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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Wendung nicht, die das Gespräch nahm; das hörte sich eher nach Verhör als nach Befragung an. »Kommen Sie schon, Ellen; wir können mit meiner Busenfreundin und meiner Busentante und dem Antiquitätenhändler von Long Pidd zu Abend essen. Er allein lohnt schon die Fahrt.« Melrose lächelte strahlend.
    »Nein.«
    Jury schwieg. Dann sagte er: »Ich glaube nicht, daß Abby augenblicklich in Gefahr schwebt.«
    »Mir machen Sie das nicht weis.« Ellen drehte sich um, steckte die Finger durch den Maschendraht und ignorierte die beiden.
    Jetzt kam Ethel mit einem Korb aus der Scheune, gefolgt von Abby mit ihrem Futtereimer. Ethel wippte, Abby stapfte. Stranger und Tim trabten hinterher. Als sie den kleinen Menschenauflauf im Hof sahen, blieben sie stehen. Stranger wollte auf Malcolm zukriechen; der fuhr zurück, doch auf ein Schnalzen von Abbys Zunge ging Stranger wieder bei Fuß. Er setzte sich und starrte in die Runde.
    Dann herrschten Lärm und Durcheinander, was jedes Abschiednehmen nur noch schwerer macht; vermutlich wären alle gern in einer Staubwolke davongebraust; gleichzeitig ergingen sie sich in leerem Geschnatter, um den Moment der Trennung hinauszuzögern.
    Ramona Braine stand verlegen und mit verdutzter Miene neben dem Taxi, als hätten die Karten ihr diese Situation nicht geweissagt; der Major wollte sich eine Zigarre anzünden, hielt aber mittendrin inne; die Principessa hatte bereits Lebwohl gesagt und stand nun mit der Hand auf der Hüfte und blickte mit einem unschlüssigen Lächeln in die Runde; Ellen mochte keinem in die Augen sehen und lehnte an ihrer BMW, der Inbegriff von Schwarz in Schwarz; Ruby, mit Häubchen, blickte Mrs. Braithwaite über die Schulter; beide standen vor der Haustür wie Gestalten auf einem Bild von Breughel.
    Die kleine Gruppe, die sich unter so grausigen Umständen zusammengefunden hatte, schien eine Art geschlossene Gesellschaft.
    Stranger saß beinahe in der Mitte, hatte alle fest im Auge, als wollte er sie hypnotisieren und festhalten. Abby brach als erste den Bann; sie ging zu Jury, doch nur so weit, daß sie ihre Hand wie einen weißen Nachtfalter ganz kurz in seine legen konnte.
    Darauf ging sie zu Melrose, streckte auch ihm die Hand hin und blickte ihn ernsthaft an.
    Ein dunkelblaues Lebwohl.
Vierter Teil -  Wie Alaska
    Jury war froh, daß er das Hammersmith Odeon zuerst leer und nicht so brechend voll wie heute gesehen hatte. Die Menschenmenge, die aus dem U-Bahn-Tunnel geströmt und im peitschenden Regen über die Eisengitter gesprungen war, auf denen sich der helle Schein der Lampen spiegelte, drängelte sich im Vestibül und schob sich nach oben, wo die Bar geöffnet war.
    Die Schlange vor dem Verkaufstisch mit Postern und TShirts schob Jury beiseite. Er blickte zur Rotunde hoch, die gestern noch menschenleer gewesen war und wo sich heute Gesichter drängten und sich über das Geländer beugten, zu ihren Häupten der glitzernde Kristallüster, der funkelnde Lichtflecken auf Gesichter und Hände warf. Ach, wenn er doch nur wegen des Konzerts hier wäre. Herrlich, diese erwartungsvolle Atmosphäre; die Gesichter ringsum machten den Eindruck, als ob ihnen die Luft dort oben zu Kopf stiege. Und so beschwipst wie einige aussahen, mußte die Luft tatsächlich wie Sekt sein. Man redete, lachte, kicherte, schrie seinen Freunden unten etwas zu, und alle wirkten wie verzaubert, waren für diesen einen Abend eine große Familie.
    Mary Lee war hier unten in ihrem Element, saß wohlbehalten hinter ihrem Kassenfenster und verteilte an eine Schlange von Hoffnungsfrohen großzügig die wenigen nicht abgeholten Karten. Und das zum Spottpreis, den Eindruck jedenfalls machte sie. Mary Lee hatte sich in etwas Dunkelrotes, Seidiges geworfen, ihre Lider schimmerten blau und golden.
    Wiggins hatte von Jury wissen wollen, warum ihr Schuh hinter dem Kassenfenster thronte.
    Es erstaunte Jury stets von neuem, daß man Carole-Anne - und wenn der Raum noch so brechend voll und groß war -immer ausmachen konnte, so als ob die Menschen instinktiv einen Schritt zurückwichen, damit man Miss Palutski besser sehen konnte. An diesem Abend hatte sie sich in ihr knallrotes chinesisches Gewand mit kurzem, silbernem Paillettenjäckchen gekleidet, welches funkelte und glitzerte wie der Kristalllüster in der Kuppel. Und dabei brauchte Carole-Anne das alles gar nicht. Ihr rotgoldenes Haar und ihre blauen Augen funkelten wirklich genug.
    »Super!« Sie warf die Hände hoch, machte einen Luftsprung und

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