Grosseinsatz Morgenröte
meinen Kopf so fest eingeklammert, daß ich ihn nicht bewegen konnte. Ich sah den Wissenschaftler nur schemenhaft im äußersten Blickwinkel.
Das Robotinstrument hatte den Schneidestrahl umgeschaltet. Ich hörte es wieder knirschen und krachen. Wenn nur nicht dieses ekelhafte Geräusch gewesen wäre!
Mein Nasenrücken wurde im wahrsten Sinne des Wortes abgeschält.
Endlich lief das U-Schallgerät aus und schwenkte automatisch zur Seite. Flinke Finger entnahmen der biosynthetischen Zuchtkultur frische Gewebe-Emulsion. Etwas träufelte auf meine Nase. Instrumente verteilten den leimartigen Brei. Dann wurde wieder der luftdurchlässige Klebeverband angelegt.
Ich erhielt noch eine tiefere Stirnfalte. Anschließend wurden meine Augen umgefärbt. Diese Veränderung hatte ich schon oft erlebt, doch diesmal brachte sie mich an den Rand der Erschöpfung.
Während der Farbstoff aus einer Mikrodüse in meine Augäpfel zischte und darin verteilt wurde, begann ich zu fiebern. Ein Mediziner sagte etwas von einer ansteigenden Alpha-Kurve. Der Chefarzt gab hastige Anweisungen. Ich erkannte daraus, daß er über den vor Monaten erfolgten Gehirneingriff informiert und nun besorgt war, die empfindlichen Zellen könnten anders als gewohnt reagieren.
Der OP existierte plötzlich nicht mehr. Ich sah mich jählings wieder im Columbia-Atomwerk, wo man mich vor vierundzwanzig Stunden abgeholt hatte. Ich hörte und sah das wilde Tosen eines weißglühenden Plasmastrahls und glaubte überdies die Belastung unsinniger Beschleunigungswerte auf meinem Brustkorb zu spüren.
Captain Holmar war doch ein netter Bursche, und fliegen konnte er wie der Teufel persönlich.
Ich hörte Scheunings Vorlesungen. Wie Hammerschläge drangen die Worte über thermische Plasma-Reaktionen im Einschirmungsfeld der überkritischen Reaktionskammer in meinen Geist.
Sausende Elektromotoren hinter nur faustgroßen Turbo-Einspritzpumpen ließen meinen Schädel vibrieren. Das Flimmern dicht hinter der Kraftfelddüse erzeugte irrlichternde Farbreflexe vor meinen Augen.
Etwas stach in meinen Arm. Von da an fühlte ich mich besser.
»Beruhigen Sie sich, Major«, klang die Stimme eines Chirurgen auf. »Sie haben es überstanden. Morgen sind die Wunden verheilt.«
Er hatte nur seine Pflicht getan, trotzdem reagierte ich aggressiv. Meine strapazierten Nerven gingen einfach mit mir durch. Der Mediziner bekam einige Unhöflichkeiten zu hören, die ich an dieser Stelle nicht wiederholen möchte.
Ich wurde in ein Poroschaumbett gelegt und erhielt nochmals eine Injektion.
Als ich erwachte, war mir, als hätte man mich soeben erst operiert. Es waren jedoch schon vierundzwanzig Stunden vergangen. Diese Zeit hatte genügt, um meine Wunden vollständig zu verheilen. Das synthetische Gewebeplasma wirkte Wunder. So war ich nicht überrascht, als ich eine Stunde später entlassen wurde.
Man brachte mir meine Kleidungsstücke. Als ich mich anzog, trat ein junger, gutaussehender Mann ein. Bei meinem Anblick blieb er ruckartig stehen. Seine Augen weiteten sich.
»Das ist die Höhe!« stammelte er. »Sind Sie nun ich, oder bin ich Sie?«
Der hinter ihm stehende Arzt lachte und sagte etwas von verworrenen Redewendungen.
»Ah, Hofart, kommen Sie ’rein. Was haben Sie denn?«
Er hatte den Schock immer noch nicht überwunden. Seine Hände zitterten.
»Mann«, flüsterte er wie geistesabwesend. »Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Haben Sie sich schon mal im Spiegel betrachtet?«
Der Arzt ließ einen Vorhang zur Seite gleiten. Ich begutachtete mein Gesicht. Bei Schnitten mit
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