Grauen im Pentagon
Sorry.«
»Du vergißt Mertens.«
»Glaubst du noch immer daran, daß er falsch spielt?«
»Ich habe manchmal das Gefühl. Vielleicht spielt er nicht falsch. Er wird genau gewußt haben, was er tat, als er uns hier im Star-Hotel einquartierte.«
»Dann muß Mertens einen Verdacht gehabt haben, den er uns vorenthielt.«
»So ist es.«
Ich leerte mein Glas. »Drehen wir uns im Kreis?«
»Ich würde sagen, John, wir sind bereits mitten drin.«
»Ohne allerdings das Ziel gefunden zu haben.«
»Leider.«
Ich rutschte vom weichen Hocker. »Entschuldige mich mal für einen Moment.«
»Willst du telefonieren?«
»Nein, austreten. Muß auch mal sein.«
»Viel Spaß, und mach für mich mit.«
»Klar, aber wehe, du mußt nicht.«
Ich betrat die kühle Halle. Daß ich zur Toilette muß, sah man mir bestimmt nicht an, aber der fragende Blick sagte genug.
»Wenn Sie die Toiletten suchen, Sir, nehmen Sie bitte die Treppe neben dem Bistro-Eingang.«
»Danke sehr. Genau dort wollte ich hin.«
Die Treppe war geschwungen, mit breiten Stufen versehen, und wurde von rehbraun tapezierten Wänden flankiert. Einige Bilder zeigten gemalte Ansichten der amerikanischen Hauptstadt Washington. Bis in die Tiefe des Kellers begleitete mich das Klavierspiel. Auch der Toilettengang war großzügig angelegt worden. Ich fand die Tür mit der Aufschrift »Gentlemen«, drückte sie auf, durchquerte den Waschraum mit den sechs Waschbecken - drei lagen sich jeweils gegenüber - und stieß die nächste Tür nach innen, um mich den Schüsseln zuzuwenden.
An der anderen Seite lagen die Kabinen. Das Licht war gedämpft, es gab dem gekachelten Raum sogar eine gemütliche Atmosphäre. Klassische Melodien waren auch in den Toilettenräumen zu hören, aber ein Geräusch paßte nicht zum Klavierspiel.
Mit einem dumpf klingenden Laut wurde die Tür einer Kabine aufgestoßen.
Ich flirrte herum.
Mir entgegen taumelte ein Mann mit blutüberströmtem Gesicht!
***
Wie er es geschafft hatte, sich auf den Beinen zu halten, war mir ein Rätsel, jedenfalls verließen ihn in diesem Augenblick die Kräfte. Er brach zusammen und kippte gleichzeitig nach vorn, meinen auffangbereiten Armen entgegen.
So hielt ich ihn fest.
Aus großen Augen starrte er mich an. Ich las den Schmerz darin und auch die Angst. Das Blut floß aus einer Wunde am Kopf. Als mein Blick auf die wieder zurückgeschwungene Kabinentür fiel, entdeckte ich dort die Macken und Kerben, die ein schwerer Gegenstand in das Holz geschlagen hatte.
»Bitte!« keuchte der Mann, »bitte nicht mehr… nicht mehr…« Er röchelte und verstummte.
Ich schleifte ihn in den von großen Spiegelflächen beherrschten Waschraum, wo ich einen Stuhl gesehen hatte. Auf ihn drückte ich den Verletzten nieder, gab ihm Wasser zu trinken und wusch sein Gesicht ab.
Unter meinen Berührungen zuckte er einige Male zusammen. Ein Hotelgast war er nicht. Er gehörte zum Personal und trug die Kleidung der Leute, die für die Reinigung verantwortlich waren. Einen grünen Overall mit dem aufgedruckten Hotelnamen auf der Brust.
»Wasser… bitte…«
Er bekam noch einen Schluck, hob den Blick und schaute mich wieder an. »Du warst es nicht.«
»Das stimmt. Aber wer dann?«
Er wollte sich umschauen, hatte aber wohl Angst, daß der Täter noch in der Nähe lauerte.
»Keine Sorge!« beruhigte ich ihn. »Er ist nicht mehr da.«
»Doch, doch…«
»Wie ist es denn geschehen?«
Der Mann war noch jung, aber ziemlich korpulent. Seine Hände glitten fahrig über den Kugelbauch, als er berichtete. »Ich… ich wollte hier unten säubern und war auch fertig damit, als ich die Gestalt hörte.«
»Die Schritte, meinen Sie?«
»Ja, die waren so schleifend und gleichzeitig auch abgehackt. Furchtbar, kann ich Ihnen sagen.«
»Und weiter?«
»Ich drehte mich um. So auf einmal, verstehen Sie?«
»Klar.«
»Dann sah ich ihn. Er war ein Mann, er stank wie eine Leiche, und er hielt ein Rohr in der Hand. Damit hat er dann zugeschlagen, auch getroffen. Ich dachte, ich müßte sterben. Wie ich in die Kabine gekommen bin, kann ich nicht sagen. Ich riegelte sie ab, erschlug heftig gegen die Tür, so daß ich Angst bekam, sie würde zersplittern. Doch die Tür hielt stand, und er verlor die Lust. Danach ist er dann einfach wieder gegangen.«
»Woher ist er gekommen?«
»Weiß nicht.«
»Und wohin ging er?«
»Raus.«
»Das kann ich mir vorstellen. Haben Sie sonst noch etwas gehört? Die Richtung, meine ich.«
»Er… er
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