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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Absichten wurden ihr immer rätselhafter.
    »Ich finde Manuela bezaubernd«, sagte er leise, »und wenn ich zu vorsichtig geworden bin, um heute bereits von Liebe zu sprechen, so möchte ich Ihnen doch sagen, daß ich für Manuela ein Gefühl tiefer Zärtlichkeit empfinde.« Er blickte auf und begegnete Viktorias Augen, die ihn forschend betrachteten, als wünsche sie, die Gedanken zu ergründen, die hinter seiner Stirn standen.
    »Ich bin zu Ihnen gekommen, gnädige Frau, um Sie zu bitten, mir zu erlauben, Manuela kennenzulernen. Sie dürfen sie mir ohne Sorge anvertrauen. Es ist zwischen uns nichts geschehen und es wird nichts geschehen, woraus Sie mir einen Vorwurf machen könnten. Wollen Sie mir das glauben?«
    Viktoria reichte Guntram mit einer spontanen Bewegung die Hand: »Ach, Herr Guntram«, sagte sie mit etwas verquollener Stimme und führte ihr Tüchlein an die Nase, »wissen Sie, wenn man eine Tochter hat, dann fragt man sich jeden Tag — auch, wenn man sicher zu wissen glaubt, daß sie auf sich acht gibt —, was für Überraschungen einem bevorstehen. Was Sie mir anvertraut haben, beruhigt mich sehr. Ich weiß jetzt, daß ich mir um Manuela keine Sorgen zu machen brauche.«
    »Ich danke Ihnen, gnädige Frau.«
    »Wo Manuela nur so lange bleibt«, murmelte Viktoria und erhob sich, um sie zu holen. Guntram schaute ihr nach, mit einem Blick, der Viktoria verlegen gemacht hätte, wenn sie ihn bemerkt hätte. Er konnte ihr Alter nur nach Manuelas neunzehn Jahren schätzen. Sie mußte demnach, selbst wenn sie sehr jung geheiratet hatte, mindestens achtunddreißig Jahre alt sein. Er hätte sie höchstens auf zweiunddreißig geschätzt, und er mußte sich eingestehen, daß sie, wo sie ihm auch begegnet wäre, seine Aufmerksamkeit erregt hätte.
    Manuela brachte Viktorias Nelken in einer schlanken Kristallvase mit und stellte sie auf Viktorias Schreibtisch.
    »Die Rosen habe ich in mein Zimmer gestellt«, sagte sie und ließ ihre Augen zwischen Viktoria und Guntram hin und her wandern. »Nun, habt ihr euch gut unterhalten?« Sie machte dabei ein Gesicht, als erwarte sie in der nächsten Sekunde das Läuten des Weihnachtsglöckchens, das sie zur Bescherung rufe.
    »Ich habe versucht, auf deine Mutter einen guten Eindruck zu machen«, sagte er und blinzelte Viktoria amüsiert zu. »Aber leider werde ich dich enttäuschen müssen. In meinem Frankfurter Büro brennt es an allen Ecken. Ich muß noch heute abend dort sein, und ich fürchte, daß ich drei oder vier Tage in Frankfurt bleiben muß. Es geht um ein ziemlich wichtiges Industrieprojekt.«
    »Aber bitte«, sagte Manuela großzügig, »du brauchst dich doch bei mir nicht zu entschuldigen, daß du etwas zu tun hast.« Sie wandte sich Viktoria zu: »Herr Guntram ist nämlich ein bedeutender Architekt, weißt du.«
    Guntram verbeugte sich vor Viktoria und grinste fröhlich.
    »Genauso ist es, gnädige Frau, das Frankfurter Stadtparlament debattiert gerade darüber, den Römer in Guntram-Platz umzubenennen.«
    »Jedenfalls werde ich dich täglich anrufen«, sagte Manuela.
    Viktoria machte ein Gesicht, als überschlüge sie im Geist die Telefonrechnung, die sie zu erwarten hatte. Guntram warf einen Blick auf seine Armbanduhr und erhob sich.
    »Du willst doch nicht etwa schon gehen?« rief Manuela enttäuscht, aber Guntram hatte sich bei einem Antiquitätenhändler angemeldet, in dessen Auslage er einige Stücke entdeckt hatte, die ihn interessierten.
    »Ich habe einem rheinischen Industriellen im Taunus ein Haus gebaut. Leider hat der Mann mehr Geld als Geschmack.«
    »Für Sie wäre es doch viel unangenehmer, wenn er nur Geschmack und kein Geld hätte«, meinte Viktoria.
    »Sie haben natürlich recht«, sagte er lachend, »aber die Sache paßt mir trotzdem nicht. Jeder Snob will heute in Barockmöbeln leben, und die gotische Madonna über dem Kamin gehört genauso zum guten Ton wie das kunstvoll über die gotische Truhe drapierte Meßgewand. Und am liebsten wäre es diesen Kerlen noch, wenn man ihnen die Hausbar in einen alten Beichtstuhl etablierte.«
    »Das ist allerdings ziemlich scheußlich«, gab Viktoria zu und wollte Guntram zur Tür begleiten, aber Manuela schob sich sanft dazwischen und hängte sich in Guntrams Arm.
    »Ach, Vicky«, sagte sie honigsüß, »willst du nicht nach der Spargelsuppe schauen? Ich bringe Bert schon zur Tür.«
    »Wen?« fragte er verblüfft.
    »Ich finde Bert sehr flott, und der Name paßt auch besser zu dir.«
    »Ein

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