweis darauf, welche Zeit es geschlagen hatte. Ein Räderwerk spannte eine gewaltige metallische Feder, und wenn sie umsprang, schnellte eine Figur mit einem Hammer hervor und schlug an das vor ihm hängende Eisenstück. Es waren ihrer sechs an dem großen Zentralrad aufgehängt, ve r schieden gebogene und geformte Platten bis zur Röhre. Sie gaben vom hellen Klingen bis zum dumpfen Dröhnen jeder der sechs Stunden einer Halbnacht oder eines Hal b tages ihren eigenen spezifischen Klang.
»Warum die Griechen das Schlagwerk dem Gott der Schmiede zuschreiben, bleibt ihnen selbst unerfindlich. Es war ein Geschenk des Kalifen von Bagdad an den Kaiser Alexios Kom-nenos«, mokierte sich jetzt sogar der anson s ten schweigsame arabische Kaufmann.
»Das Volk von Konstantinopel liebt anscheinend die Uhr, schon weil sie die Fremden ärgert, die aus dem Ton die Zeit nicht zu lesen verstehen!« fügte Ascelin lächelnd hinzu: » Ãíþèé êáéñüí!«
»Alle Griechen sind falsch«, faßte Simon von Saint-Quentin seine Eindrücke zusammen. »So falsch, daß sie einen Christen sogar um die Uhrzeit betrügen.«
»Schlechte Menschen findet man selbst im christlichen Abendland. Ein jeder kehre vor der eigenen Tür!« Asc e lin lag daran, jetzt keinen Streit aufkommen zu lassen. Er war mit dem Ergebnis der Nacht zufrieden und führte seinen Trupp wohlbehalten zurück, selbst Vitus hatte keine Schwierigkeiten gemacht.
Sie hatten ungesehen den Weg vom Hafen zum B i schofspalast ausgekundschaftet und strebten nun wieder dem päpstlichen Schnellsegler zu.
An der Schiffsbrücke angelangt, verabschiedeten sie den freundlichen Araber. Er wies ein Geldgeschenk Ascelins stolz zurück – »Afwan ashkurukum …« – und bedankte sich seinerseits wortreich dafür – »… ala suchbatikum …« -, daß sie ihn mit ihrer Gesellschaft geehrt hätten – »… al-dschamila.« Ascelin wunderte sich etwas über den Mann, den sie mehr durch die nächtliche Stadt geschleift hatten – bis hinauf zu den Mauern des Kallistos –, als daß er sie geführt hatte, und seinen gebildeten Ausführungen hatte unhöflicherweise auch keiner so recht Gehör g e schenkt, geschweige denn, daß sie darauf eingegangen wären.
»Ihr habt viel geredet, wenig gesehen«, sagte der Vite r bese, als keiner es hören konnte, »ich habe geplant.« Asc e lin und Simon tauschten ein ironisch-mitleidiges L ä cheln, ließen ihn aber sich erklären: »Drei Stunden nach der M a tutin gehe ich mit einem Drittel unserer Truppen von Bord. Wir ziehen in kleinsten Gruppen durch die Stadt, sammeln uns auf dem Friedhof der Angeloi und umzingeln dann mit einer unsichtbaren Postenkette den Palast.« Das heimliche Amüsement zwischen dem Leg a ten und seinem Begleiter gewann an Heftigkeit, sie mu ß ten an sich halten, um nicht laut herauszuprusten. »Eine Stunde später, also zwei vor Mittag, rudert ihr das Schiff in den eigentlichen Hafen, wo kein Liegeplatz frei ist, weswegen ihr euch längsseits hinter die Triëre legt – womit dieser jede Bewegungsmöglichkeit genommen ist – und höflich bittet, den apostolischen Leg a ten anlanden zu dürfen. Dieser verläßt ohne Hast in aller Würde nach einer weiteren Stunde sein Schiff, begibt sich – so erlaubt – über die Planken von Otranto mit einem we i teren Dri t tel als angemessener Eskorte an Land und zieht offiziell – und möglichst als letzter – in den Bischofspalast ein.
Wenn Ihr seht«, wandte sich der Viterbese an Ascelin, der gesenkten Hauptes zuhörte, »daß Ihr zu früh dort a n langt, dann haltet unterwegs an zum Gebet und bewegt Euch wie auf der via crucis die Serpentinen hoch. Vor dem Tor werde ich mich unauffällig zu Euch gesellen! Das let z te Drittel –«
»Haltet inne, hochmögender Feldherr!« zwang sich A s celin
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