Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig
gekocht. Im Fernsehen lief der Bachelor. Ein frisch gefickter Sonnenbanktyp mit Riesennase musste sich zwischen einer Anzahl Hühner entscheiden. Der Sender bezahlte das Ambiente, das aus schönem Essen und Kurzurlauben bestand. Die Kandidatinnen waren devot und willig, der Kerl bestimmt ein arbeitsloser Schauspieler mit minderer Begabung. Plötzlich erinnerte ich mich meiner kurzfristigen Mitgliedschaft in der militanten Frauengruppe Rote Zora und bedauerte, dass die Mädels zu früh in der Weltgeschichte abgetaucht waren.
»Ich glaube, ich habe den falschen Beruf«, unterbrach Kati meinen Ausflug in die bewältigte Vergangenheit. »Kann ich nicht auch Journalistin werden? Da erlebe ich wenigstens was.«
»In den Journalismus sind schon genug Leute hineingescheitert«, meinte ich und peilte die Lage auf dem Esstisch. »Bleib mal bei deinem Job. Verbrechen begehen die Menschen immer – aber ob sie immer Zeitung lesen, steht noch nicht fest.«
Mit was sollte ich meinen Mund zuerst verwöhnen? Mit den kleinen Paprikaschoten, die mit Schafskäse gefüllt waren, der Gänseleberpastete, den eingelegten getrockneten Tomaten, der italienischen Coppa, den grünen Riesenoliven, in denen eine helle Mandel steckte, oder sollte ich meinen Hunger zunächst mit einem Stück Brot dämpfen, um die anderen Leckereien besser goutieren zu können? Ich nahm das Brot.
»Ich habe vorhin Hunzes Witwe besucht«, erzählte ich. »Sie war gerade dabei, die Hinterlassenschaft ihres Holden zu ordnen. Besonders traurig scheint sie nicht zu sein.«
»Hast du das erwartet?«, fragte Kati. »Ihr Kerl machte schließlich mit Huren rum. Das gefällt ja wohl keiner Ehefrau.«
»Vielleicht ist sie ja die Mörderin. Eifersucht ist immer ein gutes Motiv.«
»Sie hat ein Alibi«, erwiderte Kati. »Das haben wir überprüft. Es ist bombenfest.«
»Sie könnte einen Killer engagiert haben«, meinte ich. Das Brot war knusprig und würzig.
»Könnte sein«, stimmte Kati zu. »Der Mörder hat eine Pumpgun benutzt. Jemandem damit den Kopf wegzupusten ist ja nicht so einfach. Dazu braucht man eiserne Nerven oder man muss von einem abgrundtiefen Hass getrieben werden. Sieht wirklich nach Killer aus.«
»Eben.« Inzwischen kaute ich genüsslich eine gefüllte Olive. Die leichte Süße der Mandel verband sich perfekt mit der Bitterkeit der grünen Frucht.
»Aber die Witwe Hunze war bestimmt nicht die Auftraggeberin. Die hatte schon lange resigniert und gar nicht mehr die Energie, es ihrem Alten heimzuzahlen. Und wenn, warum gerade jetzt?«
Mir fiel das Papier wieder ein, das ich hatte mitgehen lassen, als der Wind durch das Atelier pustete. Ich holte es aus meiner Tasche.
»Das lag da rum«, erklärte ich. »Hunze hat Leuten das Malen beigebracht. Auf einem Kreativseminar in Venedig. Gegen eine Menge Kohle. Guck mal!« Ich reichte ihr den Zettel.
»Dreitausend Euro!«, staunte Kati. »Wie kann jemand so viel Geld dafür rausschmeißen zu lernen, wie man eine Leinwand mit blauen Flecken verziert?«
Die Flöte bestimmt das Spiel
Am nächsten Morgen rief ich die Witwe an. Sie bestätigte, dass sich ihr Mann im vergangenen Jahr tatsächlich drei Wochen in der Lagunenstadt herumgetrieben hatte.
»Wissen Sie, wer noch dabei war?«, fragte ich.
»Die beiden Weiber natürlich. Und Karl und Ben.«
»Karl Krawottki und Ben Wiesengrundel?«, fragte ich. Die beiden Namen waren auf dem Seminarzettel als Mitveranstalter erwähnt, der eine zuständig fürs Dichten, der andere fürs Musizieren.
»Genau die. Krawottki ist der Oberhalunke, wenn's um Weiber, ums Saufen und Absahnen geht. Ben dagegen ist eigentlich ein netter Kerl, viel zu harmlos für diese Welt.«
»Und warum ist er dann mitgefahren?«
»Sie haben ihn halt überredet. Er ist als Komponist ganz erfolgreich und sie brauchten seinen Namen, um die Teilnehmer anzulocken.«
Das klang nicht gerade nach einer wunderbaren Männerfreundschaft.
»Und was war nach dem Seminar? Hat Ihr Mann was erzählt?«
»Da war die Freundschaft wohl im Eimer. Ben zog sich völlig zurück. Ansgar hat ihn immer wieder angerufen, aber ohne Erfolg. Und auch mit Karl lief es seit dem letzten Sommer nicht mehr so prächtig. Es muss wohl mächtig Streit gegeben haben.«
»Wissen Sie, um was es ging?«
Frau Hunze verneinte. »Keine Ahnung. Die Zeiten, dass er mir anvertraut hat, was ihn bewegt, waren schon lange vorbei.«
Ich bedankte mich für die Auskünfte und wandte mich wieder dem Flugblatt zu, das für das
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