Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
Vom Netzwerk:
jetzt will ich was von Ihnen hören!«
    Liliana Petkovic seufzte. »Na gut«, sagte sie nach einer Weile, obwohl für Schwartz gar nichts gut war. Im Gegenteil!
    »Sie haben recht«, gab sie zu. »Kuhnt war unser Mann. Das Bundeskriminalamt hatte ihn in Wiesbaden zum verdeckten Ermittler ausgebildet. Er sollte in seiner Funktion beim  BGS  die Entwicklung der organisierten Schlepperkriminalität an der Grenze beobachten.«
    »Aber Kuhnt war selbst daran beteiligt«, regte sich Schwartz wieder auf, »der hat für die Schlepper die Logistik über die Neiße gemacht. Ist er Ihnen entglitten?«
    »Ganz und gar nicht«, erwiderte Liliana Petkovic, »das war sein Auftrag.«
    »Das heißt«, Schwarz konnte es kaum fassen, »er sollte als V-Mann den korrupten Grenzschützer spielen?«
    »Wenn man einen Sumpf trockenlegen will, muss man gelegentlich im Schlamm wühlen«, erwiderte Liliana Petkovic abgeklärt, »das gehört zum Spiel.«
    »Ich fürchte, das ist kein Spiel mehr«, entgegnete Schwartz, »denn Ihre kleine Schachfigur ist verloren gegangen. Kuhnt musste sterben«, wurde er deutlicher, »weil er womöglich enttarnt wurde.«
    »Das herauszufinden ist Ihr Job«, sagte Liliana Petkovic.
    »Nicht mehr.« Schwartz schüttelte den Kopf. »Ich bin draußen.«
    »Schwartz«, Liliana Petkovic hob die Hände, »das können Sie nicht machen.«
    »Natürlich kann ich.« Schwartz erhob sich wieder. »Das Vertrauen zwischen uns ist elementar gestört. Sie haben sich mir als Beamtin des  LKA  vorgestellt. Aufbauteam. Stattdessen sitzen Sie fürs Bundeskriminalamt in Dresden. Und ich soll den Tod eines  BGS -Mannes aufklären, der möglicherweise in Schmuggelaktivitäten verwickelt war, sich aber dann als Ihr V-Mann herausstellt! Was soll ich davon halten? Wie soll ich Ihnen noch glauben? Geht doch gar nicht. Unter solchen Umständen«, fügte er dramatisch hinzu, »ist jede weitere Beziehung zwischen uns unmöglich.«
    »Sie reden, als wären wir verheiratet.«
    »Ich lass mich gerade scheiden, richtig.«
    Liliana Petkovic stand ebenfalls auf und ging ans Fenster. Wehmütig sah sie auf die Untertasse, die ihr als Ascher gedient hatte. Sie lag neben einem gemauerten Blumenkübel im Gras und war zerbrochen.
    »Es ging hier immerhin um eine verdeckte Ermittlung«, sagte sie leise. »Wir können unsere Quellen nicht einfach preisgeben, selbst wenn sie tot sind. Und da wir nicht genau wissen, ob Kuhnt enttarnt wurde und deshalb ermordet worden ist, konnte ich Ihnen nichts sagen. Selbst wenn ich gewollt hätte.«
    Sie drehte sich vom Fenster weg und ging zur kleinen, vor einiger Zeit von Schwartz zeitaufwendig restaurierten Bauernkommode neben der Tür. Darauf stand ihre Umhängetasche, und als sie sich daran zu schaffen machte, nahm er an, dass sie schon wieder rauchen wollte und ihre Zigaretten suchte. Aber Liliana Petkovic holte nur einen Umschlag hervor und legte zwei Fotos auf den Tisch.
    »Igor und Valentin Gussinski«, sagte sie.
    Schwartz trat heran und besah sich die Bilder. Zwei grobkörnige Schwarz-Weiß-Aufnahmen, beide aus derselben Perspektive und einiger Entfernung mit starkem Zoom fotografiert. Sie zeigten zwei unauffällige Männer in hellen Leinenanzügen an einem Bistrotisch auf dem Trottoir vor einem Café. Vor sich die Reste eines Frühstücks. Einer der Männer trug eine Brille mit dickem schwarzem Rand, das Gesicht des anderen war von einer aufgeschlagenen Zeitung verdeckt. Erst auf dem zweiten Foto war es zu erkennen. Da hatte er die Zeitung sinken lassen, und die Ähnlichkeit mit dem ersten Mann war unverkennbar. Er schien etwas jünger zu sein, trug keine Brille, dafür aber einen schmalen Schnauzbart.
    »Wer sind die zwei?«, fragte Schwartz.
    »Brüder aus Rostow am Don«, erläuterte Liliana Petkovic. »Sie sind in Wien gemeldet und waren bis zum Balkankrieg an der österreichisch-jugoslawischen Grenze im Schmuggel aktiv. Interpol ist seit Jahren an ihnen dran. Gefährliche Männer. Haben einiges auf dem Kerbholz.«
    Dabei sehen sie ganz harmlos aus, dachte Schwartz, unauffällig wie zwei Außendienstler in der Mittagspause.
    »Und die haben ihr Geschäft jetzt an die Neiße verlegt?«
    »Davon gehen wir aus«, nickte Liliana Petzkovic. »Deshalb hatten wir Kuhnt auf sie angesetzt.«
    »Mit welchen Ergebnissen?«
    »Nichts Gerichtsfestes«, winkte Liliana Petkovic ab, »aber die Masche ist immer dieselbe. Sie übernehmen nach und nach die kleinen Schmugglerringe vor Ort und lassen die ansässigen

Weitere Kostenlose Bücher