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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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Matschwüste aus Lehm und Schlamm.
    Auch der Hurenbus oben in dem kleinen verlassenen Dorf ist von riesigen Pfützen umgeben, die Nutten stapfen in bunten Gummistiefeln herum, kreischen und fluchen.
    Doch wir bringen die Sonne mit. Als ich den  GAZ  neben dem Bus stoppe, reißt die Wolkendecke auf und hüllt diesen armseligen Platz der käuflichen Liebe gnädig in einen Schimmer warmen Abendlichts.
    Ein gekonnter Auftritt, finde ich und steige breitbeinig aus dem Wagen. Die Huren starren mich an, einige kichern. Ich ziehe eine Zigarette aus meiner Bomberjacke und sehe mich um.
    »Hat hier jemand Feuer?«
    »Ah!« Rolands Puffmutter, dieser erbärmliche Wicht Stefan Kaemper, klettert aus dem Bus und strahlt mich an. »Der Buddelkastenfreund des Chefs. Wie schön!«
    Offenbar muss Roland gequatscht haben. Woher sonst kann diese Schwuchtel wissen, dass wir einst im Sandkasten gespielt haben?
    »Swetlana«, ruft Kaemper und sieht sich nach einem seiner Mädchen um, »Swjeta, Süße, sei so lieb und gib unserem Gast Feuer!«
    Eine hübsche Siebzehnjährige in rotem Lackjäckchen, Hotpants und kniehohen Stulpenstiefeln kommt langbeinig heran und nimmt mir die Zigarette aus der Hand. Dann steckt sie sie sich zwischen die dunkelrot geschminkten Lippen, lässt ein schmales vergoldetes Feuerzeug aufschnappen und inhaliert tief. Es scheint ihr nichts auszumachen, dass es ‘ne Karo ist – diese Russinnen sind echt hart im Nehmen. Schließlich schiebt sie mir die angerauchte Fluppe wieder in den Mund und pustet mir kühl lächelnd den Rauch ins Gesicht. Ich bin einigermaßen verblüfft.
    »Deine Mädels werden immer frecher!«
    »Du sagst es, Andreas, du sagst es«, pflichtet mir Kaemper bekümmert bei. »Vor allem Swjeta! Mal hetzt sie die anderen auf, dann wieder beißt sie einem Kunden in den Schwanz, weil er schlecht riecht, und schon dreimal hat sie versucht abzuhauen.« Er macht eine tragische Miene. »Ja, es ist nicht einfach. In diesem Gänsestall weiß man manchmal nicht, wo einem der Kopf steht.«
    »Trommel die Süßen zusammen«, sage ich und ziehe betont kühl an meiner Karo, »die Siesta hier ist beendet.«
    Kaemper grinst. »Welches von den Mädchen darf’s denn sein?«
    »Alle«, präzisiere ich, »der ganze Bus!«
    »Oha!« Kaemper prustet amüsiert los. »Da habt ihr euch ja viel vorgenommen, Jungs! Ich hoffe, ihr habt genug Geld dabei.«
    »Hör mal!« Ich packe ihn hart an der Schulter. »Bevor wir uns falsch verstehen: Der Bus soll nach Zittau, direkt auf den Johannisplatz. Anordnung vom Chef, klar?«
    »Sicher?« Kaemper klimpert ungläubig mit den Augen. »Eigentlich machen wir hier ein sehr gutes Geschäft …«
    »Wir wechseln den Standort«, werde ich deutlicher,  »capito, compañero?«
    »Aber«, bleibt Kaemper störrisch, »in einer halben Stunde ist Schichtwechsel im Tagebau. Da kommen unsere Kunden. Wir können hier nicht einfach weg!«
    »Wir müssen hier weg«, insistiere ich. »Und zwar jetzt!«
    Kaemper sieht mich nachdenklich an. »Verrätst du mir auch, wieso?«
    »Später vielleicht«, erwidere ich ruhig. »Und nun mach hin, ich will nicht den ganzen Abend mit dir verbringen.«
    »Schade«, seufzt Kaemper spöttisch, »wo ich doch so auf Glatzköpfe stehe!«
    Piet hält es kaum noch auf dem Beifahrersitz. »Schwule Sau«, faucht er mit knallrotem Gesicht. »Ich bomb dich gleich weg, ich mach dich kalt …«
    »Halt die Klappe, Piet.« Ich steige wieder in den  GAZ . »Wir fahren vor!«
    »Was läuft hier eigentlich?« Piet ist vollkommen außer sich.
    »Kleine Abrechnung unter Freunden«, beruhige ich ihn. »Keine Gefahr, das gibt einen Mordsspaß!«
    Kaemper scheucht händeklatschend seine Mädels zusammen. »Also gut, ihr süßen Gänschen, packt rasch eure Sachen, wir ziehen um.« Dann sieht er mich an. »Eigentlich konnte ich dieses Drecksnest ja nie leiden, aber die Geschäfte liefen super.« Und mit einem besorgten Unterton fügt er hinzu: »Liegt es an den Russen?«
    Was für Russen?, denke ich.
    »Oder warum ist Roland nicht selbst gekommen?«
    »Der hat eben zu tun«, antworte ich.
    »Aha«, macht Kaemper, »und deshalb schickt er dich? Und wenn er pfeift, springst du?«
    »Genau wie du«, erwidere ich, »richtig?«
    »Ja.« Kaemper nickt wehmütig. »Genau wie ich.«

19
    WAFFENBESITZ IST STRAFBAR.  Jedenfalls, wenn man keine Berechtigung zum Tragen einer Waffe hat. Weil man, zum Beispiel, Mitglied in einem Schützenverein oder Jäger oder so was ist. Außerdem, das hatte

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