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Große Kinder

Große Kinder

Titel: Große Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oggi Enderlein
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zumindest glaubt, es zu sein. (Der aufgerichtete Mittelfinger ruft verblüffende und unterschiedlichste Reaktionen hervor!) Somit gleichen unanständige und obszöne Ausdrücke den Codewörtern der Geheimdienste, nach dem Motto: Verstehst du mich, versteh ich dich; gehöre ich zu dir, gehörst du zu mir: Wir sind beide Mitglied einer Gemeinschaft, einer Gruppe.
    Unanständigkeiten unter Acht- bis Zehnjährigen (und darüber hinaus) haben also eine wichtige und unfehlbare gruppenbildende Wirkung: Bündnisgenossen werden durch ihre Reaktion als solche unmittelbar erkannt und können eingeschlossenwerden, während Fremdlinge   – jüngere Kinder, ahnungslose Gleichaltrige, abgehobene Erwachsene   – enttarnt und ausgegrenzt werden können.
    Schließlich fühlen sich Acht-, Neunjährige von »Unanständigem« so sehr angesprochen, weil es sich häufig in Zweideutigkeiten verbirgt. Mit 7, 8   Jahren sind Kinder wie gesagt geistig so weit herangereift, dass sie die Dinge aus einer anderen Perspektive sehen können. In diesem Alter erkennen sie also auch »die zweite Bedeutung« einer Botschaft. Und überall suchen sie nach dieser zweiten Seite, finden Zweideutigkeiten sogar an Stellen, wo wir Erwachsene nichts dergleichen entdecken können, und lachen sich darüber kaputt.
    Witziges
    Mit 8, 9   Jahren erschließen sich den Kindern plötzlich auch Witze. Jüngere Kinder erzählen Witze wie eine beliebige, meistens endlose Geschichte und wir Erwachsenen warten und warten auf die Pointe, die nie kommt (und die Kinder warten und warten darauf, dass wir endlich lachen). Erst mit etwa 8   Jahren sind Kinder so weit, dass sie die unerwartete »andere Seite« der Pointe erfassen und wiedergeben können. Allerdings nur bei einfachen Witzen wie etwa diesem, der seit Generationen von etwa Achtjährigen immer wieder neu entdeckt wird: Fritzchen steht auf der Brücke und weint. Kommt ein Mann vorbei und fragt: »Fritzchen, warum weinst du?« Sagt Fritzchen: »Weil Karl mein Schulbrot in den Fluss geworfen hat.« Fragt der Mann: »Mit Absicht?« Fritzchen: »Nein mit Leberwurst!«
    Diese Art von Doppeldeutigkeit ist für Kinder in diesem Alter zu komisch! Einen Humor dagegen, der zum Beispiel hintersinnig Menschen oder Situationen aufs Korn nimmt,können Achtjährige noch nicht verstehen. Mit 8   Jahren ungefähr beginnen die Kinder dafür zu verstehen, was an Zeichentrickfilmen komisch ist. Bis dahin lachen sie, weil die Großen lachen, oder bei Szenen und Bildern, die völlig verzerrt, unerwartet, unrealistisch sind oder rasend schnell ablaufen. Achtjährige beginnen zum Beispiel Toms Aktionen zu verstehen, mit denen er Jerry an der Nase herumführt. Darüber können sie sich jetzt richtig totlachen.
    Übermütiges
    »Quatschmachen« ist eine Lieblingsbeschäftigung von Kindern im Alter von 8, 9   Jahren. Quatschmachen kann man in allen Lebenslagen, nur im Schlaf leider nicht (aus Sicht der Erwachsenen Gott sei Dank!). Quatschmachen macht ja auch am allermeisten Spaß!
    Auch wenn es nicht zum Quatschmachen passt, trotzdem die ganz ernste Frage: Welchen Sinn hat Quatschmachen und warum wird es ausgerechnet in diesem Alter mit so viel Wonne betrieben?
    Es ist so herrlich, weil verschiedene Dinge gleichzeitig erreicht werden können:
    Es geht am besten zu zweit oder zu mehreren, aber nur, wenn alle in derselben Quatschstimmung sind und den Quatsch gleich verstehen: Gemeinsames Quatschmachen stiftet Freundschaften. Das ist das gemeinschaftsbildende Element.
    Quatsch ist Unsinn, ist etwas, was von »normalen«, »vernünftigen« Zeitgenossen als etwas absolut Sinnloses, Unvernünftiges, Verrücktes angesehen wird: Wer den Quatsch, den man treibt, nicht versteht, gehört eindeutig nicht zur eigenen Gruppe, ist »keiner von uns«. Das ist das abgrenzende Element.
    Quatsch ist immer Übertreibung. Und Übertreibung ist immer das Überschreiten von Grenzen: Mädchen ärgern, Erwachsene nerven, wie blödsinnig durch die Gegend rasen, herumkaspern und nicht auf den Lehrer achten, mit Gläsern balancieren, um nur ganz wenige Beispiele zu nennen. Quatschmachen ist also die ausgelassenste Form, Grenzen zu missachten und auf die Probe zu stellen.
    Das Schönste am Quatschmachen aber ist ganz eindeutig die tolle Stimmung, das tolle Gefühl dabei. Gerade diese Stimmung, dieses Gefühl kann vollkommen aus den Fugen geraten, wenn nicht rechtzeitig von außen Einhalt geboten wird: Beim Quatschmachen überdrehen die Gefühle, sprengen die Kinder

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