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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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gehasst hätte. Eine der Damen
aus dem Personalbüro im dritten Stock hatte sie gebracht.
    Keiner der Sträuße stand im Wasser. Sie würden einfach hier
liegen, welken und eingehen. Wozu das gut sein sollte, begriff Susan
nicht. Jemand stirbt, also tötete man etwas Schönes?
    Das Gebäude des Herald lag in der
Innenstadt. Es war um die Jahrhundertwende erbaut worden und dann einer
unseligen Renovierung in den 1970ern zum Opfer gefallen. Man hatte die
Stockwerke entkernt, in Verschläge unterteilt und mit Neonbeleuchtung
und Zwischendecken ausgestattet. Susans Schreibtisch stand im fünften
Stock. Die Aussicht war beeindruckend, und das war so ziemlich das
einzig Nette, das man über den Bau sagen konnte. Es war zu ruhig für
Susans Geschmack, zu sehr wie in einer Firma und zu kalt, egal, welche
Temperatur draußen herrschte.
    Sonntagsdienste in der Redaktion waren meist Strafjobs. Jeder,
der wichtig war, war zu Hause. Die Sonntagsausgabe war gedruckt, die
Montagszeitung von geringerem Umfang. Ein leitender Redakteur, den das
Lospech ereilt hatte, schmiss den ganzen Laden und verbrachte seine
Zeit normalerweise damit, Solitär zu spielen oder im Internet durch
Klatschseiten und Blogs zu surfen. Und niemand kennt mehr
Internet-Klatsch als Zeitungsleute, ob sie es zugeben oder nicht.
    An diesem speziellen Sonntag aber herrschte Hochbetrieb. Ein
amtierender Senator war tot. Parker, einer der ihren, war tot. Sie
hatten eine Abendausgabe herauszubringen, und eine Website, die alle
paar Minuten eine Eilmeldung brauchte, um mit den Nachrichtensendern im
Fernsehen konkurrieren zu können. Von der Nachrichtenabteilung waren
fast alle da, Redakteure, Leute von der Featureredaktion. Aber auch die
Chefredakteure, ihre Stellvertreter, Praktikanten, Leute vom Empfang
und der TV-Kritiker, der einen Artikel darüber plante, wie im Fernsehen
über die Geschichte berichtet wurde. Alle wollten dabei sein. Je
schlimmer die Tragödie, desto mehr wollte man ein Stück davon
abbekommen. Das unterscheidet Reporter von normalen Menschen.
    Susan zog ein Kapuzen-Sweatshirt, das sie in ihrer
Schreibtischschublade aufbewahrte, über das schwarze Kleid und legte
den Kopf in die Hände. Molly Palmer war untergetaucht und erwiderte
ihre Anrufe nicht. Sie wählte erneut ihre Handynummer. Nichts. Sie
wollten den Beitrag über den Senator in der Ausgabe des folgenden Tages
bringen. Es würde ein Tag mit hohen Verkaufszahlen werden. Lodges Foto
auf der Titelseite. Eine fette Schlagzeile, die seinen Tod verkündete.
So eine Zeitung wurde nach wie vor gekauft, und Susan wollte, dass ihre
Geschichte darin groß herauskam.
    Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, um zu sehen, ob Ian
bereits aus seiner Besprechung gekommen war. Die Tür zum Konferenzraum
war noch zu. Ian saß seit einer Stunde mit Howard Jenkins und einer
Reihe von hohen Tieren beim Herald da drinnen, wo
sie die Berichterstattung über Lodge planten und über das Schicksal
ihres Artikels entschieden. Sie hatte gedacht, sich mit ihrer Serie
über Archie Sheridan und den Heimweg-Würger ein wenig Kapital erworben
zu haben. Doch letzten Endes ging es nur um Zeitungspolitik. Und
solange Molly ihre Geschichte gegenüber den Faktenprüfern des Blattes
nicht bestätigte, schwafelte der Herald nur.
    Noch einmal wählte Susan Mollys Nummer. Nichts.
    Mist. Molly war nicht gerade kooperativ. Sie hatte sich nur
zweimal zu einem persönlichen Treffen bereit erklärt. Und es war immer
eine nervtötende Angelegenheit, bis man sie zu fassen bekam. Molly
schaltete oft ihr Handy ab und vergaß tagelang, es wieder einzuschalten.
    Susan hatte bereits eine einen Meter lange Kette aus
Büroklammern gebastelt und sechs winzige Zöpfe in ihr blaues Haar
geflochten. Jetzt hakte sie die Klammern wieder auseinander und legte
sie in ihre Pappschachtel zurück, dann zog sie die Zöpfe glatt und
flocht sie neu.
    Sie konnte den honigsüßen Pollen der Blumen auf Parkers
Schreibtisch riechen.
    In allen Monitoren an der Wand über den Plätzen der Redakteure
lief die Berichterstattung über den Unfall von Parker und dem Senator.
Susan konnte nicht hinsehen. Sie wollte raus aus dem Büro. Sie wollte
Molly finden. Sie wollte etwas tun.
    »Alles in Ordnung?«, hörte sie eine Stimme. Sie blickte auf
und sah Derek Rogers vor sich. Seine sandfarbenen Augenbrauen zogen
sich besorgt zusammen. Sie war ihm meist aus dem Weg gegangen, seit sie
alles beendet hatte. Sie hatte ihm zu erklären versucht, dass er nicht
ihr Typ sei. Er

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