Gruenkohl und Curry
mich entschieden.«
So stimmte auch er der Hochzeit meiner Eltern zu.
Es wurde ein wunderschönes Fest. Die Familien des Paares griffen tief in die Taschen, um die Hochzeit zu finanzieren. Eine der Feiern bezahlte mein Vater selbst, denn das Geld, das er bisher als Seemann verdient hatte, hatte er größtenteils zurückgelegt. Während der langen Reisen blieb keine Zeit, etwas auszugeben.
Mein Vater hatte mehrere Wochen Urlaub genommen, um Anfang Januar, rechtzeitig zu den Feierlichkeiten, zu Hause bei seinen Eltern zu sein. Viel zu tun gab es für ihn ohnehin nicht – die Hochzeitsvorbereitungen trafen die Eltern und Geschwister des Paares.
Vier Tage lang wurde im Januar 1974 in Karatschi gefeiert: Bei der ersten Party fand sich die große Verwandtschaft aus der ganzen Welt ein, das künftige Ehepaar und die Gäste kleideten sich traditionell komplett in Gelb.
Am Tag darauf wurde im Haus der Brauteltern
Mehndi
gefeiert. Die Hände und Arme der Braut wurden kunstvoll mit Henna verziert. Die Farbpaste musste mindestens eine Stunde einwirken, damit das Muster auch wirklich ein paar Tage hielt, danach durfte meine Mutter die überschüssige Farbe abreiben. Auch viele der weiblichen Gäste schmückten ihre Hände mit Henna.
Der Bräutigam kam mit seiner Verwandtschaft zur Braut, Afsar Begum beschenkte ihre künftige Schwiegertochter mit Gold und schwerem Schmuck, als Zeichen dafür, dass sie nun als neues Familienmitglied, als Tochter akzeptiert war.
»Ich habe den Schmuck nur während meiner Hochzeit getragen, danach nie wieder. Aber ich habe ihn natürlich noch«, sagt meine Mutter und zeigt mir prächtige Ketten, Armbänder und Ringe, die sie üblicherweise in einem Bankschließfach aufbewahrt. Seit sie in Deutschland lebt, gibt es kaum Gelegenheit, solch pompösen Schmuck zu tragen. Einige Stücke hat sie meiner Schwester zu deren Hochzeit geschenkt.
An Mehndi mussten meine Eltern einiges ertragen: Zu speziellen Liedern tanzten die Gäste der Reihe nach um das Brautpaar herum, steckten ihm Geld zu und fütterten Braut und Bräutigam mit Süßigkeiten, Keksen und Kuchen. Manche Gäste bewarfen das Paar regelrecht mit Geld und Süßigkeiten. Ich glaube, Mehndi ist ein Fest, bei dem die Gäste mehr Spaß haben als Braut und Bräutigam.
Am dritten Tag folgte die eigentliche Hochzeit,
Shaadi
, zu der traditionsgemäß die Brauteltern einladen. Manzoor Ali Naqvi und Qamar Jehan ließen Einladungskarten drucken und verschickten Hunderte davon an Gott und die Welt, in Weiß und Rosé gehaltene Doppelkarten mit Goldrand und in roter Schrift mit »Wedding« beschriftet. Der Text ist, wie zu solchen Anlässen üblich, sehr förmlich gehalten: »Frau und Herr Manzoor Ali Naqvi würden sich über Ihre Gesellschaft bei der Hochzeit ihrer Tochter Nasreen mit Hassan Kazim, Sohn von Frau und Herrn Kazim Ali Khan, freuen.« Den Namen meines Vaters schrieben sie falsch: mit doppeltem S anstatt mit einem.
Meine Eltern heirateten nach muslimischem Ritual –
Nikah
genannt. Sie ersparten sich einen Besuch in einer Moschee, die Zeremonie fand im Hotel Intercontinental in Karatschi mit rund dreihundert Gästen statt. Die Geistlichen kamen ins Hotel und ließen meine Eltern, die noch in getrennten Räumen saßen, den amtlichen Ehevertrag unterschreiben und fragten sie unter Zeugen, ob sie in die Ehe einwilligten. In dem Vertrag wurde auch festgelegt, welche Summe mein Vater meiner Mutter im Falle einer Scheidung zahlen muss.
In dem Koffer, in dem meine Mutter ihre Schulzeugnisse aufbewahrt, liegt auch dieser Ehevertrag, ein Dokument in Heftform, das in Urdu verfasst ist und daher von rechts nach links gelesen wird, geblättert wird von hinten nach vorne. Das Deckblatt ist mit bunten Blumen bedruckt. Es existiert außerdem eine beglaubigte Übersetzung dieses Dokuments, die im Oktober 1974 in Oldenburg angefertigt wurde, damit meine Eltern gegenüber den deutschen Behörden ihre Heirat nachweisen konnten.
Der »Heiratsvertrag«, wie er betitelt ist, liest sich durchaus amüsant. Von beiden Partnern sind die Namen (auch hier ist der Vorname meines Vaters durchgängig falsch geschrieben, diesmal »Hason«), Berufe (bei meinem Vater steht »Militärdienst«, obwohl er nie beim Militär war, bei meiner Mutter steht »Hausfrau«), Religion (»Shia«), Anschrift sowie Vormund (jeweils der Vater) angegeben. Bei meinem Vater steht außerdem: »Haben Sie noch eine andere Frau: nein«, bei meiner Mutter: »Noch nicht verheiratet gewesen
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