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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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Ihnen demonstrieren.« Er griff nach der Karaffe und goss einen Schwall Wein in sein Glas, hob es an die Nase, verzog verzückt das Gesicht und nahm einen großen Schluck. Martin sah genau zu, ob er tatsächlich trank, ob sich der Adamsapfel zuerst nach oben und dann nach unten bewegte.
    »Sie versäumen etwas«, sagte Brzezinski, nachdem er sich die Lippen geleckt hatte. »Lassen Sie uns anstoßen. Darauf, dass Sie es geschafft haben, zweitausendfünfhundert Kilometer einem Weingeruch zu folgen. Sie sind wirklich ein Experte. Sie sollten in Zukunft ständig für uns arbeiten. Es ist auch finanziell interessant.« Er musste sich weit vorbeugen, um mit Martins Glas auf der anderen Seite des Tisches anzustoßen. Es klang gut.
    Martin betrachtete den Wein und roch daran. Ja, das war er, der Wein, den er gesucht hatte! Und jetzt merkte er auch, was ihn von den großen Bordelaiser Gewächsen unterschied: Es war der Anteil der Traube Fetească Neagră in dieser Cuvée. Von ihr hatte Martin sich zweitausendfünfhundert Kilometer weit in diese Hölle führen lassen. Er trank, er aß etwas und trank wieder.
    »Übrigens geht es Ihrer Frau gut, sie war im Tschad, nichtwahr? Einer unserer Mitarbeiter berichtete davon, er ist ebenfalls Mitglied der Kommission . . .«
    Und als es Martin schwindlig wurde, begriff er, dass er sich in dieser Hölle verlaufen hatte und nicht mehr herausfinden würde.
    »Ist   ... ja doch   ... Gift«, stammelte er. Ihm wurde warm, sehr warm, der Horizont wurde schief, kippte zur Seite. Martin beugte sich vornüber und sah die Tischplatte auf sich zukommen.
    »Ja«, lachte Brzezinski selbstgefällig und zog den Teller weg, »das Gift war im Glas – und nicht im Wein . . .«
     
    Die rechte Hand wog schwer, entsetzlich schwer, sie ließ sich kaum anheben, ein Gewicht hielt sie fest, sie war angeschraubt, und die Finger waren festgeklemmt. Was Martin weitaus mehr verwirrte, war der weiche Untergrund. An der Wange merkte er es zuerst, danach an der Hüfte, der warme Untergrund gab nach, und er glaubte, dass er auf einer Decke lag. Er sackte wieder weg, fiel zurück ins Bodenlose, aber sein Gehirn ließ das nicht zu. Die Umgebung stimmte nicht mit dem überein, was es zuletzt gespeichert hatte, und das brachte ihn in die Wirklichkeit zurück.
    Das Licht war anders. Himmlisch war es nicht, sondern sehr irdisch, der warme Schimmer stammte von der Messinglampe auf dem Schreibtisch. Den kannte er von irgendwoher. Martin blinzelte, schloss die Augen und öffnete sie wieder. Langsam begriff er, dass er auf einem Teppich lag, die Kälte der Zeit unter Tage war einer wohligen Wärme gewichen, und sein Blick tastete sich über den Teppich, Zentimeter für Zentimeter, bis er auf etwas stieß, was da nicht hingehörte.
    Da waren Augen, groß und starr, weit aufgerissen, auf ihn gerichtet. Nein, sie blickten auf einen Punkt, der weit hinter ihm lag, irgendwo an der Wand hinter seiner rechten Schulter oder im Nichts. Unter den Augen gab es eine Nase, weiterrechts einen Mund, schief, verzerrt wie nach einem Schlaganfall. Martins Gehirn formte daraus ein Gesicht, dann einen Kopf, der auf der Seite lag, daran hing ein Körper, und dann kam die Erinnerung. Es war der Kopf von Marc Simion.
    War das jetzt Simion oder de Lima? Da war noch ein anderer Name: Dr.   Veloso. Wieso starrt er unablässig an mir vorbei? Dann sah Martin die Pistole, sie lag schwer in seiner Hand und war merkwürdig lang, ein extrem langer Lauf. Er kannte Pistolen, er hatte damit geschossen, aber nie mit einer mit so langem Lauf, und der zeigte auf Simions Brust. Und da war ein kleiner roter Fleck.
    Das Bewusstsein kam gleichzeitig mit einer derartigen Fülle von Informationen, dass Martin fürchtete, ihm würde der Kopf platzen. Erinnerung, Gegenwart und Zukunft kämpften gegeneinander. Mit einem wahnsinnigen Schmerz im Schädel setzte Martin sich auf, um den Kurzschluss zu verhindern. Ich habe Marc Simion erschossen? Ich habe Marc Simion nicht erschossen. Ich hätte ihn niemals erschossen, ich erschieße keinen Menschen. Er schnupperte an der Pistole und roch Pulver.
    Brzezinski hat ihn erschossen oder einer von den »Bademeistern«, wie der sie nannte, um sich das Grauen vom Leib zu halten. Mir wollen sie den Mord in die Schuhe schieben, mich den Behörden präsentieren. Deshalb hatte das Schwein Brzezinski gesagt: »Wir brauchen Sie.« Das also ist die Kooperation, wie sie sich ein Geheimdienst vorstellt. Man wird kommen und mich in meinem

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